(Bildquelle: NASA)
I.
Das Lohberghaus hatte die große Frage: ob er wiederkommt? ebenfalls beantwortet, aber etwas anders. [...] »S'il revenait?« fragte auch der Konsul Haguenin Frau Hannchen, die Wirtin des Savoy in Port Said, deren Liebes- und Ehegeschichte der Doktor Windhebel Herrn Kortüms Tafelrunde auf dem Lohberg seinerzeit dargelegt hatte, soweit sie als wissenschaftlich bemerkenswert bezeichnet werden konnte. Haguenin war ein feiner alter Herr, der nachdenklich seinen weißen Schnurrbart strich, mit der silbernen Krücke des Stockes spielte und die Nachtluft genoß, die leise von der See herüberwehte. »S'il revenait?«»Das weiß ich nicht.« [...] Die Wirtin nickte: »Einen Brief habe ich mal von Herrn Kortüm bekommen. Aber nur einen scherzhaften Brief« – sie lächelte vor sich hin. »Ich bin nämlich früher ein Stern gewesen.«»Cela va sans dire, madame« – Haguenin neigte verbindlich den Kopf.»Aber ein richtiger, Herr Haguenin!« Sie zeigte über die Dattelpalme weg in den Sternhimmel hinauf: »So einer.«»Ah . . . vielleicht ist Herr Kortüm auch nur ein Phantom? Ich bin kein Astrolog von Fach; Sie müssen mir schon mehr erzählen, wenn ich das Wunder fassen soll.«Hannchen Savoy brachte denn das Wenige und höchst Unzulängliche zutage, was sie von Kortüm wußte. Etwas ausführlicher berichtete sie dafür ihr Erscheinen am Sternhimmel.Herr Haguenin verstand die feine Kunst des Zuhörens, so daß Hannchen ihre ganze traurige Liebesgeschichte im Schatten der Licksternwarte zum besten gab samt dem beruhigenden Ende im Savoy Port Said und dem nun nach so langen Jahren erfolgten Kortümschen Nachtrag.»Nous voilà!« Haguenin schlürfte den eisgekühlten Sorbet. »L'étoile allemande . . . . Er ist da, er ist nicht da. Er ist so und ist anders –«»Ist da und ist so, Herr Haguenin«, sagte Frau Hannchen, »ich wohne weit von Hause, aber meine Landsleute sehe ich deutlich. Und Sie sehen sie auch.«Haguenin fuhr mit der silbernen Krücke langsam über sein Kinn: »Das Statuarische sieht man, Madame. Die Deutschen fühlen sich. Und jetzt, glaube ich, jetzt fühlen sie auch ihre Form.« Er rückte das Glas auf dem Tische hin und her. »Oh, gefühlte Form . . . Ich gebe das Aktenstück Kortüm ohne Marginal weiter.«»Und der Nächste gibt's weiter«, lachte Hannchen Savoy, »immer weiter –«»L'allemand éternel.«
Zu den Solitären der deutschen Literatur zwischen 1933 und 1945 gehört der 1938 erschienene voluminöse Roman "Der Herr Kortüm" von Kurt Kluge (1886 bis 1940), der wegen seiner bewußt a-politischen, Humoristische beschränkten Haltung von der Kritik mitunter der Literatur der "inneren Emigration" zugeschlagen worden ist, deren weitere Protagonisten wie etwa Hans Carossa, Werner Bergengruen oder Stefan Andres mit ihm zusammen das Schicksal des weitgehenden Vergessenwordenseins teilen. Das dürfte nicht allein daran liegen, daß Leser wie Kritiker aus der heutigen Perspektive die damals publizierten Werke allein unter dem Gesichtspunkt einer wie immer verklausulierten Widerstandshaltung lesen oder als propagandistische Affirmation der Diktatur und ihrer Politik (eine Lesart, die etwa Ernst Jüngers "Auf den Marmorklippen" einen unverdient hohen Stellenwert zukommen läßt). Es dürfte nicht in geringem Maß daran liegen, daß die Bücher dieser Autoren sich beim Lesen als banal, ohne jegliche Atmosphäre und erzählerischen Drive erweisen, ohne jenen Sog, der für große Literatur nun einmal unabdingbar ist, die, wie es Vladimir Nabokov einmal formulierte, nicht mit dem Intellekt, sondern in ihrer Wirkung aufs Rückgrad Ausdruck findet: im wiedererkennenden Schauer, den sie auslöst (“Although we read with our minds, the seat of artistic delight is between the shoulder blades. That little shiver behind is quite certainly the highest form of emotion that humanity has attained when evolving pure art and pure science. Let us worship the spine and its tingle.”) Auch dem "Herr Kortüm" ist diese Ausbleichung nicht erspart geblieben; die Geschichte einem kauzigen Hamburger Kapitäns, der nach dem Abheuern seine Tage im Thüringer Wald mit dem Bau und dem Betrieb eines Gasthauses mit ebenso verschrobenen Gästen verbringt, entwickelt, wohl nicht erst heute, denselben narrativen Sex Appeal wie andere knastrige Buchklub-Mumien etwa der ersten zwei Jahrzehnte der alten Bundesrepublik, vom "Erbe der Barrings" bis "Ewig rauschen die Wälder", die kein Antiquar ob ihrer schieren Unverkäuflichkeit mit spitzen Fingern anfassen würde.
Zu banal und konturlos sind die Gestalten, in denen der Autor sich erkennbar Wilhelm Raabes Kurzromane zum Vorbild genommen hat, ohne je die Abgründe und existenziellen Bedrohungen anklingen zu lassen, die auf jeder Seite des Raabe'schen Oeuvres präsent sind, zu platt ist der Spitzweg-Gestus; zu offensichtlich die Geheimnislosigkeit der Sphinx. Bemerkungen wie die "daß der alte Harzweg die uralte Verbindung des Westens nach Asien" darstelle, bleiben reiner Silbenfall (aber andererseits hatte schon Friedrich Hölderlin in einem ernüchterten Moment festgestellt: "was suchen die griechischen Götter in einem schwäbischen Wirtshaus?") Die Möglichkeit, daß es sich bei Kortüm tatsächlich um einen Besucher aus anderen Sphären handeln könnte, klingt nicht für eine Sekunde an. Und das ist unter den Bedingungen phantastischer Literatur der Moderne eine literarische Todsünde: Wenn solche Gestalten, ob nun Geister, Vampire, Engel, Außerirdische oder welcher Art auch immer, ihren Auftritt haben, so stellen sie keine Chiffren, keine Symbole, sondern im Universum des Textes genau das dar, als das sie firmieren. Und ihre Glaubwürdigkeit steht und fällt mit dem Erfolg des Autors, sie dem Leser glaubhaft und anschaulich zu präsentieren und handeln zu lassen. Insofern ist auch die moderne phantastische Literatur ein Kind des literarischen Realismus.
Aber wenn diesem Buch schon von sich aus kein Reiz erwächst, heißt das nicht, daß nicht doch ein Echo entstehen kann. Das 104. und Schlußkapitel des Romans, "Gesichtet", liest sich so.
Das abgeschirmte Licht fiel auf Papiere, die mit Ziffern und Gleichungen bedeckt waren. Windhebel sprang auf, stolperte über Atlanten, die am Fußboden lagen, drehte die Lampe über einer Sternkarte auf.
Tiefe Stille. Der Bleistift scharrte leise, Papiere raschelten.
Vor Jahren hatte Kortüm auf seinem Dach eine silberne Windfahne aufgestellt und ließ sie anstrahlen, damit sie auch in der Nacht weit ins Land leuchten konnte. Er war damals ein Stück in den Wald hineingegangen. Die Bäume dufteten und bewegten langsam ihre Wipfel. Kortüm hatte durch die Zweige seine silberne Windfahne blitzen sehen: das ist mein schönster Gedanke, hatte er gesagt, und mitleidig die kleinen Sterne am Himmel verglichen mit seinem Sternbild – wer Sternenähnliches schafft, versieht sich leicht in den Maßen, denn das steht den Augen nahe und verdeckt die Sternwirklichkeiten, die durch die Ferne des Raumes ziehen.
Soweit die Refraktoren den Blick in die Weltnacht dringen lassen, kannte Doktor Windhebel die Gestirne – seit heute nacht aber war er endlich der Gewißheit froh geworden, einen Stern mehr zu kennen als andre Menschen: an der Entdeckung des neuen Planetoiden bestand kein Zweifel mehr. Ein zartgrün schimmerndes zitterndes Licht gab der Stern. Welcher Stern? Wie hieß er?
Windhebel lächelte trübe. Er hatte nie ein Mädchen gefunden, deren Name seinen Stern wert war. Sein schweres Gelehrtendasein zog an ihm vorüber, die stummen Gedankenqualen, die Einsamkeit in dem eisigen Raum des Geistes, die Enttäuschungen im stallwarmen Raum des Daseins –
»Urtica werde ich ihn nennen.« Aber er dachte an den zart schimmernden Lichthauch in der Tiefe des Weltraumes, der ihm gehörte: »Nein . . . die Nessel lebt von gelebtem Dasein. Was aber aus sich selber lebt, erlebt bewegend« – Windhebel schwieg, er sah im Geiste die Nesseln schwanken um einen schwarzen Stein: ›Hier ruht Kortüm‹. Windhebel stand auf: »Daß er nicht drunter ruht, das eben ist's!« Er blickte nach dem Bezirk des nächtlichen Himmels, in dem jetzt, einem bloßen Auge unsichtbar, der neue Stern seine Bahn zog . . . Windhebel lächelte: »Kortüm sollst du heißen.«
Die Nachricht von dem neuen Stern ging in die Welt.
In den kommenden Nächten begannen sich rings auf dem Erdkreis die Kuppeln der Observatorien langsam zu drehen.
Die Refraktoren hoben sich, senkten sich; sie suchten den Kortüm. Schweigende Nacht, unendlich . . .
Die Zyklopenaugen starrten in den Weltraum hinaus, suchten, suchten.
Eines Morgens hielt Doktor Windhebel ein Kabel von der Licksternwarte in der Hand: »Unseren Glückwunsch! Kortüm gesichtet.«
II.
Es gibt Meldungen im Rauschen der Medien, die ihrem Gegenstand ungewollt ausgesprochen adäquat sind. So auch die Meldungen, die vor gut drei Wochen, am 20. und 21. November, völlig unerwartet aus der Dunkelheit auftauchten, für einen winzigen Moment im Licht medialer Aufmerksamkeit aufleuchteten (ohne einen weiteren Eindruck zu hinterlassen) und danach wieder in die ewige Finsternis versanken. Zum ersten Mal wurde ein Asteroid - oder jedenfalls ein Himmelkörper im Sonnensystem gesichtet, der definitiv nicht zu ihm gehört, zu den unzähligen Millionen Asteroiden, die unser Zentralgestirn hauptsächlich in zwei Gürteln - dem "klassischen" Asteroidengürtel zwischen der Mars- und der Jupiterbahn, und dem Kuipergürtel jenseits des Neptunorbits, umlaufen. Ein Besucher aus den interstellaren Tiefen der Milchstraße, dessen offizielle Nomenklatur 1l/2017 U1 lautet, den Namen 'Oumuamua verliehen bekam und am 19. Oktober mit Hilfe von Pan-STARRS (dem Panoramic Survey Telescope and Rapid Response System) auf dem Vulkan Haleakalā entdeckt wurde, als er sich in einer Entfernung von gut 33 Millionen Kilometern zur Erde befand. Seine Bahn und seine Geschwindigkeit lassen keinen Zweifel zu, daß es sich hier nicht um ein Objekt aus dem Sonnensystem handelt. Seine Bahn ist gegenüber der Ekliptik, der Bahn, in der die Planeten und die meisten kleineren "Himmelsungeziefer" (wie der amerikanische Astronom Walter Baade sie einmal wegen ihrer Tendenz, durch ihre Eigenbewegung während langer Belichtungszeiten Aufnahmen majestätischer Spiralnebel zu stören, genannt hat) um ihr Zentralgestirn laufen, um 122 Grad gekippt. Seine Geschwindigkeit beträgt mit 26,2 Kilometern pro Sekunde gut das Vierfache eines Asteroiden; zu dem Zeitpunkt, als er sich am 9. September am sonnennächsten Punkt seiner Bahnparabel bis auf 38 Millionen Kilometer, fast ein Fünftel weniger als die Distanz zum innersten Planeten Merkur angenähert hatte, war sie auf 87,71 Sekundenkilometer gewachsen.
(Bildquelle: Wikipedia)
Der aus dem Hawaiianischen stammende Name bedeutet etwa soviel wie "erster Kundschafter". Daß er durch PanSTARRS entdeckt wurde, ist kein Zufall; dieser Verbund aus Radioteleskopen und optischen Teleskopen, der bislang zwei Spiegelteleskope mit einem Hauptspiegeldurchmesser von 180 Zentimetern umfaßt, befindet sich seit 2010 im Bau, expreß mit dem Ziel, kleine Asteroiden und Kometen aufzuspüren, die, weil sie die Erdbahn kreuzen (der Fachmann spricht von Apollo-Objekten), als Meteore mit womöglich desaströser Auswirkung die Erde treffen könnten - und zwar im Idealfall rechtzeitig genug, um in einem solchen Fall Ort und Zeit des Impakts vorhersagen zu können und etwa Evakuierungsmaßnahmen einleiten zu können. (Die Möglichkeit, einen solchen Boliden etwa in kleinere Brocken mit entsprechend verminderter Schadwirkung zu zersprengen oder ihn, auf welche Weise auf immer, ablenken zu können, gehört bis auf Weiteres - und dieses "Weitere" dürfte die kommenden Jahrhunderte umfassen - in den Bereich der Science Fiction, wenn auch ihrer "harten" Spielart: technisch extrapolier- und berechenbar, aber jenseits der technischen Verwirklichung.) Damit werden eine Reihe von Beobachtungsprogrammen abgelöst und erweitert, wie etwa das seit 1980 von der University of Arizona betriebene Spacewatch oder dem seit 1992 laufenden Spaceguard, nachdem der amerikanische Kongreß beschlossen hatte, Mittel für ein solches Beobachtungsprogramm zu bewilligen. Der Name des letzteren Programm geht direkt auf die Anregung dazu hin, nämlich durch die, das Stichwort fiel eben, Science Fiction. In diesem Fall durch den Roman "Rendezvous with Rama" von Arthur C. Clarke von 1973 (dessen deutsche Erstübersetzung unter dem so einprägsamen wie spannungsverheißenden Titel "Rendezvous mit 31/439" erschienen ist), und der mit der Entdeckung eines Objektes durch just ein solches Observationsprojekt beginnt, das ebenfalls von außen her, aus den Tiefen der Milchstraße, in das Sonnensystem eindringt. Clarke beginnt das erste Kapitel mit einer Schilderung der Inspiration dafür: eine Feuerkugel, die am 10. August 1972 über Florida in gut 60 Kilometern Höhe eine flammende Bahn durch die oberen Regionen der Stratosphäre zog und zufällig von einer Urlauberin auf einem 8-mm-Schmalfilm festgehalten wurde.
In Clarkes Roman (der im Jahr darauf mit den beiden großen Preisen der SF, dem Hugo Award und dem Nebula Award ausgezeichnet wurde) handelt es sich um ein etwas größeres Objekt als beim jetzigen Kundschafter: um einen vermeintlichen Asteroiden von 50 Kilometern Länge und 8 Kilometern Durchmesser, der wegen dieser Größe schon jenseits der Neptunbahn registriert wird und genug Zeit läßt, eine bemannte Expedition loszuschicken, um den ersten interstellaren Boten näher in Augenschein zu nehmen. (Clarke war damals, im unmittelbaren Nachgang der Apollo-Mondlandungen, zum einen von einem heute unvorstellbaren Optimismus, was Planung und Organsation einer solchen Mission betrifft; zum anderen stehen aber das Raumschiff und die Besatzung im Jahr 2133 der Romanhandlung bereits bereit, um im Fall des Falles schnellstmöglich handeln zu können). Und wie es sich für einen SF-Roman gehört - wenn, wie gesagt, heute Außerirdische versprochen werden, kann der Leser verlangen, daß er auch Außerirdischen begegnet - stellt sich Rama als weit mehr heraus als nur eine Ansammlung von gefrorenem Staub und Gas: nämlich als eine von einer außerirdischen Zivilisation gebaute Weltraumarche, ein gigantischer Hohlzylinder, dessen Rotation auf seiner Innenseite Schwerkraft erzeugt und eine atembare Atmosphäre enthält. Die Erforschung dieser künstlichen Welt und der Versuch, Rückschlüsse auf seine unbekannten Konstrukteure zu erlangen, bilden die weitere Handlung des Romans. Manche Kritiker haben sich, vor über 40 Jahren, an dem fast vollständigen Fehlen eines dramatischen Spannungsbogens und Konflikten zwischen des beinahe gesichtslosen Protagonisten gestört: ein Fehlurteil aus einer Zeit, als Autoren und Kritiker das Bedürfnis hatten, das Genre um all jene Facetten zu ergänzen, die den Wert der "üblichen", "normalen" Literatur bestimmen. In Wirklichkeit ist diese fremde Welt, ihre Wunder und der Versuch, ihren Funktionen mit Hilfe von Logik und Beobachtung auf die Spur zu kommen, das einzige Movens solcher Bücher, liegt ihre Faszination in den Bildern, die sie in den Kopf des Lesers zaubern. Der Eindruck, als das erste Forscherteam ins Innere der rotierenden Hohlwelt vordringt, über eine Leiter an der Vorderseite des Zylinder zwei Kilometer weit in immer größere Schwerkraft hinabgehangelt hat und mit einem Schlag das gesamte Innere vor ihnen liegt, als die zentrale Achse wie ein Plasma aufleuchtet, brennt sich unvergeßlich in den Kopf jedes Lesers ein.
Die "artist's impression," der "künstlerische Eindruck," mit dem die National Aeronautics and Space Agency am 20. November ihre Mitteilung über den jetzigen Besucher garniert hat und den die meisten Zeitungen und TV-Berichte übernommen haben, könnte vielleicht den Eindruck erwecken, hier handele es sich um ein reales Abbild, eine Fotografie. Dem ist nicht so. Aufschluß über seine Beschaffenheit geben allein Lichtkurven von schwankender Intensität, auf denen ein Punkt ohne räumliche Auslösung verzeichnet ist.
(Bildquelle: scienceblogs)
Then the orbit was calculated, and the mystery was resolved-to be replaced by a greater one. 31/439 was not traveling on a normal asteroidal path, along an ellipse which it retraced with clockwork precision every few years. It was a lonely wanderer among the stars, making its first and last visit to the solar system-for it was moving so swiftly that the gravitational field of the Sun could never capture it. It would flash inward past the orbits of Jupiter, Mars, Earth, Venus, and Mercury, gaining speed as it did so, until it rounded the Sun and headed out once again into the unknown.
It was at this point that the computers started flashing their "We have something interesting" sign, and, for the first time, 31/439 came to the attention of human beings. There was a brief flurry of excitement at Spaceguard headquarters, and the interstellar vagabond was quickly dignified by a name instead of a mere number. Long ago, the astronomers had exhausted Greek and Roman mythology; now they were working through the Hindu pantheon. And so 31/439 was christened Rama.
For a few days, the news media made a fuss over the visitor, but they were badly handicapped by the sparsity of information. Only two facts were known about Rama: its unusual orbit and its approximate size. Even this last was merely an educated guess, based upon the strength of the radar echo. Through the telescope, Rama still appeared as a faint, fifteenth-magnitude star-much too small to show a visible disc. But as it plunged in toward the heart of the solar system, it would grow brighter and larger month by month; before it vanished forever, the orbiting observatories would be able to gather more precise information about its shape and size. ("Rendezvous with Rama", Kap. 1")
Was außerdem über Rama, Verzeihung, 'Oumuamua, bekannt ist, verdankt sich dem Anteil des Sonnenlichts, daß der Körper reflektiert hat. Aus der schwankenden Lichtkurve ergibt sich, daß es sich um ein sehr längliches Objekt handeln muß; das sich mit einer Periode von etwas mehr als 8 Stunden um seiner Längs- und zudem in 7 Stunden um seine Querachse dreht. Asteroiden des Sonnensystems, die in zwei Hauptvarianten auftreten: zum einem aus Stein, zum anderen aus Metall, gehören zu den dunklesten astronomischen Körpern überhaupt; ihre Albedo (also ihre Rückstrahlfähigkeit) liegt zumeist noch unter der von Anthrazitkohle. Anhand des reflektierten Spektrums läßt sich ermitteln, daß die Farbe des fremden Gastes ein tiefes Rot sein muß; da eine solche Einfärbung für Gesteinskörper unwahrscheinlich scheint, dürfte er aus Metall bestehen. Kleine Asteroiden bei uns sind zumeist lockere Anhäufungen aus Gestein und Staub, durch die minimale Schwerkraft ihrer Gesamtmasse zu einem äußerst fragilen, irregulären Gebilde zusammengebacken. Wenn sie, durch Schwerkrafteinflüsse gestört, an Geschwindigkeit verlieren und ihre Bahn als Folge davon ins innere Sonnensystem umgelenkt wird, haben diese Neuankömmlinge aus Bereichen, die nie intensiver Sonnenstrahlung ausgesetzt waren, oft einen sehr hohen Anteil an gefrorenen Gasen aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems an Bord. Deren Sublimation unter der erhöhten Strahlung führt dazu, daß sie uns als Schweifsterne, als Kometen erscheinen. (Kometen zeigen im Regelfall zwei Schweife: einen aus zurückgelassenen Staubpartikeln, der ihrer Bahn folgt, und einen aus diesem Gas, der immer direkt von der Sonne fort zeigt.) 'Oumuamua hat zu keinem Zeitpunkt der Beobachtungszeitraums von 34 Tagen irgendein Anzeichen für Staub- oder Gasemissionen gezeigt: es dürfte sich also um einem kompakten Körper handeln. Je nachdem wie hoch der tatsächliche Anteil des reflektierten Lichts eingeschätzt wird, ergeben sich Werte für eine Längsachse von rund 180 Metern (bei einer Albedo von 0,10) und 200 Metern (bei einem Schätzwert von 0,8), sowie einem Durchmesser von rund 30 Metern.
III.
Rückschlüsse auf einen Fall kann man dann vor allem gewinnen, wenn man scheinbar unverbundene, unzusammenhängende Phänomene nebeneinander legt und sie als Facetten eines größeren Zusammenhangs erkennt. So haben wir es vom Großen Detektiv gelernt, jenem, der für seine Rationation so berühmt ist, daß er keines weiteres Erkennungszeichens bedarf - und dessen Nemesis, Professor James Moriarty, der "Napoleon des Verbrechens", bekanntlich seinen akademischen Ruhm mit einer Arbeit über "Die Dynamik eines Asteroiden" begründete. Jene Woche, in der jener ferne Lichtpunkt für eine flüchtige Viertelstunde der Anlaß von Kaskaden von anderen Lichtpünktchen auf den Bildschirmen von Fernsehschirmen, Tischmonitoren und Smartphones auf dem Planeten Terra war, gab es erste Anzeichen für eine Abkehr der Sozialdemokratischen Partei in jener Gegend nahe des nördlichen Polarkreises dieses Wandelsterns, die in zeitgenössischen Chroniken als Bätschiland verzeichnet ist, von ihrer kategorischen Verweigerungshaltung in Sachen Regierungsbeteiligung im Zuge der vorausgegangenen Buntestags-Wahlen. Der Parteitag Ende der vergangenen Woche hat diesen Kurs nun wohl programmiert; über kurz oder lang werden wir eine Fortsetzung der bisherigen Großen Koalition entgegensehen können. Der Kandidat dieser Partei ("il révenait") hat freilich kurz vor den Wahlen am 24. September erklärt, daß er sich, als Gottkanzler-in-spe, die bisherige Amtsinhaberin als Vizekanzlerin wünsche. Wikipedia charakterisiert den Protagonisten des "Kortüm" übrigens als "Figur des närrischen Weltverbesserers, der überall aneckt, zugleich aber in der Lage ist, Menschen jeglicher Couleur für verrückte Projekte zu begeistern, deren Ergebnisse ihn selbst im Grunde aber gar nicht interessieren."
Nun: recapitulons.
Als himmlischer Botschafter, wie es sich für ein Wesen aus höheren Sphären gebührt, taucht aus der ewigen Finsternis etwas nie Gesehenes, Unerhörtes auf ("When beggars die, there are no comets seen," sagt der Barde, der so berühmt ist, daß er keines weiteres epitheton ornans bedarf, in seinem Trauerspiel über einen anderen Gottkaiseraspiranten, "the heavens themselves blaze forth the death of princes.").
Dieser Botschafter (griechisch: ἄγγελος, ángelos), zeigt wenig Merkmale, wie wir es von natürlichen Asteroiden gewohnt sind (außer daß er wie sie antriebslos seiner von Kepler und Newton vorgezeichneten Bahn folgt); ist länglich mit schmalem Durchmesser, gut 200 Meter lang, besteht aus Metall und ist von tiefroter Färbung.
Offensichtlich ist er, und das, wofür er steht, nicht von dieser Welt.
Es dürfte mittlerweile klar sein, um WAS es sich in diesem Fall handeln muß:
Um den Schulzzug, der in der nächsten Zeit mit Lichtgeschwindigkeit ins Kanzleramt in Berlin einschlagen wird.
Ulrich Elkmann