12. Dezember 2017

Llarians Filmkritik: Tausend Planeten Zeitgeist

2017 war filmtechnisch betrachtet ein vergleichsweise langweiliges Jahr, sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Die wenigen guten Filme kann man an einer Hand abzählen, aber auch die Zahl der Stinker war vergleichsweise übersichtlich. Langweilig eben. Und nicht so richtig viel dabei für das man eine echte Kritik schreiben müsste. Bis mir dann am vergangenen Wochenende der Film "Valerian - Die Stadt der tausend Planeten" begegnete. Zu diesem Film gibt es einiges zu sagen und deshalb soll er hier mit einem kleinen Review geadelt werden. Als Warnung sei vorweg geschickt: Dieser Artikel enthält Spoiler und ob er sich mit vernünftigen Gedanken beschäftigt kann ich auch nicht garantieren.


Zunächst spricht für den geneigten Cineasten einiges für diesen Film, noch bevor die erste Minute geschaut ist. Es handelt sich definitiv um eine A-Produktion mit einem Budget von fast 180 Millionen Dollar und Regie führte kein geringerer als Luc Besson. Gerade für den Zuschauer mit Vorliebe für Science Fiction ist das schon einmal ein Statement, denn das fünfte Element gehört wohl zu den besten Vertretern seines Genres (und wird das wohl auch noch sehr lange tun). Leider braucht der Film nicht allzu lange (nach meiner Meinung keine 20 Minuten) um diese hohen Erwartungen ziemlich grundsätzlich zerstört zu haben.
Das Hauptproblem sind dabei schon die ersten 10 Minuten, nach denen vollkommen klar ist, worum es in dem Film geht, wie er gestrickt ist und wie er enden wird. Das kann im Einzefall funktionieren (im Marsianer weiss man auch nach der zehnten Seite wie das Buch ausgehen wird, es ist trotdzem ganz lesbar), hier funktioniert es leider überhaupt nicht. Der moralische Anspruch wird einem mit derartiger Gewalt ins Gesicht geworfen, dass es davon keine Abweichung mehr geben kann, ja geben darf (dazu später mehr). Die unglücklich gewählten Schauspieler tun ein übriges. Es sind sicher keine schlechten Schauspieler in dem Sinne (wer Dane DeHaan in Chronicle gesehen hat, der weiss das da noch einiges kommen kann und wohl auch wird), aber die Chemie kommt in dem Film nicht rüber, was nicht zuletzt an den stellenweise geradezu absurd lächerlichen Dialogen liegt. Die Liebesgeschichte wirkt extrem unglaubwürdig und die Entwicklung der Charactere passt nicht ansatzweise zu den Dialogen. Die Nebencharactere sind (mit Ausnahme von Bubble/Rihanna) teilweise extrem farblos bis sinnfrei. Vergleicht man beispielsweise den Antagonisten des Films, gespielt von Clive Owen, mit dem Antagonisten aus dem fünften Element, Gary Oldman, dann liegen da schon die tausend Planeten des Titels zwischen.

Das Ärgerlichste am ganzen Film ist aber der nahezu unerträgliche Zeitgeist, den der Film nicht nur atmet sondern ziemlich penetrant ausspritzt. Es ist insofern kein Wunder, dass gerade unter Kritikern aus dem linken Teil der Republik (beispielsweise bei der Konfettikanone der Demokratie) der Film aus genau diesen Gründen ausgezeichnet ankommt. Schon in der zweiten Sequenz des Films wird ein Naturvolk vorgestellt, dass zeitlos in einer friedlichen Strandwelt lebt, in perfekter Harmonie mit seiner ganzen Umgebung. Es wird zwar nicht explizit durchexerziert, aber es kommt deutlich rüber, dass es hier keinen Hunger, keine Armut, keinen Krieg, keine Krankheit, keine Maschinen oder sonst irgendwelche Spuren der "modernen Welt" gibt. Es lebt ein friedliches Naturvolk, geradezu das Idelabild des edlen (und ökologisch perfekten) "Wilden".
Und wie es sich für einen solchen Film gehört wird diese perfekte Welt als nächstes von "bösen" Kriegsschiffen zerstört (das ist, wie bereits erwähnt, die Stelle, an der man berechtigt vermuten kann, worauf der Film hinaus laufen wird. Und die Vermutung wird sich bestätigen.)

Nach viel hin und her stellt sich dann heraus (Überraschung!), dass natürlich die Menschen an der Zerstörung dieser Idylle die Schuld tragen, weil sie einen Krieg im Orbit des Planeten geführt haben und der Antagonist des Films eine besondere Serie von Massenvernichtungswaffen einsetzte, obwohl er wusste, dass das den Tod des Planeten (und seiner Bewohner) bedeuten würde. Anschließend hat er diesen Umstand vertutscht. Mit der Begründung, dass, falls es herauskäme, die menschliche Wirtschaft(!) durch Reparationen nahezu zerstört würde. Vulgo der Kapitalismus. Und als guter Kapitalist kann er das ja nicht zulassen und versucht jeden umzubringen, der es heraus findet.
Die "edlen Wilden" wiederum (die, die die Katastrophe überlebt haben), sind aber gar nicht an Reparationen interessiert, sondern brauchen nur eine spezielle Kreatur, um an Bord eines selbst gebauten Raumschiffes wieder im Einklang mit der Natur zu leben. Um die zwei Hauptprotagonisten (zwei Agenten) mit der Kreatur zu sich zu locken, entführen sie den Antagonisten und setzen sich dabei problemlos über alle Soldaten, die ihnen entgegen geworfen werden, hinweg. Dabei verletzten sie niemanden. Am Ende übergeben ihnen die Agenten die Kreatur und, lassen den Antagonisten gefesselt zurück und fliegen davon (sozusagen "in den Sonnenuntergang").

Alles in allem ist das der feuchte Traum eines Ökobewegten. Edle "Wilde" (fehlt eigentlich noch der Migrantenseitenhieb) leben in perfekter Harmonie, werden von bösen Kapitalisten in Millionen ermordet, besiegen diese Kapitalisten, ohne auch nur einen Tropfen Blut zu vergiessen, vergehen sich nicht einmal an dem Massenmörder und fliegen in Frieden davon. Den Film hat die Welt noch gebraucht.

Der Film ist nicht viel mehr als eine große Echokammer des Zeitgeistes. Das kann man machen, und auch wenn der Film bisher nicht so eingeschlagen ist, so denke ich nicht, dass man am Ende nicht auch etwas damit verdienen wird (besser hat die Nummer bei Avatar funktioniert, der ähnlich hirnlos war, aber durch seine damals revolutionäre 3D Technik einen Milliardenumsatz produziert hat). Was aber nix daran ändert das der Film als solcher extrem mäßig bis schlecht ist und kaum lange in Erinnerung bleiben wird. Einige werden das vielleicht darauf zurück führen mögen, dass es sich eben um eine Comic-Verfilmung handelt, und man entsprechend nicht so viel Tiefgründigkeit von der Handlung erwarten kann. Dem würde ich aber entgegenhalten, dass es inzwischen haufenweise gute bis sehr gute Comicverfilmugen, von Marvels Avengers bis zu V for Vendatta, gibt, die dieses Werk hier weit in den Schatten stellen. Selbst die viel gescholtenen Judge-Dredd Adaptionen sind weit besser und tiefgründiger.

Insgesamt ist der Film sicher nicht so schlimm wie der auch schon einmal hier thematiserte Ghostbusters, aber Zeitverschwendung ist es trotzdem und die paar Euro sind in einer kleinen Kiste Bier oder einer Pizza sicher besser investiert.



Llarian

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