Stellen Sie sich folgende, vielleicht fiktive(?), Situation vor: Ein Elternpaar geht mit seinem Sprössling zum Tag der offenen Tür einer lokalen Grundschule, um sich dort zu erkundigen, welche Schwerpunkte die Schule setzt, wie das Anmeldeprocedere ist, wieviel Schüler die Schule besuchen und was sonst noch alles wichtig ist. Mit die erste Aussage, die die Eltern von einer anwesenden Lehrkraft bekommen, ist, dass man leider keinen OGS Platz garantieren könne, man aber klar das Ziel verfolge in Zukunft für alle Kinder einen anbieten zu können. Die Eltern haben aber gar nicht nach einem solchen Platz gefragt und entgegnen, dass sie nur nach einer ganz normalen Schulbetreuung suchen, eventuell mit Übermittagsbetreung bis ein Uhr. Die Lehrerin schaut die Eltern an wie ein Auto, braucht ein paar Sekunden um die Information zu verdauen und erklärt, dass man keine solche Betreuung anbietet, sondern nur zwischen OGS Platz und Halbtagsschule unterscheide, und man letzteres natürlich auch(!) anbieten könne.
Und auch wenn diese Situation vielleicht nicht ganz so statt gefunden haben mag, so ist sie alles andere als aus der Luft gegriffen: Das erfolgreichste "pädagogische" Konzept der letzten 15 Jahre ist die OGS, die sogenannte "offene Ganztagsschule". Eltern von Schulkindern werden das alles kennen, wer aber (noch) keine Kinder hat oder diese schon von der Schule weg sind: Das ist eine Schulform, bei der die Kinder vormittags unterrichtet werden und dann ab Mittag bis in den (späten) Nachmittag von einem Erzieher (in der Regel Erzieherin, aber seis drum) betreut werden. Da diese Betreuung sehr unterschiedlich sein kann, macht es an dieser Stelle wenig Sinn Details zu schreiben. Nur soviel ist gemein, dass die Gruppe bis zum späten Nachmittag zusammen bleibt und dann gegen Ende des Nachmittags nach Haus geht. Diese Form der Beschulung gewinnt mehr und mehr an Dominanz und macht inzwischen, nach Bundesländern noch unterschiedlich, fast die Hälfte der Schulplätze aus. Der politische Wille dies auszubauen ist eindeutig und bis Ende des Jahrzehntes werden es vermutlich fast 2/3 sein.
Szenenwechsel: Ein anderes Paar sucht derzeit nach einem Kindergartenplatz für den Nachwuchs, der nun schon bald drei Jahre alt wird. Und Kindergartenplätze sind, zumindest in größeren Städten, schwer zu kriegen, daher besuchen die meisten Eltern nicht einen Kindergarten sondern eher ein Dutzend. Wenn das reicht. Auch hier wird den Eltern interessantes mitgeteilt: Es ist zunehmend schwierig ein Kind mit drei Jahren noch unter zu bringen. Weil inzwischen eine breite Mehrheit der Eltern ihre Kinder früher unterbringen und nur wenige Kindergärten überhaupt einen neuen Zug mit drei Jahren aufsetzen. Die extremsten Kitas nehmen die Kinder ab einem Alter von vier Monaten(!) an. Auch sind 25 Stunden Plätze verdammt rar. Die meisten Kindergärten sind dazu übergegangen fast ausschließlich 35 und 45 Stunden Plätze zu vergeben, weil die zum einen stärker nachgefragt sind, zum anderen für die Träger lukrativer sind. Idealerweise geben die Eltern ihr Kind im zweiten Jahr ab und am besten für 45 Stunden die Woche. Damit ist auch der Übergang in die OGS einfacher, da die Kinder bereit an Tagesbetreuung gewöhnt sind.
Und auch die Politik steht natürlich nicht untätig daneben. Schon Hannelore Kraft (die inzwischen glücklicherweise vom Wähler, auch aufgrund ihrer verheerenden Schulpolitik, davon gejagt wurde) kam vor einigen Jahren mit der Forderung nach Kita-Pflicht daher, eine Position der auch die Grünen alles andere als abgeneigt sind. Der Hauptgrund warum das derzeit nicht öffentlich diskutiert wird, besteht im Wesentlichen darin, dass es schlicht nicht genug Kita-Plätze gibt, um eine solche Forderung ernsthaft durchzusetzen.
Dennoch wird aus all dem klar, dass es einen gesellschaftlichen Trend gibt, dessen Geschwindigkeit eher noch zunimmt: Die Betreuung und Erziehung der Kinder mehr und stärker in die Hände des Staates zu legen, möglichst schon vom Kleinkindalter an. Eltern haben dann irgendwann nur noch die Aufgabe zu zahlen und vielleicht mal abends mit dem Kind zu kuscheln. Und das Selbstverständnis vieler Eltern entwickelt sich auch mehr und mehr in diese Richtung: Für Erziehung ist der Staat/die Schule/der Kindergarten/der Betreuer zuständig, Eltern wollen die "angenehmen" Teile: Mit ihren Kindern spielen und vielleicht mal ins Freibad zu gehen. Das ist bei einer Abwesenheit von nahezu der Hälfte der wachen Zeit nicht mal total abwegig.
Kaum verwunderlich in diesem Kontext ist es auch, dass zunehmend Eltern die Verantwortung für ihre Kinder ablehnen. "Der Staat hat versagt", wenn ein Kind, oder auch Jugendlicher, so richtig Mist gebaut hat. Das Erziehung an allererster Stelle Elternsache ist, kommt in diesem Kontext nicht vor.
Die Folgen dieser Entwicklung sind schwierig abzusehen. Laut PISA Statistiken werden die Schüler durch die letzten 10 Jahre besser, wer allerdings das Niveau sieht, auf dem heute viele Schule ihre Abschlusstests absolvieren, möchte eher an das Gegenteil glauben. Dieser Autor hat erhebliche Zweifel an einer positiven Entwicklung, und zwar aus mindestens zwei Gründen (es gibt sicher etliche mehr, aber diese zwei erscheinen am schwerwiegendsten):
Es gab schon einmal auf deutschem Boden ein ganz ähnliches Gesellschaftsexperiment. Und auch dort wurden Kindern vom Staate betreut und zu möglichst kollektivem Denken erzogen. Und das Ergebnis war eine wirtschaftliche Katastrophe, eine unfreie Gesellschaft, die die letzten Jahre rein sklerotisch vor sich hin trieb und den Grund, warum sie nicht bitterböse vor die Wand fuhr, einzig und allein der Tatsache verdankt, dass es ein Nachbarland gab, bei dem das nicht getan wurde. Und genau dieses Erziehungssystem, dass schon einmal denkwürdig seine totale Impotenz nachgewiesen hat, genau dieses System wird heute als wegweisend etabliert. Ist das nicht absurd?
Und auch wenn diese Situation vielleicht nicht ganz so statt gefunden haben mag, so ist sie alles andere als aus der Luft gegriffen: Das erfolgreichste "pädagogische" Konzept der letzten 15 Jahre ist die OGS, die sogenannte "offene Ganztagsschule". Eltern von Schulkindern werden das alles kennen, wer aber (noch) keine Kinder hat oder diese schon von der Schule weg sind: Das ist eine Schulform, bei der die Kinder vormittags unterrichtet werden und dann ab Mittag bis in den (späten) Nachmittag von einem Erzieher (in der Regel Erzieherin, aber seis drum) betreut werden. Da diese Betreuung sehr unterschiedlich sein kann, macht es an dieser Stelle wenig Sinn Details zu schreiben. Nur soviel ist gemein, dass die Gruppe bis zum späten Nachmittag zusammen bleibt und dann gegen Ende des Nachmittags nach Haus geht. Diese Form der Beschulung gewinnt mehr und mehr an Dominanz und macht inzwischen, nach Bundesländern noch unterschiedlich, fast die Hälfte der Schulplätze aus. Der politische Wille dies auszubauen ist eindeutig und bis Ende des Jahrzehntes werden es vermutlich fast 2/3 sein.
Szenenwechsel: Ein anderes Paar sucht derzeit nach einem Kindergartenplatz für den Nachwuchs, der nun schon bald drei Jahre alt wird. Und Kindergartenplätze sind, zumindest in größeren Städten, schwer zu kriegen, daher besuchen die meisten Eltern nicht einen Kindergarten sondern eher ein Dutzend. Wenn das reicht. Auch hier wird den Eltern interessantes mitgeteilt: Es ist zunehmend schwierig ein Kind mit drei Jahren noch unter zu bringen. Weil inzwischen eine breite Mehrheit der Eltern ihre Kinder früher unterbringen und nur wenige Kindergärten überhaupt einen neuen Zug mit drei Jahren aufsetzen. Die extremsten Kitas nehmen die Kinder ab einem Alter von vier Monaten(!) an. Auch sind 25 Stunden Plätze verdammt rar. Die meisten Kindergärten sind dazu übergegangen fast ausschließlich 35 und 45 Stunden Plätze zu vergeben, weil die zum einen stärker nachgefragt sind, zum anderen für die Träger lukrativer sind. Idealerweise geben die Eltern ihr Kind im zweiten Jahr ab und am besten für 45 Stunden die Woche. Damit ist auch der Übergang in die OGS einfacher, da die Kinder bereit an Tagesbetreuung gewöhnt sind.
Und auch die Politik steht natürlich nicht untätig daneben. Schon Hannelore Kraft (die inzwischen glücklicherweise vom Wähler, auch aufgrund ihrer verheerenden Schulpolitik, davon gejagt wurde) kam vor einigen Jahren mit der Forderung nach Kita-Pflicht daher, eine Position der auch die Grünen alles andere als abgeneigt sind. Der Hauptgrund warum das derzeit nicht öffentlich diskutiert wird, besteht im Wesentlichen darin, dass es schlicht nicht genug Kita-Plätze gibt, um eine solche Forderung ernsthaft durchzusetzen.
Dennoch wird aus all dem klar, dass es einen gesellschaftlichen Trend gibt, dessen Geschwindigkeit eher noch zunimmt: Die Betreuung und Erziehung der Kinder mehr und stärker in die Hände des Staates zu legen, möglichst schon vom Kleinkindalter an. Eltern haben dann irgendwann nur noch die Aufgabe zu zahlen und vielleicht mal abends mit dem Kind zu kuscheln. Und das Selbstverständnis vieler Eltern entwickelt sich auch mehr und mehr in diese Richtung: Für Erziehung ist der Staat/die Schule/der Kindergarten/der Betreuer zuständig, Eltern wollen die "angenehmen" Teile: Mit ihren Kindern spielen und vielleicht mal ins Freibad zu gehen. Das ist bei einer Abwesenheit von nahezu der Hälfte der wachen Zeit nicht mal total abwegig.
Kaum verwunderlich in diesem Kontext ist es auch, dass zunehmend Eltern die Verantwortung für ihre Kinder ablehnen. "Der Staat hat versagt", wenn ein Kind, oder auch Jugendlicher, so richtig Mist gebaut hat. Das Erziehung an allererster Stelle Elternsache ist, kommt in diesem Kontext nicht vor.
Die Folgen dieser Entwicklung sind schwierig abzusehen. Laut PISA Statistiken werden die Schüler durch die letzten 10 Jahre besser, wer allerdings das Niveau sieht, auf dem heute viele Schule ihre Abschlusstests absolvieren, möchte eher an das Gegenteil glauben. Dieser Autor hat erhebliche Zweifel an einer positiven Entwicklung, und zwar aus mindestens zwei Gründen (es gibt sicher etliche mehr, aber diese zwei erscheinen am schwerwiegendsten):
- Individuelle Förderung ist grundsätzlich effektiver als Gruppenförderung. Gerade am Anfang geht es ja nicht um Kernfusion oder Differentialgleichtungen. Was man Kindern beibringt hat noch jeder auf der Schule gelernt. Kinder fragen einfache Dinge, die nahezu jeder Erwachsene beantworten kann.
- Eltern sollten immer(!) ein besseres Verhältnis zu ihren Kindern haben als "Erzieher". Wenn es ein wichtiges Element in der Erziehung von Kindern gibt, dann ist es tatsächliche ziemlich bedingungslose Liebe. Und das kann am Ende der beste Erzieher der Welt nicht leisten. Ein Kind, dass in einem liebevollen Umfeld gefördert wird, kann, ja muss, bessere Fortschritte machen, als in einem, dass davon weniger getrieben ist.
Es gab schon einmal auf deutschem Boden ein ganz ähnliches Gesellschaftsexperiment. Und auch dort wurden Kindern vom Staate betreut und zu möglichst kollektivem Denken erzogen. Und das Ergebnis war eine wirtschaftliche Katastrophe, eine unfreie Gesellschaft, die die letzten Jahre rein sklerotisch vor sich hin trieb und den Grund, warum sie nicht bitterböse vor die Wand fuhr, einzig und allein der Tatsache verdankt, dass es ein Nachbarland gab, bei dem das nicht getan wurde. Und genau dieses Erziehungssystem, dass schon einmal denkwürdig seine totale Impotenz nachgewiesen hat, genau dieses System wird heute als wegweisend etabliert. Ist das nicht absurd?
Llarian
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