Wenn es eine Erfindung gibt, die während der Lebenszeit des Verfassers
Verbreitung gefunden und dessen Existenz spürbar angenehmer gemacht hat, so ist
das zweifellos das Internet. Das Web 2.0 vor einem Blog-Publikum zu loben wäre
wohl wie Euro … Freud lässt grüßen, gemeint ist natürlich: Eulen … nach Athen
zu tragen.
Auch die Sprache wurde durch die Freischaltung des virtuellen Äthers
bereichert. AFAIK, ROFL, YMMD – Digital Natives haben diese Abkürzungen mit der Muttermilch aufgesogen; für den Verfasser stellen diese Akronyme eine
radegebrochene Fremdsprache dar. Die dadurch zum Ausdruck gebrachten Konzepte
sind freilich himmelalt.
So versteckt sich hinter den fünf kryptischen Buchstaben NIMBY („Not in my backyard“ – „Nicht in meinem Hinterhof/Garten“) nichts anderes als das gute, schon reichlich betagte Sankt-Florians-Prinzip. Zwar ist es wenig christlich, seinem Nächsten das Feuer an die Mauer zu wünschen und Lateiner werden sich bei dieser Aussicht durchaus persönlich betroffen fühlen, aber menschlich ist es irgendwie schon, lieber den anderen leiden zu sehen als sich selbst.
Jüngst hat der Verfasser gelernt, dass auch ein Matthäus-Prinzip
existiert: „Denn wer da hat, dem wird gegeben werden“, schreibt der Evangelist
in Kapitel 25 Vers 59. Der Volksmund kleidet den entsprechenden
Lebenssachverhalt in einen Satz, in dem der Antagonist alles Heiligen das
Subjekt bildet, das Verb nicht zitierfähig ist und letztlich das Unsägliche auf
dem größten Haufen landet.
Eher dunkel erscheint das Teresa-Prinzip. Die Mystikerin aus dem
kastilischen Ávila formulierte die berühmt gewordenen Konditionalsätze: „Wenn
Fasten, dann Fasten. Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn.“ Soll das wirklich eine Paraphrase von Markus 2, 19-20 sein, also gleichsam ein „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde“? Oder stellt
das Diktum der kanonisierten Spanierin nicht vielmehr darauf ab, dass Dienst
Dienst und Schnaps Schnaps ist. Was würde unser Nationalheiliger Kant dazu sagen?
Bevor wir nun völlig verunsichert werden, wenden wir uns an die Alleswisser eines armenischen Rundfunksenders: „Sind Prinzipien wichtig?“ Antwort von Radio Eriwan: „Im Prinzip ja. Aber …“
Noricus
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