6. Mai 2014

Aus der Schwalbenperspektive (1): Alles Banane


Das Runde muss ins Eckige, lautet eine bekannte Fußball-Binse, die man seit Neuestem durch den Nachsatz "Und das Krumme muss in den Mund" ergänzen könnte. Dass Hohlbirnen gerne einmal eine Banane auf den Rasen werfen, wenn ein dunkelhäutiger Spieler den Ball führt, dürfte bekannt sein. Der für den FC Barcelona kickende Daniel Alves hat nun gleichsam das Ei des Kolumbus gefunden, was die perfekte Antwort auf derlei spielstörende Rohkost-Artillerie betrifft: Er mahnte weder eine Lichter- noch eine Viererkette an, sondern ergriff die gebogene Frucht, schälte sie – und tat sich an ihr gütlich.

Das war natürlich nicht nur ein äußerst pfiffiger, wenn auch höchst vorsorglich geplanter Umgang mit diesem Akt der Provokation (der zivil- und strafrechtliche Konsequenzen für den Werfer nach sich zieht, die sowohl dem Betroffenen als auch einem Freund des Kugeltretsports übertrieben scheinen), sondern auch in puncto Gesundheitsförderung eine weise Entscheidung. Denn die Banane ist eines der in ernährungsphysiologischer Hinsicht ersprießlichsten Lebensmittel, weshalb sie nicht nur Leistungssportlern, sondern auch deren Zuschauern zum Verzehr anempfohlen sei. Dickmachende Chips und leberschädigendes Bier waren gestern – der in jeglicher Hinsicht aufgeklärte Fußballfan von heute bevorzugt als Match-Verköstigung den gelben Kraftzwerg aus den Tropen.
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Freilich ist der Genuss der Viktualie mit Plantagenhintergrund nur dann vor jeder Kritik gefeit, wenn er ohne weitere Behandlung geschieht, also unmittelbar nach der Befreiung des Fruchtfleischs von seiner biologisch abbaubaren Verpackung. Feinspitze mögen zwar einwenden, dass eine Schokobanane nicht nur viel besser schmeckt als die unveredelte Materie und sie auch die brutalstmögliche Nervennahrung für das Überstehen einer Zitterpartie darstellt. Doch legt nicht nur die Krankheitsprävention, sondern auch der ansonsten entstehende Verdacht einer rassistischen Sottise den Entschluss nahe, auf den zuckerhaltigen, braunen Überzug für die nutritive Wunderwaffe zu verzichten.

Ob eine Bananendiät genügt, die verletzungsgeplagten Reihen der deutschen Nationalmannschaft bis zum 12. Juni ausreichend zu stärken, darf bezweifelt werden. Als Hoffnungsschimmer gilt zu vermelden, dass Sami Khedira nach fast einem halben Jahr Kreuzbandriss-Pause auf die Bank von Real Madrid zurückgekehrt ist und er morgen gegen den FC Valladolid wohl einige Minuten Rasenpraxis sammeln wird. Wem Joachim Löw ein Flugticket nach Brasilien zu reservieren gedenkt, wird aber erst am Donnerstag verlautbart.

So weit, dass der Bundestrainer den 61-jährigen Manfred Kaltz aus dem Ruhestand in den aktiven Dienst zurückbeordern muss, wird es voraussichtlich nicht kommen. Was eigentlich schade ist, denn der ehemalige HSV-Verteidiger gilt bis heute als unangefochtener König der sogenannten Bananenflanke. "Manni Banane, ich Kopf, Tor" – so klar und einfach stellt sich die Syntax erfolgreichen Fußballs nach der Hrubesch-Grammatik dar. Allen Gurkentruppen sei diese einfache Regel zur analogen Anwendung ins Stammbuch geschrieben.

Sollte die deutsche Nationalmannschaft am 13. Juli den Rasen des Estádio do Maracanã als Sieger verlassen, wäre die Reaktion des Verfassers dieser Zeilen mit einem amerikanischen Slang-Ausdruck vortrefflich beschrieben: He's going bananas.

Noricus


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