4. Februar 2012

Die "Endzeit des Kapitalismus" oder das Ende eines Unternehmens

"Kunde, du bist ein Wurm!" So ist der jüngste Text des Spiegel-Online-Kolumnisten Georg Diez überschrieben. Ausgangspunkt sind seine negativen Erfahrungen beim Einkauf in einer Schlecker-Filiale – Erfahrungen, die wahrscheinlich von etlichen Konsumenten geteilt werden und die einen wesentlichen Grund dafür darstellen dürften, daß Schlecker heute pleite ist.

Wenn man versucht, anhand dieses Beispiels einen systematischen Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens auszumachen, liegt eine einfache Hypothese auf der Hand: Ein Unternehmen, das auf Dauer an den Bedürfnissen seiner Kunden vorbeiproduziert oder vorbeiverkauft, wird irgendwann das Zeitliche segnen, zumindest dann, wenn auf dem Markt Anbieter vorhanden sind, die sich besser auf ihre Kunden einstellen.

Solche Überlegungen schwingen bei Diez zwar mit, aber allein dies wäre ihm wohl ein wenig zu läppisch gewesen. "Kann man denn die Schlecker-Pleite nicht irgendwie mit den ganz großen Themen in Verbindung bringen?", wird er sich gefragt haben. Und die Antwort, die er sich und dem Leser dann gibt, war eigentlich schon zu erwarten: Es ist mal wieder der "Kapitalismus" das Problem. Genauer: Schlecker war sogar die Avantgarde des Kapitalismus, gehört aber zugleich (Vorsicht Dialektik!) zur "Endzeit des Kapitalismus":
Dass der Kapitalismus ein soziales Gängelungssystem ist, war bei Schlecker deutlicher zu erkennen als fast irgendwo sonst. Das Avantgardistische daran war, dass sie nicht nur ihre Mitarbeiter schlecht behandelten, sondern die Kunden gleich mit. Das eine ist eine Lehre aus den Anfängen des Kapitalismus, Stichwort Manchester, das andere ist eine Foltermethode aus der Endzeit des Kapitalismus, Stichwort Wall Street. An der Kasse von Schlecker konnte man jedes Mal neu spüren, dass da etwas fundamental falsch läuft.
Ich habe schon lange nicht mehr eine derart konfuse Argumentation gesehen und insofern teile ich durchaus das Gefühl, daß "da etwas fundamental falsch läuft".

Wenn ein Unternehmen, das "Foltermethoden" gegenüber seinen Kunden einsetzt, vom Markt verschwindet, dann waren es doch gerade die "kapitalistischen" Marktmechanismen, die zu diesem erwünschten Resultat geführt haben. Das ist weder die Avantgarde noch das Endspiel des Kapitalismus, sondern einfach Marktwirtschaft.
DrNick



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