25. September 2011

Zitat des Tages: "Migranten bringen ihre Kulturen mit". Thilo Sarrazin ist kein Rassist, sondern ein Kulturalist

Frage: Und Muslime sind dümmer als andere Einwanderer?

Sarrazin: Das steht nirgendwo in meinem Buch, und das habe ich auch nicht gesagt. In meinem Buch führe ich die durchschnittlich niedrigere Bildungsleistung der muslimischen Migranten auf ihren durch den Islam geprägten kulturellen Hintergrund zurück. Die Einstellung zu Bildung und Wissen, Eigenschaften wie Fleiß und Genauigkeit und Pflichtbewusstsein vererben sich kulturell. Wir übernehmen zu ganz großen Teilen die Werte und Einstellungen der Kultur und der Schicht, in der wir aufwachsen.
Aus einem Interview des Wiener "Kurier" mit Thilo Sarrazin.

Kommentar: Zu den größten Ungerechtigkeiten, die Thilo Sarrazin in der heftigen Diskussion vor einem Jahr widerfuhren, gehörte der Vorwurf des Rassismus. Ausgerechnet ein Liberaler, Guido Westerwelle, hat sich dabei hervorgetan (siehe Sarrazin auf dem Prüfstand der Wissenschaft (1): Warum ich diese Serie schreibe. Plädoyer für eine vernünftige Diskussion; ZR vom 30. 8. 2010).

Tatsächlich gibt es in Sarrazins Buch keine Spur von Rassismus; weder in Bezug auf Moslems, noch in Bezug auf das "Juden-Gen" (siehe dazu Sarrazin auf dem Prüfstand der Wissenschaft (3): Teilen alle Juden ein bestimmtes Gen? - Teil 2: Der Stand der Forschung; ZR vom 7. 9. 2011, sowie Sarrazin: Gibt es jetzt doch noch eine Diskussion? Nebst einem (fast) unbekannten Dokument zum "Juden-Gen"; ZR vom 19. 9. 2010).

Auch Sarrazins Äußerungen zur Erblichkeit der Intelligenz haben nichts mit Rassismus zu tun, sondern sind schlicht Stand der Wissenschaft (siehe Ist Intelligenz zu 50 bis 80 Prozent vererbbar? - Teil 1: Definition und Messung von Intelligenz; ZR vom 1. 9. 2010, sowie Teil 2: Die Ergebnisse der Verhaltensgenetik; ZR vom 2. 1. 2010).

Der Vorwurf des Rassismus wurde erfunden, um Sarrazin zu diskreditieren. Man schlug mit dieser Keule auf ihn los, weil man vermeiden wollte, daß sein Buch zu einer offenen, von den politisch Korrekten nicht mehr kontrollierten Diskussion zum Thema Einwanderung führen würde. Dieser Anschlag auf die Freiheit der öffentlichen Debatte ist zum Glück gescheitert (siehe Sarrazin und die Folgen. Haben wir in Deutschland noch eine Demokratie?; ZR vom 6. 9. 2011). Nach seinen Angaben in dem Interview wurde Sarrazins Buch bisher 1,3 Millionen mal verkauft.

Kein Rassist also. Was die besonderen Probleme von Moslems angeht, ist Sarrazin nachgerade das Muster eines Kulturalisten. Er führt den schlechteren schulischen und beruflichen Erfolg von Einwanderern aus islamischen Ländern eben gerade nicht auf genetische Faktoren zurück, sondern ausschließlich auf kulturelle. Aus dem Interview:
Schauen Sie sich die Nachfolgestaaten der ehemaligen britischen Kronkolonie Indien an: Das hinduistische Indien ist ein Zentrum der weltweiten Softwareindustrie und macht seinen Weg in die Moderne, wogegen das muslimische Pakistan, das vor der Teilung der Kolonie den exakt selben kulturellen und zivilisatorischen Status hatte, weit zurückgefallen ist. Genauso ist es mit indischen und pakistanischen Schülern im heutigen England: Die Schüler mit Hindu-Kultur sind durchschnittlich besser als die britischen Schüler, während die Pakistani schlechter sind. Die Inder haben auf dem Arbeitsmarkt Erfolg, die Pakistani halten sich eher am unteren Rand der Gesellschaft auf.



Das Interview des "Kurier" ist ausführlicher und auch weniger aggressiv geführt, als dies bei den meisten Interviews mit Sarrazin in den deutschen Medien der Fall war und ist. Es ist deshalb unbedingt lesenswert. Besonders aufschlußreich fand ich auch diese Passage:
Frage: Sie sagten jüngst, Sie hätten mit Ihrem Buch mehr bewirkt als Politiker oder Bundesbankvorstand. Was?

Sarrazin: Ich habe eine öffentliche Debatte über die Zukunftsfragen unseres Staates bewirkt, die davor sehr verklausuliert oder gar nicht geführt wurde - oder von den Falschen. (...) Die Integrationsdebatte in Deutschland ist heute eine offenere, als noch vor eineinhalb Jahren. Daneben allerdings hat die Behandlung, die mir von Teilen der Politik und der Medien widerfuhr, auch eine Debatte über Meinungsfreiheit in Deutschland ausgelöst.
So ist es. Diese Debatte war keine Niederlage für die deutsche Demokratie. Sie hat sie stärker gemacht.



Für frühere Beiträge in ZR zur Sarrazin-Diskussion siehe die Serien Sarrazin auf dem Prüfstand der Wissenschaft und Notizen zu Sarrazin sowie die hier verlinkten weiteren Artikel zu Thilo Sarrazin.
Zettel



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