14. Juli 2011

Marginalie: In Minnesota muß das Bier aus den Regalen. Bald gibt es auch keinen Schnaps mehr. Ein Menetekel für Washington. Nebst einem Nachtrag

Die amerikanische Schuldenkrise spielt sich nicht nur in Washington ab. Auch Bundesstaaten haben Schuldenberge, über deren Bewältigung Republikaner und Demokraten oft erbittert streiten.

Und wenn sie sich nicht einigen können, dann kann manchmal kein Haushalt verabschiedet werden. Ohne Haushalt aber gibt es kein Geld für die Behörden, und diese hören auf zu arbeiten. Mehr oder weniger jedenfalls. Es findet dann nämlich etwas statt, das government shutdown heißt - die Regierung macht zu.

Das funktioniert so, daß die Regierungsbeamten beurlaubt werden und kein Gehalt mehr bekommen. Die Behörden schließen damit. Nur gewisse Kernbereiche bleiben in Funktion - Polizei, Feuerwehr, Post, Militär, Luftverkehr und Gefängnisse. Wer aber beispielsweise eine Genehmigung braucht, der steht vor geschlossenen Behördentüren.



Zu welchen skurrilen Auswirkungen das führt, kann man jetzt im Internet-Magazin Slate lesen:

Im Bundesstaat Minnesota gibt es seit dem ersten Juli ein government shutdown. Minnesota mit seinem hohen Anteil an Deutschamerikanern hat viele Brauereien. Eine der größten dieser Brauereien mit zahlreichen Biermarken, Miller-Coors, muß jetzt ihre sämtlichen Bierdosen und -flaschen aus den Geschäften zurückrufen.

Zum Vertrieb von Bier braucht man nämlich in Minnesota eine staatliche Genehmigung. Und die von Miller-Coors ist abgelaufen. Verlängert werden kann sie nicht, weil ja die Behörden geschlossen sind. Weitere Brauereien sind bedroht, sobald auch ihrer Genehmigungen ablaufen; sogar das importierte Original Pilsener Urquell wird demnächst aus den Regalen verschwinden.

Das ist aber erst der Anfang. In Minnesota kann man nämlich außerdem Alkohol nur mit einer "Käuferkarte" erwerben, die von den Behörden ausgegeben wird; vermutlich soll damit der Alkoholismus eingedämmt werden. Viele dieser Karten sind zum 30. Juni abgelaufen. Jetzt droht den Bier- und Schnapsläden in Minnesota ein Massensterben.

Noch nie seit Menschengedenken dauerte ein government shutdown so lange wie jetzt in Minnesota. "Its troubles loom as a cautionary tale for leaders in Washington", schreibt Slate. Frei übersetzt: Was sich da zusammenbraut, sollte ein Warnsignal an Washington sein. Ein Menetekel. Und in Washington geht es ja nicht nur um ein government shutup, sondern es droht dank Obamas Amtsführung nicht weniger als der Staatsbankrott; siehe Schuldengrenze und Verfassung; ZR vom 12. 7. 2011.




Nachtrag am 15. Juni, 01.25 Uhr: Soeben meldete die New York Times, daß in Minnesota der demokratische Gouverneur Dayton und die Republikaner im Parlament des Staats nach dreistündigen Verhandlungen zu einer grundsätzlichen Einigung über den Haushalt gekommen sind. Es dürfte allerdings noch einige Tage dauern, bis das Gesetz verabschiedet und der shutdown damit beendet sein wird.

Die Einigung zeigt, wie dramatisch die Haushaltslage des Staats Minnesota ist: Das Loch im Haushalt soll u.a. dadurch gestopft werden, daß der Staat seine Zahlungen an Schuldistrikte erst verspätet überweist. Die Republikaner hatten die Stellen im Öffentlichen Dienst um 15 Prozent kürzen wollen, hatten sich damit aber nicht durchsetzen können. Der demokratische Gouverneur seinerseits mußte seinen Plan einer Steuererhöhung aufgegeben.
Zettel



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