13. September 2010

Zitat des Tages: "Der Staat darf keine Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen per Gesetz – und das heißt per Zwang – durchsetzen". Ein liberaler Aufbruch

Individuelle Freiheit heißt, dass Menschen unabhängig von der nötigenden Willkür anderer Menschen leben können. Die individuelle Freiheit für alle Bürger eines Gemeinwesens kann nur durch die Herrschaft des Gesetzes (rule of law) geschützt werden. Durch allgemeine und abstrakte Regeln soll sichergestellt werden, dass jeder Mensch – sei er Arbeiter oder Unternehmer, adliger, bürgerlicher oder proletarischer Herkunft, reich oder arm – frei leben kann.

Der Staat ist deshalb eine Vereinigung von Bürgern unter Rechtsgesetze, durch die die gleiche Freiheit für alle hergestellt und gesichert wird. Das Recht ist mit der Befugnis zur Anwendung von Zwang verbunden, und nur der Staat hat das Recht zur Ausübung von Zwang. Aber er hat es auch nur, um eine Verfassung von der größten Freiheit zwischen Menschen zu errichten und zu sichern, nicht von der größten Glückseligkeit und Wohlfahrt. Der Staat darf keine Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen per Gesetz – und das heißt per Zwang – durchsetzen oder fördern. Der Staat hat lediglich dafür zu sorgen, dass die Glücks- und Wohlfahrtsvorstellungen der Menschen nebeneinander bestehen können.


Frank Schäffler (MdB der FDP) in seinem Grundsatzartikel "Zur derzeitigen Lage der FDP und zu den Zielen des Liberalen Aufbruchs". Sie können diesen Artikel seit gestern Mittag auch im Blog antibürokratieteam.net lesen. Eine erweiterte Fassung in Koautorschaft mit weiteren FDP-Politikern erschien schon vorvergangene Woche in der "Financial Times Deutschland".


Kommentar: Was wie ein Kommentar zur amerikanischen Verfassung klingt, ist der programmatische Kern, um den sich jetzt eine Gruppierung innerhalb der FDP geschart hat. Das Handelsblatt berichtete darüber am Samstag:
Nun haben unzufriedene Liberale ein parteiinternes Bündnis für eine Neuausrichtung mit dem Namen "Liberaler Aufbruch" gegründet, wie es auf der Website des FDP-Abgeordneten Frank Schäffler heißt. Die Gruppierung kritisiert den Kurs der Parteiführung und fordert eine Orientierung hin zu einer klassisch-liberalen Partei.
Was damit - beispielsweise - konkret gemeint ist, das hat Frank Schäffler gegenüber "Focus" erläutert:
Auf Parteitagen müssen wir wieder kontrovers diskutieren. Das hat es schon lange nicht mehr gegeben. (...) Die FDP muss sich ganz klar von den anderen sozialdemokratischen Parteien wie SPD, CDU und CSU abgrenzen. (...) Wir sind bei den entscheidenden Fragen eingeknickt.
Auch in der FDP brodelt es also, wie in der Union. Dort geht es um den konservativen Flügel, der einst nicht ein Flügel gewesen war, sondern das Herzstück der Partei Konrad Adenauers. So, wie zur Zeit von Theodor Heuß und Thomas Dehler das, was Frank Schäffler schreibt, keinen Aufbruch markiert hätte, sondern eine liberale Selbstverständlichkeit.

Schäffler hat Recht: In den letzten Jahrzehnten (ich denke, seit der Wiedervereinigung; dazu demnächst ein ausführlicherer Artikel) hat sich nicht nur die CDU auf sozialdemokratische Positionen hin bewegt, sondern in Teilen auch die FDP.

Man könnte auch sagen: Durch das Auftreten von Kommunisten als politische Kraft von Gewicht sind alle Parteien nach links verschoben worden.

Es scheint, daß das in der CDU die Konservativen nicht länger hinnehmen wollen. Es scheint, daß es in der FDP Liberale gibt, die das auch nicht mehr wollen.

Unser Land ist dabei sich zu verändern. So etwas wie das, was die Sarrazin-Diskussion ausgelöst hat, nennt man gern einen "heilsamen Schock". Von Heilsamkeit möchte ich nicht sprechen. Aber ein frischer Wind weht in diesen Tagen des Frühherbstes schon durch unser Land.



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