29. Dezember 2009

Zitat des Tages: "Der Iran wird das Jahr 2010 beherrschen". Ein Jahr Iran-Politik des Präsidenten Obama

One way or the other, Iran will dominate 2010. Either there will be an Israeli attack or Iran will arrive at -- or cross -- the nuclear threshold. Unless revolution intervenes. Which is why to fail to do everything in our power to support this popular revolt is unforgivable.

(So oder so - der Iran wird das Jahr 2010 beherrschen. Entweder gibt es einen israelischen Angriff, oder der Iran wird an der nuklearen Schwelle ankommen oder sie überschreiten. Es sei denn, daß eine Revolution dazwischenkommt. Deshalb ist es unentschuldbar, nicht alles in unserer Macht Stehende zu tun, diese Revolte des Volks zu unterstützen.)

Charles Krauthammer in seiner akutellen Kolumne in der Washington Post.


Kommentar: Krauthammer überschreibt seine Kolumne "2009: The year of living fecklessly" - 2009, ein mit Inkompetenz zugebrachtes Jahr.

Krauthammers These: Die USA hätten das Jahr 2009 mit einer inkompetenten Politik genüber dem Iran verbracht, was für 2010 unweigerlich zu einer Zuspitzung der Lage führen müsse.

In der Tat: Obama hat dem Iran Avancen gemacht, die brüsk zurückgewiesen wurden. Er hat "die Hand ausgestreckt", den Islam gepriesen, hat einen freundlichen Brief geschrieben. Die Reaktion war die "Einladung des Iran an Obama, seine neue Regierung zu demütigen", wie die Washington Post im April in einem Editorial schrieb; siehe "Der Iran lädt Obama ein, sich zu demütigen"; ZR vom 22.4. 2009.

Er hat sogar nach undementierten Berichten dem Ayatollah Chamenei Anfang Mai dieses Jahres einen Brief geschrieben, in dem er eine "Kooperation in regionalen und bilateralen Fragen" vorschlug und dem Regime - jedenfalls laut dem bekanntgewordenen Entwurf des Schreibens - Zusicherungen gab, daß Washington nicht seinen Sturz betreiben werde. Siehe hierzu Richard Herzinger zur Lage im Iran; ZR vom 25. 6. 2009 sowie die Belege dazu in Zettels kleinem Zimmer.

Den Hardlinern in Teheran erschienen solche Gesten naturgemäß nur als Zeichen der Schwäche. Sie haben darauf mit Hohn und Ablehnung reagiert.

Dann hat Obama - wie der freundliche Lehrer, dem die Schüler auf der Nase herumtanzen und der irgendwann durchzugreifen versucht - sich plötzlich aufs Drohen verlegt. Er hat im Juli dem Iran einen Termin gesetzt, wonach "Iran faces a September deadline to show good- faith efforts to halt its nuclear weapons program"; wonach dem Iran der September als äußerster Termin dafür gesetzt ist, guten Willen zu zeigen, sein Atomwaffen- Programm zu stoppen.

Der Iran hat, wie Krauthammer drastisch schreibt, darauf "gespuckt" und erklärt, er werde sein Programm fortsetzen, bis die USA ihre Atomwaffen vernichtet hätten. Teheran war von dieser Drohung so beeindruckt, daß man eine Rakete getestet hat, die mit einem nuklearen Sprengkopf Israel und Europa erreichen kann, und daß die Anreicherung von Uran in bisher geheimen Anlagen vorangetrieben wurde.



Das ist die eine Seite von Obamas Iran-Politik: Erst Anbiederung an das Regime, dann zahnlose Drohungen. Die andere Seite ist, daß die einzige Hoffnung auf einen friedlichen Iran - ein Sieg der Opposition über die Klerikalfaschisten - von Washington keinerlei Unterstützung erfahren hat.

Das Verhalten des Präsidenten, als im Juni die Iraner sich von dem Regime zu befreien suchten, habe ich damals als beschämend bezeichnet; siehe "Der Unterschied zwischen Ahmadinedschad und Mussawi ist gar nicht so groß"; ZR vom 21. 6. 2009.

Er hat kein Wort der Unterstützung gefunden, solange die Opposition eine Chance gehabt hatte. Erst als der Aufstand niedergeschlagen war, vergoß er Krokodilstränen. Dabei wäre eine solche Unterstützung von außen - Krauthammer analysiert es im einzelnen - für die Opposition von großer Wichtigkeit gewesen.

Das war nicht nur, wie ich damals angemerkt habe, ein Mangel an moralischem Rückgrat eines Präsidenten, der ständig die Moral im Munde führt. Es war dazu auch noch dumm aus der Sicht der Interessen der USA.

Denn, wie Krauthammer jetzt schreibt:
Forget about human rights. Assume you care only about the nuclear issue. How to defuse it? (...) The only real hope is regime change. The revered and widely supported Montazeri had actually issued a fatwa against nuclear weapons.

And even if a successor government were to act otherwise, the nuclear threat would be highly attenuated because it's not the weapon but the regime that creates the danger. (Think India or Britain, for example.) Any proliferation is troubling, but a nonaggressive pro-Western Tehran would completely change the strategic equation and make the threat minimal and manageable.

Lassen wir einmal die Menschenrechte beiseite. Nehmen wir einmal an, es ginge nur um das nukleare Thema. Wie es entschärfen? (...) Die einzige Hoffnung ist ein Wechsel des Regimes. Der verehrte und breit unterstützte Montazeri hatte sogar eine Fatwa gegen Atomwaffen verkündet.

Und selbst wenn eine neue Regierung sich hieran nicht halten würde, wäre die nukleare Bedrohung erheblich verringert, denn es ist nicht die Waffe, sondern das Regime, das die Gefahr schafft. (Man denke zum Beispiel an Indien und England). Jede Ausbreitung von Atomwaffen ist besorgniserregend, aber ein nicht aggressives, prowestliches Teheran würde die strategische Gleichung völlig verändern und die Bedrohung minimal und beherrschbar machen.

Die Außenpolitik der USA wird gegenwärtig von einem ehemaligen Sozialarbeiter und einer Ministerin geleitet, deren Gebiet als Senatorin Gesundheit und Soziales gewesen waren. Sie versuchen sich mal in der Freundlichkeit, die solche professionellen Ausrichtungen mit sich bringen; mal schalten sie auf das um, was sie für "Härte" halten. Unterstützt werden sie dabei von einem diplomatischen Corps, das sich zu erheblichen Teilen aus ehemaligen Spendensammlern für Obamas Wahlkampf rekrutiert; siehe Aber der Barack, der läßt sie nicht verkommen; ZR vom 29. 10. 2009.

Was den Weltfrieden, was jedenfalls den Frieden im Nahen Osten angeht, kann einem für das Jahr 2010 dank der Politik des Nobelpreisträgers schon angst und bange werden.



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