1. April 2009

Marginalie: Der Terrorismus im Irak nimmt wieder zu

Nach der Wahl Barack Obamas wußte niemand, ob er sein Wahlversprechen halten würde, innerhalb von 16 Monaten alle US-Truppen aus dem Irak abzuziehen. Damals - am 10. November 2008 - habe ich erwartet, daß die Kaida abwarten werde, ob er dieses Versprechen hält oder bricht.

Würde er es halten, dann hätte die Kaida allen Grund gehabt, ihre Aktivitäten so lange zu reduzieren, vielleicht weitgehend einzustellen, bis der letzte amerikanische Soldat den Irak verlassen hat. Dann hätte sie freie Bahn, das Land doch noch zu erobern; jedenfalls in einigen Provinzen soweit Fuß zu fassen, daß sie dort Ausbildungslager à la Afghanistan würde einrichten können.

Inzwischen wissen wir, daß Obama sein Versprechen gebrochen hat, und zwar vollständig. Er hat das zwar, wie es seine Art ist, durch Rhetorik sehr geschickt kaschiert. Aber die tatsächliche Entscheidung, die er Ende Februar getroffen hat, beinhaltet, daß mehr als ein Drittel der gegenwärtig im Irak stationierten Truppen dort verbleiben werden.

Was bedeutet das für die Kaida und die anderen (vor allem Baa'th-) Terroristen im Irak? Damals, im November, stand dazu hier zu lesen:
Sie [die Kaida] dürften wohl eher damit rechnen, daß Obama sein Wahlversprechen bricht und exakt die Politik Bushs fortsetzen wird, die US-Truppen nur in dem Maß abzuziehen, in dem das die Kommandeure vor Ort für militärisch vertretbar halten.

Ist dies die Lagebeurteilung der El Kaida, dann bleibt ihr nur die allerletzte Option, jetzt mit allem, was sie noch hat, loszuschlagen, um noch einmal die Öffentliche Meinung in den USA zu ihren Gunsten zu mobilisieren. Sie hat es bei Obama mit einem Präsidenten zu tun, der darauf mehr ansprechen könnte als George W. Bush. Die El Kaida könnte versuchen, Obama sozusagen gewaltsam zur Einhaltung seines Wahlversprechens zu zwingen.
Diese Reaktion zeichnet sich jetzt ab.

Gestern berichtete die New York Times über wieder verstärkte terroristische Aktivitäten im Irak. Bedenklich ist vor allem die Zusammenarbeit zwischen Anhängern Saddam Husseins und der Kaida:
Among the most powerful now is Nashqabandi, which is believed to have ties to a former Hussein deputy, Izzat Ibrahim al-Douri. The organization, which gets money from Iraqi exiles in Syria, formed an alliance with religious Sunni extremists, according to American and Iraqi military intelligence.

"Al Qaeda and the hard-core Saddamists are the main threats to the national security of Iraq," said Mowaffak al-Rubaie, Iraq's national security adviser. "Nashqabandi is the cradle; they are providing logistical support for Al Qaeda," he said. "What we are seeing is the resurgence of the hard- core Saddamists, but using Al Qaeda in Iraq as a front and as suicide bombers."

Unter den stärksten ist die Nashqabandi, wahrscheinlich mit Verbindungen zu dem einstigen Stellvertreter Saddam Husseins, Izzat Ibrahim al-Douri. Diese Organisation, die Gelder von Exil- Irakern in Syrien erhält, hat laut irakischen und amerikanischen militärischen Geheimdienst- Kreisen eine Allianz mit religiösen sunnitischen Extremisten gebildet.

"Die Kaida und der harte Kern der Saddamisten sind die hauptsächliche Bedrohung der nationalen Sicherheit des Irak" sagte Mowaffak al-Rubaie, der Nationale Sicherheitsberater des Irak. "Die Nashqabandi ist die Wiege; sie liefern der Kaida die logistische Unterstützung", sagte er. "Was wir beobachten, das ist die Rückkehr des harten Kerns der Saddamisten, wobei er aber die Kaida im Irak als Front und als Selbstmord- Attentäter einsetzt".
Es ist eine "smaller but still lethal insurgency", die sich da bildet, ein kleinerer, aber doch tödlich bedrohlicher Aufstand. Wie generell beim Terrorismus im Irak geht es nicht darum, militärisch die Macht zu erobern, sondern die Öffentliche Meinung in den USA zu beeinflussen.

Unter Präsident Bush hatte diese Strategie nicht gefruchtet, weil dieser lieber miserable Umfragewerte in Kauf nahm, als dem Terror nachzugeben. Bei Präsident Obama könnte sie sich als erfolgreich erweisen.

"Bis zu" 50.000 Mann will er im Irak belassen. Es könnten auch null Mann werden, wenn Obama ein zweites Mal, wie im Januar 2007, sich für die Flucht vor der Kaida entscheidet.



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