Das Land könnte sich selbst beschenken - mit einer zweiten Strophe zur Deutschlandhymne. Bisher gibt es nur eine einzige: "Einigkeit und Recht und Freiheit". Daran könnte man eine zweite anhängen: "Auferstanden aus Ruinen, und der Zukunft zugewandt". Es ist dies die erste Strophe der alten DDR-Hymne
Heribert Prantl, Chef des Innenressorts der "Süddeutschen Zeitung", in deren heutiger Ausgabe über die deutsche Nationalhymne.
Kommentar: Um mit dem Positiven zu beginnen: Immerhin macht sich Prantl Gedanken darüber, wie die Bundesrepublik ihren sechzigsten Verfassungstag begehen soll.
In anderen demokratischen Staaten wäre das ein Thema seit Wochen; in unserem Land, das seiner Geschichte so gleichgültig gegenübersteht wie kaum eines auf der Welt, konnte gestern in Jauchs "Wer wird Millionär?" allen Ernstes gefragt werden, was sich denn wohl am 23. Mai zum sechzigsten Mal jähre.
Auch das wäre vielleicht ein "Kurioses, kurz kommentiert" wert gewesen. Aber Prantls grandiose Idee geht doch mit großem Vorsprung durchs Ziel.
Die Hymne, die Prantl gern in unsere Nationalhymne einbauen möchte, "Auferstanden aus Ruinen", schrieb Johannes R. Becher im Jahr 1949. Seit 1923 war Becher Mitglied der KPD (er war es zuvor schon einmal kurz gewesen, aber wieder ausgetreten). Seit 1946 gehörte er dem Parteivorstand und seit 1949 dem ZK der SED an. Er wurde von den Sowjets mit dem Stalinpreis geehrt und war in der Ulbricht- Ära Kultusminister der DDR.
Das alles ist kein Grund, dem Lyriker Becher die Anerkennung zu verweigern, die er verdienen mag. Denn (siehe meinen gestrigen Artikel) in einem freiheitlichen Rechtsstaat darf es für den Umgang mit Kunst keine Rolle spielen, welche politische Haltung der Künstler hatte oder hat.
Aber hier geht es ja nicht um irgend ein lyrisches Werk, sondern um die Nationalhymne der DDR. Also um eines der zentralen Symbole eines Unrechtsstaats.
Wie in aller Welt kann Heribert Prantl auch nur erwägen, es mit der deutschen Nationalhymne zu einem Konglomerat zu verbinden?
Vielleicht hätte ja auch zwanzig Jahre nach dem Ende des Naziregimes jemand auf die Idee verfallen können, ein paar Zeilen aus dem Horst- Wessel- Lied in die Nationalhymne einzubauen; zwecks Versöhnung der Altnazis.
Denn diese Begründung liefert Prantl für seinen Geistesblitz:
Nicht die Einheit zwischen den Bürgern schwebt ihm offenbar vor, dem "Linksliberalen" Prantl - zwischen denen, die im Westen in Freiheit leben konnten und denjenigen, die von Becher und Genossen drangsaliert wurden -, sondern die Einheit von Demokratie und Kommunismus, von Recht und Unrecht.
Deutlicher kann Prantl es eigentlich nicht zum Ausdruck bringen, daß er in zwanzig Jahren nichts gelernt hat.
Die DDR war bis 1989 die heimliche Liebe von vielen sogenannten Linksliberalen gewesen, für die sie - "bei allen ihren Mängeln", das vergaß man nie zu hinzuzufügen - doch eben das "bessere Deutschland", den Fortschritt, den Frieden usw. verkörperte. Für Prantl tut sie das augenscheinlich noch immer.
Aber das ist noch nicht einmal das Kurioseste. Prantls seltsame Version von Liberalismus ist schließlich nichts Neues.
Wirklich kurios ist das, was der Internet- Version des Artikels beigesellt ist und was die SZ, da deren zuständiger Redakteur offenbar des Deutschen nicht so ganz mächtig ist, "User- Vote" nennt. Es wurden verschiedene Alternativen zur Nationalhymne zur Auswahl gestellt. Im Augenblick sieht, bei 2646 Abstimmenden, das Ergebnis so aus:
Aber daß es überhaupt mehr als tausend Menschen in Deutschland gibt, die allen Ernstes die Hymne einer kommunistischen Diktatur in die deutsche Nationalhymne einbauen wollen; und daß gerade einmal 27 Prozent mit unserer Nationalhymne einverstanden sind - das erscheint mir schon sehr kurios. Ich stelle mir vor, wie eine solche Abstimmung in Frankreich, in Großbritannien oder in den USA ausgegangen wäre.
Heribert Prantl, Chef des Innenressorts der "Süddeutschen Zeitung", in deren heutiger Ausgabe über die deutsche Nationalhymne.
Kommentar: Um mit dem Positiven zu beginnen: Immerhin macht sich Prantl Gedanken darüber, wie die Bundesrepublik ihren sechzigsten Verfassungstag begehen soll.
In anderen demokratischen Staaten wäre das ein Thema seit Wochen; in unserem Land, das seiner Geschichte so gleichgültig gegenübersteht wie kaum eines auf der Welt, konnte gestern in Jauchs "Wer wird Millionär?" allen Ernstes gefragt werden, was sich denn wohl am 23. Mai zum sechzigsten Mal jähre.
Auch das wäre vielleicht ein "Kurioses, kurz kommentiert" wert gewesen. Aber Prantls grandiose Idee geht doch mit großem Vorsprung durchs Ziel.
Die Hymne, die Prantl gern in unsere Nationalhymne einbauen möchte, "Auferstanden aus Ruinen", schrieb Johannes R. Becher im Jahr 1949. Seit 1923 war Becher Mitglied der KPD (er war es zuvor schon einmal kurz gewesen, aber wieder ausgetreten). Seit 1946 gehörte er dem Parteivorstand und seit 1949 dem ZK der SED an. Er wurde von den Sowjets mit dem Stalinpreis geehrt und war in der Ulbricht- Ära Kultusminister der DDR.
Das alles ist kein Grund, dem Lyriker Becher die Anerkennung zu verweigern, die er verdienen mag. Denn (siehe meinen gestrigen Artikel) in einem freiheitlichen Rechtsstaat darf es für den Umgang mit Kunst keine Rolle spielen, welche politische Haltung der Künstler hatte oder hat.
Aber hier geht es ja nicht um irgend ein lyrisches Werk, sondern um die Nationalhymne der DDR. Also um eines der zentralen Symbole eines Unrechtsstaats.
Wie in aller Welt kann Heribert Prantl auch nur erwägen, es mit der deutschen Nationalhymne zu einem Konglomerat zu verbinden?
Vielleicht hätte ja auch zwanzig Jahre nach dem Ende des Naziregimes jemand auf die Idee verfallen können, ein paar Zeilen aus dem Horst- Wessel- Lied in die Nationalhymne einzubauen; zwecks Versöhnung der Altnazis.
Denn diese Begründung liefert Prantl für seinen Geistesblitz:
Dem griechischen Ursprung des Wortes Hymne macht die Kombination alle Ehre: Hymnos leitet sich ab vom Wort für "nähen". Wenn die West- und die Ost- Strophe zusammengenäht werden, kann diese Hymne Einheit stiften und zum Ausdruck bringen, was vor zwanzig Jahren viele gern als Staatsziel in die Präambel des Grundgesetzes geschrieben hätten: "Das Bestreben, die innere Einheit Deutschlands zu vollenden."Die innere Einheit also glaubt Prantl dadurch vollenden zu können, daß man ein Symbol des kommunistischen Unrechtsstaats mit der Hymne unseres demokratischen Rechtststaats "zusammennäht".
Nicht die Einheit zwischen den Bürgern schwebt ihm offenbar vor, dem "Linksliberalen" Prantl - zwischen denen, die im Westen in Freiheit leben konnten und denjenigen, die von Becher und Genossen drangsaliert wurden -, sondern die Einheit von Demokratie und Kommunismus, von Recht und Unrecht.
Deutlicher kann Prantl es eigentlich nicht zum Ausdruck bringen, daß er in zwanzig Jahren nichts gelernt hat.
Die DDR war bis 1989 die heimliche Liebe von vielen sogenannten Linksliberalen gewesen, für die sie - "bei allen ihren Mängeln", das vergaß man nie zu hinzuzufügen - doch eben das "bessere Deutschland", den Fortschritt, den Frieden usw. verkörperte. Für Prantl tut sie das augenscheinlich noch immer.
Aber das ist noch nicht einmal das Kurioseste. Prantls seltsame Version von Liberalismus ist schließlich nichts Neues.
Wirklich kurios ist das, was der Internet- Version des Artikels beigesellt ist und was die SZ, da deren zuständiger Redakteur offenbar des Deutschen nicht so ganz mächtig ist, "User- Vote" nennt. Es wurden verschiedene Alternativen zur Nationalhymne zur Auswahl gestellt. Im Augenblick sieht, bei 2646 Abstimmenden, das Ergebnis so aus:
Was soll in Zukunft die deutsche Nationalhymne sein?Natürlich ist diese Abstimmung nicht repräsentativ für die Leser der SZ. Natürlich sind die Leser der SZ nicht repräsentativ für die Deutschen.Wie bisher die dritte Strophe des Deutschlandliedes: 27 Prozent Das Deutschlandlied und als zweite Strophe "Auferstanden aus Ruinen" aus der alten DDR-Hymne: 50 Prozent Die "Kinderhymne" von Bertolt Brecht: 12 Prozent Eine ganz neue Hymne: 4 Prozent Ist mir egal: 6 Prozent.
Aber daß es überhaupt mehr als tausend Menschen in Deutschland gibt, die allen Ernstes die Hymne einer kommunistischen Diktatur in die deutsche Nationalhymne einbauen wollen; und daß gerade einmal 27 Prozent mit unserer Nationalhymne einverstanden sind - das erscheint mir schon sehr kurios. Ich stelle mir vor, wie eine solche Abstimmung in Frankreich, in Großbritannien oder in den USA ausgegangen wäre.
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