Zu meinen Lieblingswitzen gehört ein jüdischer Witz, den Freud erzählt hat. Ein Mann leiht einem anderen einen Krug, und als er ihn zurückbekommt, ist ein Loch drin. Zur Rede gestellt, verteidigt sich der Entleiher: In dem Krug sei gar kein Loch. Das Loch sei außerdem schon drin gewesen, als er den Krug entlieh. Und er hätte den Krug gar nicht entliehen.
Jede der drei Behauptungen kann den Entleiher vielleicht entlasten. Aber zusammen tun sie es nicht.
Freud benutzte das als Illustration dafür, daß das Unbewußte keine logischen Widersprüche kennt. Mir ist der Witz eingefallen, als ich in "Stern.de" einen von Manuela Pfohl verfaßten Kommentar gelesen habe.
An sich wäre ein Kommentar von Manuela Pfohl nicht unbedingt wert, seinerseits kommentiert zu werden. Aber was sie schreibt, illustriert nicht nur trefflich das, was auch Freuds Witz illustrieren sollte, sondern es scheint mir auch repräsentativ für die seltsame Sympathie zu sein, deren sich der Ministerpräsident Erdogan neuerdings bei einem Teil der deutschen Journalistik erfreut.
Seit seinen beiden Auftritten in Berlin und in Köln genießt Erdogan diese Sympathie. Sei es, wenn es um seinen Vorschlag geht, in Deutschland türkische Universitäten zu gründen, sei es bei seiner Bezeichnung der Assimilation als, je nach Übersetzung, "Schande für die Menschheit" oder "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Mit dieser Ablehnung der Assimilation befaßt sich die Kommentatorin Pfohl, die sich dabei in launiger Weise an den "Deutschen Michel" wendet; offenbar sieht sie bei diesem Belehrungsbedarf.
Belehrungsbedarf, weil es in der deutschen Öffentlichkeit Empörung darüber gibt, daß Erdogan das Bestreben von türkischen Einwanderern, sich an ihre neue Heimat Deutschland anzupassen, als Schande für die Menschheit oder als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet hat.
Nichts da, meint die Kommentatorin Pfohl:
Vielleicht ist Frau Pfohl entgangen, daß die öffentliche Empörung sich ja keineswegs gegen Türken richtete, die das tun, sondern dagegen, daß Erdogan denjenigen Einwanderern, die sich assimilieren wollen, Schande oder Verbrechen vorgeworfen hat. "Warnen" nennt sie das, die Kommentatorin Pfohl.
Wie auch immer, in dem Krug ist, so will uns Frau Pfohl sagen, gar kein Loch. Wenn die Deutschen türkischer Abstammung es ablehnen, sich zu assimilieren, dann ist das aus ihrer Sicht in Ordnung.
Kann man so sehen, von mir aus. Nur: Dies gesagt, erklärt uns Frau Pohl, wie das Loch in den Krug gekommen ist. Nachdem sie geschrieben hat, daß es gar kein Problem gibt, sagt sie uns jetzt, wer an diesem Problem schuld ist.
Wer? Elementary, my dear Watson: "...so lange Türken wegen ihrer grundgesetzlich zugesicherten Religionsausübung misstrauisch beäugt oder gar kriminalisiert werden (...), muss das gemeinsame Projekt scheitern. Nur bitteschön - daran sind dann nicht die Türken schuld!"
Sie werden wegen ihrer Religionsausübung kriminalisiert, Türken in Deutschland, behauptet unsere Kommentatorin. Und deshalb - unter anderem deshalb - besteht die Gefahr, daß "das gemeinsame Projekt scheitert".
Das ist fast noch beeindruckender, als lediglich die Anpassung von Einwanderern an ihre neue Heimat als Schande oder Verbrechen zu bezeichnen. Darauf ist noch nicht einmal der Ministerpräsident Erdogan gekommen.
Jede der drei Behauptungen kann den Entleiher vielleicht entlasten. Aber zusammen tun sie es nicht.
Freud benutzte das als Illustration dafür, daß das Unbewußte keine logischen Widersprüche kennt. Mir ist der Witz eingefallen, als ich in "Stern.de" einen von Manuela Pfohl verfaßten Kommentar gelesen habe.
An sich wäre ein Kommentar von Manuela Pfohl nicht unbedingt wert, seinerseits kommentiert zu werden. Aber was sie schreibt, illustriert nicht nur trefflich das, was auch Freuds Witz illustrieren sollte, sondern es scheint mir auch repräsentativ für die seltsame Sympathie zu sein, deren sich der Ministerpräsident Erdogan neuerdings bei einem Teil der deutschen Journalistik erfreut.
Seit seinen beiden Auftritten in Berlin und in Köln genießt Erdogan diese Sympathie. Sei es, wenn es um seinen Vorschlag geht, in Deutschland türkische Universitäten zu gründen, sei es bei seiner Bezeichnung der Assimilation als, je nach Übersetzung, "Schande für die Menschheit" oder "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Mit dieser Ablehnung der Assimilation befaßt sich die Kommentatorin Pfohl, die sich dabei in launiger Weise an den "Deutschen Michel" wendet; offenbar sieht sie bei diesem Belehrungsbedarf.
Belehrungsbedarf, weil es in der deutschen Öffentlichkeit Empörung darüber gibt, daß Erdogan das Bestreben von türkischen Einwanderern, sich an ihre neue Heimat Deutschland anzupassen, als Schande für die Menschheit oder als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet hat.
Nichts da, meint die Kommentatorin Pfohl:
Wieder eine Integrationsdebatte und wieder nichts als Polemik! Und warum das alles? Weil der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Landsleute in der Bundesrepublik zwar zur Integration aufruft, gleichzeitig aber vor Assimilation warnt.Was sei denn falsch daran, fragt unsere Kommentatorin weiter, "wenn die Türken in der Bundesrepublik ihre kulturelle Identität bewahren, sich ihrer Herkunft bewusst und auf die Leistungen ihres Volkes stolz sind?"
Vielleicht ist Frau Pfohl entgangen, daß die öffentliche Empörung sich ja keineswegs gegen Türken richtete, die das tun, sondern dagegen, daß Erdogan denjenigen Einwanderern, die sich assimilieren wollen, Schande oder Verbrechen vorgeworfen hat. "Warnen" nennt sie das, die Kommentatorin Pfohl.
Wie auch immer, in dem Krug ist, so will uns Frau Pfohl sagen, gar kein Loch. Wenn die Deutschen türkischer Abstammung es ablehnen, sich zu assimilieren, dann ist das aus ihrer Sicht in Ordnung.
Kann man so sehen, von mir aus. Nur: Dies gesagt, erklärt uns Frau Pohl, wie das Loch in den Krug gekommen ist. Nachdem sie geschrieben hat, daß es gar kein Problem gibt, sagt sie uns jetzt, wer an diesem Problem schuld ist.
Wer? Elementary, my dear Watson: "...so lange Türken wegen ihrer grundgesetzlich zugesicherten Religionsausübung misstrauisch beäugt oder gar kriminalisiert werden (...), muss das gemeinsame Projekt scheitern. Nur bitteschön - daran sind dann nicht die Türken schuld!"
Sie werden wegen ihrer Religionsausübung kriminalisiert, Türken in Deutschland, behauptet unsere Kommentatorin. Und deshalb - unter anderem deshalb - besteht die Gefahr, daß "das gemeinsame Projekt scheitert".
Das ist fast noch beeindruckender, als lediglich die Anpassung von Einwanderern an ihre neue Heimat als Schande oder Verbrechen zu bezeichnen. Darauf ist noch nicht einmal der Ministerpräsident Erdogan gekommen.
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