4. Juni 2007

Randbemerkung: Wer ist der einzige reine Demokrat auf der ganzen Welt?

In der Washington Post kann man die Antwort lesen:
Russia's President Vladimir Putin has described himself as the world's only "pure" democrat (...). Asked whether he agreed with former German Chancellor Gerhard Schroeder's description of him as an "impeccable democrat," Putin replied laughing: "Of course I am an absolute, pure democrat. But you know the problem? It's not even a problem, it's a real tragedy. The thing is that I am the only one, there just aren't any others in the world."

Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich als den einzigen "reinen" Demokraten der Welt bezeichnet. (...) Auf die Frage, ob er der Kennzeichnung des früheren deutschen Kanzlers Schröder zustimme, daß er ein "lupenreiner Demokrat" sei, antwortete Putin lachend: "Natürlich bin ich ein absoluter, reiner Demokrat. Aber wissen Sie, was das Problem ist? Es ist noch nicht einmal ein Problem, es ist eine Tragödie. Die Sache ist die, daß ich der einzige bin, und sonst gibt es keine auf der Welt."
Und damit auch niemandem der Hohn entging, fügte Putin hinzu: "After the death of Mahatma Gandhi there's nobody to talk to" - nach dem Tod Mahatma Ghandis gebe es niemandem mehr für ein Gespräch.



Erst am Wochenende hatte Putin eine, wie der Telegraph schreibt, "gruselige" Botschaft an Westeuropa geschickt:
President Vladimir Putin has sent a chilling message to world leaders on the eve of the G8 summit with a threat to aim Russian nuclear missiles at European cities for the first time since the Cold War. Vladimir Putin acknowledged that targeting Europe would escalate an arms race he says has already begun. (...) The president refused to be drawn on which European cities could be targeted. "It is up to our military to define these targets, in addition to defining the choice between ballistic and cruise missiles," he said. "But this is just a technical aspect."

Präsident Putin hat am Vorabend des G8-Gipfels eine gruselige Botschaft an die Führer der Welt gerichtet. Er hat gedroht, zum ersten Mal seit dem dem Kalten Krieg wieder mit Atomraketen auf europäische Städte zu zielen. Wladimir Putin räumte ein, daß das Anzielen Europas ein Wettrüsten anheizen würde, das nach seinen Worten bereits begonnen habe. (...) Der Präsident weigerte sich, sich darauf festlegen zu lassen, welche europäische Städte die Ziele sein werden. "Es ist Sache unseres Militärs, diese Ziele festzulegen, wie auch die Wahl zwischen ballistischen Raketen und Marschflugkörpern zu treffen" erklärte er. "Aber das ist nur eine technische Frage".



Was soll das?

Zum einen ist es natürlich Ausdruck der strategischen Veränderung, die mit dem Wahlsieg Sarkozys einhergeht.

Vor ein paar Jahren - am deutlichsten 2003, zur Zeit des Irak- Kriegs - konnte Putin hoffen, mit Schröder und Chirac einen Dreibund gegen die USA zu schließen. Folglich hofierte er Westeuropa. Der liebe Putin, der sich mit seiner Gattin von den Schröders einladen läßt, der große Freund Deutschlands - das war damals das Bild, das die russische Propaganda aufbaute.

Als Angela Merkel Kanzlerin wurde, brach ein Pfeiler dieser Konstruktion weg. Mit dem Sieg Sarkozys über Royal ist jetzt das ganze Gebäude zusammengebrochen.

Da Putin vorerst keinen Einfluß mehr auf Westeuropa nehmen kann, geht es ihm jetzt darum, den russischen Einfluß auf Osteuropa zu sichern.

Dessen Staaten können dem Himmel danken, daß sie größtenteils rechtzeitig der EU und der NATO beitreten konnten. Damit sind sie einigermaßen in Sicherheit vor dem Versuch, das russische Kolonialreich wiederherzustellen.

Aber eben nur einigermaßen. Wenn die Westeuropäer genügend Angst vor russischen Raketen bekommen - so dürfte Putins Kalkül sein -, dann werden sie Erpressungen osteuropäischer Länder durch Rußland tatenlos zusehen. Die ja im Gang sind; siehe Estland, siehe die Ukraine.



Und zweitens bin ich mehr denn je davon überzeugt, daß Putin versuchen wird, entgegen der russischen Verfassung weiter Präsident zu bleiben.

Dazu braucht er internationale Spannungen. Dazu muß er die Russen davon überzeugen, daß sie in gefährlichen Zeiten nicht auf ihren Großen Zaren Putin verzichten können.