4. Oktober 2022

Das Erbe Merkel: Die Inflation und die Verarmung

Inflation ist nichts neues: Schon die Römer hatten den Effekt, dass das Geld in jedem neuen Jahr weniger Wert war, als im vorherigen. Und durch die Geschichte war Inflation die Regel und nicht die Ausnahme. Auch wenn Ökonomen (vor allem linke) inzwischen über die Ursachen von Inflation zu streiten suchen (warum nur?), so war es historisch immer die Ausweitung der Geldmenge, die zwangsnotwendig zur Entwertung des Geldes führte und da Geldmengen eigentlich immer staatlicherseits erweitert wurden, war die Inflation nie weit weg.

In einem gewissen Maße ist das nicht dramatisch. Eine jährliche Inflation von weniger als drei Prozent gilt gemeinhin als undramatisch, vor allem weil es sich im Wesentlichen um eine rein nominelle Inflation handelt: Die Preise steigen um drei Prozent, aber die Löhne steigen in aller Regel in der selben Größenordnung, so das Inflation eigentlich nur diejenigen betrifft, die größere Barvermögen besitzen, mithin ist Inflation eine übersichtliche Form der Vermögenssteuer (die allerdings schon beim ganz kleinen Mann beginnt), der Staat knabbert an allen (Bar)Geldvermögen ein bissel was weg. Oder anders gesagt: Durch Inflation wird erst einmal kaum jemand so richtig ärmer, ein oder zwei Punkte Mehrwertsteuer haben vermutlich für die meisten Leute den selben Effekt. 

Was wir aber in diesem Jahr erleben ist eine Inflation im zweistelligen Bereich. Durch die nicht ganz so gut getarnte Täuschung über die Warenkörbe haben wir derzeit eine offizielle Inflation von 8,x Prozent, real sind wir eher bei 12, wenn wir uns rein auf Lebensmittel oder Energie fixieren sogar noch etwas mehr. Und -wichtiger Punkt- ein Ende ist erst einmal nicht abzusehen. Es sind ja nicht einmalig 12 Prozent, die verloren gehen, es ist eher ein Prozent, dass pro Monat verloren geht. 

Für die Besitzer von Barvermögen ist das inzwischen katastrophal, das Geld hat seine Sicherungsfunktion verloren und entsprechend groß ist der Druck, es möglichst schnell sicher zu investieren. Was seine eigenen Probleme mit sich bringt, aber das soll hier nicht das Thema sein. 

Was es aber auch bewirkt ist erst einmal ein nominaler Verlust bei den Löhnen. Und hier passiert das Problem (und damit sind wir beim Thema dieses Beitrages): Die IG Metall, in langjähriger Tradition, sieht auch die Inflation. Und wie sie es seit Jahrzehnten gewohnt ist, fordert sie für ihre Beschäftigten wenigstens(!) einen Inflationsausgleich. Aber hier passiert das Dumme: Das Geld ist nicht da. Denn die Industrie verdient eben nicht die 8,x Prozent mehr, die die Inflation suggeriert (von mehr gar nicht angefangen). Die Industrie, zumindest in Deutschland, hat das Erbe der Energiewende vor der Brust. D.h. sie haben massive Preissteigerungen im Einkauf von Rohstoffen und Energie, verdienen aber gleichzeitig praktisch nicht mehr als vorher. Denn international kann man eben nicht mal eben die Preise um 12 Prozent anheben. Die Arbeitsproduktivität steigt aber eben auch nicht um 12 Prozent an (vielleicht um ein oder zwei, wenn man die Sache geschickt macht).

Und damit kommt es zu dem Effekt, dass die Industrie vielfach nicht mehr produzieren kann, weil es sich schlicht nicht lohnt (den Seitenhieb Richtung Habeck sei an dieser Stelle dem Leser zur Übung überlassen). Was am Ende zu großen Entlassungswellen führen muss. Die IG Metall ist somit in der extrem undankbaren Aufgabe entweder damit zu leben, dass viele ihrer Mitglieder ihren Job verlieren oder eben auf die Lohnerhöhung verzichtet wird, und somit die Löhne, durch die Inflation bedingt, real kräftig sinken.

Anders gesagt: Die Leute verarmen (oder verlieren ihren relativen Reichtum, je nach Perspektive). Entweder durch Jobverlust oder durch Kaufkraftverlust.

Jetzt kann man natürlich (und die Bundesregierung ist stark bemüht genau das zu tun) das Ganze Putin in die Schuhe schieben. Aber das ist nur zu einem minimalen Anteil richtig: Korrekt ist, dass der Energiepreis durch den Ukraine Krieg noch einmal angestiegen ist, ebenso korrekt ist aber, das er bereits vor dem Krieg in Deutschland Rekordniveau hatte, noch anstieg und die Inflation ebenso bereits vorher im zweistelligen Bereich lag (was man nur eben noch nicht sah, weil es sich erst durch Assets ankündigte und noch nicht "auf der Straße" angekommen war).

Am Ende ist das, was Deutschland derzeit einholt, die Geld- und Energiepolitik der letzten 20 Jahre. Die Energiewende hat für Rekordpreise für Energie geführt, während die Geldpolitik (so man das wirklich so nennen will), eine gewaltige, verdeckt Inflation gefördert hat, die nun so richtig ausbricht. Ein großes Problem besteht darin, dass der deutsche Staat kein Instrumentarium hat, etwas dagegen zu tun, denn der Schaden ist schon angerichtet. Das Geld ist weg, bzw. es ist gedruckt, und der Djinn geht nicht in die Flasche zurück. 

Die daraus resultierende Rezession ist eigentlich eine Rezession der letzten Jahre. Schon seit mehreren Jahren liegt in Deutschland der Konsum in Form von Kreditaufnahme und Sozialtransfers über der Wirtschaftsleitung. Nur hat es die Regierung geschafft das ganze mit einer (nicht ganz ungeschickten) Konstruktion über Zinsdiktat und Gelddrucken eine Weile zu verdecken. Nun bricht sich analog zu einem Tsunami die Welle im Hafen: Was jahrelang unter der Oberfläche lief, bricht sich nun in deutlich kürzerer Zeit die Welle. 

Sucht man für all das aber die Schuld, so muss man die akute Regierung vielleicht etwas (aber nur etwas) in Schutz nehmen. Sie will das falsche, aber angerichtet haben die Misere am Ende Merkel und ihre Helfer. Nur das es ihr eben nicht während ihrer Amtszeit auf die Füße fiel. Und wenn die junge Generation, damit meine ich vor allem die, die jetzt gerade erwachsen werden oder geworden sind, voll vor dieser Misere steht: Ihr könnt Euch bei euren Eltern bedanken. Denn die haben das so gewählt. 
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Llarian

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