20. September 2022

Anmerkungen zur Energiewende (4): Der kleine Wurf

Nachdem wir die Energiewende an sich, die Stromerzeugung und die Speicherung angesprochen haben, ist es nun Zeit dafür die ersten Rechnungen vorzulegen. Das will ich mit diesem Beitrag tun. Diese Rechnung ist extrem vereinfacht, sie geht von konstantem Stromverbrauch aus (was nicht ganz richtig ist, aber eine zulässige und durchaus auch begründbare Annahme), sie geht von unendlichen Ressourcen aus (vor allem Land- und Gasspeicher), sie geht von irren finanziellen Möglichkeiten aus und vor allem davon, dass sich Wind- und Solarkraftwerke linear skalieren lassen. Letzteres ist die schwächste Annahme, da man nicht einfach fünfmal so viele Windräder bauen kann und dann fünfmal soviel Strom hat. Standorte sind bei Windkraft von essentieller Bedeutung. Da wir aber eine untere Abschätzung machen, nehmen wir diese Annahme hier mithin auf.

Bevor ich zu den ersten Ergebnissen komme, möchte ich mich explizit bei vielen Zimmerleuten bedanken für ihren Input und ihre Vorschläge. Die Diskussion hat mir sehr viel weiter geholfen.

So, genug geredet, was habe ich hier eigentlich gerechnet? Meine Software (die auf den schönen Namen Habock hört) hat als Basisdaten die in den vorigen Beiträgen diskutierte Kostenstruktur für den Bau von Windrädern, Solaranlagen, Speicherkraftwerken, sowie deren Wirkungsgrade erhalten. Außerdem verwende ich Stromerzeugungsdaten aus dem Jahr 2020, die als skalierbare Basis für Windkraft und Solarkraft dienen. Habock skaliert die erzeugte Wind- bzw. Solarenergie mit einem parametrierten Faktor, um die aktuelle Stromerzeugung, rein durch "erneuerbare" Energien, zu berechnen. Der Faktor steht somit für den notwendigen Zubau an weiteren Anlagen. Ebenso gibt es drei Parameter für die Menge an Akkus, an Pumpspeicherkraftwerken und an Erzeugern für Methan. Letztere sind, das wird man im weiteren sehen, extrem entscheidend. Das erzeugte Methan wird unterirdisch in den bereits existierenden Gasspeichern eingelagert, Verluste dabei werden erst einmal ignoriert. 
Habock geht in der Simulation davon aus, dass zunächst der erzeugte Strom an die Verbraucher weitergegeben wird und alle exzessiven Mengen zunächst in Akkus, dann in Pumpspeicherwerken, und wenn dann noch etwas übrig ist, in Form von Methan, gespeichert wird. Ist zu wenig Strom da, wird dieser zunächst aus den Akkus entnommen, dann aus den PSK und zum Schluß aus Methan. Ist kein Methan mehr übrig, erfolgt unweigerlich der Blackout. 

Auf der Basis lassen sich nun unterschiedliche Szenarien simulieren. Beispielsweise kann man die Menge an erneuerbaren Energien verdreifachen (was ja die Bundesregierung will, dann ist ja alles tipi-topi, zumindest wenn es nach den Grünen geht) und die konventionellen Kraftwerke abstellen. Das führt, keine wirkliche Überraschung, noch am selben Tag zum Blackout. Das gilt übrigens auch bei einer Verzwanzigfachung des Kraftwerkparks. Das ist simpel zu sehen, die erste Flaute in der Nacht, ohne Speicherung, führt sofort zum Blackout. Also braucht man Speicher. Dafür muss man Geld ausgeben. Und nicht zu knapp. 
(Kurze Anmerkung: Hier ist es wichtig zu verstehen, dass der einzige(!) Grund, warum die Energiewende bisher zu keinem Blackout geführt hat, darin besteht, dass die konventionellen Kraftwerke den eigentlichen Speicher für die "Erneuerbaren" darstellen. Bis dato sind in Deutschland keine nennenswerten Speicher gebaut worden, das ganze funktioniert derzeit NUR durch parasitäres Abschöpfen bei den konventionellen Anbietern.)

In einer ersten Simulation habe ich dann 100 Milliarden Euro für Speichertechnik eingegeben. Selbst bei einer Verachtfachung der Kraftwerke führt das zum Blackout (wenn auch erst nach Monaten, nämlich genau dann wenn im Sommer längere Flauten entstehen). Erst als ich 250 Milliarden Euro für Speichertechnik eingeben habe, habe ich das erste mal ein stabiles Szenario erhalten, das das Ganze Jahr Strom zur Verfügung stellte. In diesem Szenario ist die Menge aller Kraftwerke verachtfacht und die Gesamtkosten für die Installation des Kraftwerks- und Speicherparks liegt bei etwa 1,2 Billionen Euro (vor der aktuellen Merkel-Inflation): 


Interessanterweise(?) ist diese Summe ein vergleichsweise guter Sweet Spot, denn unter der Annahme, dass eine Verachtfachung der Kraftwerke doch etwas Probleme geben könnte, habe ich versucht ein Szenario zu finden, dass mit einer Verfünffachung auskommt. Und siehe da: Ich fand auch eins, allerdings mit deutlich höheren Kosten für Speichertechnik, die ungefähr die Kosten für die Kraftwerke substituiert hat. 

Weil das immer noch unbefriedigend war, habe ich Habock dann dahingehend erweitert die Speicherstruktur zu optimieren (d.h. das Geld zwischen Akkus, PSKs und Methanerzeugern optimal zu verteilen). Das führte zum einen zu geringeren Gesamtkosten, aber auch zu dem interessanten wie wichtigen Ergebnis, dass die Methanspeicherung der essentielle Speicher schlechthin ist und für die Energiewende am wichtigsten. Habock veranschlagt von allen Speicherausgaben fast immer 90% (und mehr) der Investitionskosten bei der Methanerzeugung. Was man sich auch selber überlegen kann, wenn man sich die Winderzeugungskurve ansieht und die schiere Menge von tagelangen Dunkelflauten. Man kann es auch anders formulieren: Die langen Dunkelflauten erzwingen(!) notwendigerweise eine große Menge an Methanumwandlungsleistung. Wenn nun aber kürzere Dunkelflauten ("Stunden") auftreten, die eigentlich "ideal" für Pumpspeicherkraftwerke wären, so lohnt sich die Investition deshalb nicht, weil die Methanumwandler ohnehin schon da sind. Der Kostenvorteil von Pumpspeicherwerken gegenüber Methanerzeugern ist so gering, dass es sich nicht lohnt solche zu bauen, der geringe Vorteil wird von den Invesitionskosten schlicht überdeckt. 




Ich kann nicht behaupten das Optimum gefunden zu haben (das würde wesentlich länger dauern) und man soll eine Simulation auch nicht überfordern, wie das die Klimalarmisten tun, indem sie Großrechner für Monate auf Parametern rechnen lassen, die sie selber nur auf zehn Prozent genau schätzen können. Habock ist kaum in der Lage die Energiewende auf die Million zu berechnen, aber die Größenordnung ist mit aller Sicherheit korrekt. Die Investitionskosten für die elektrische Energiewende würden bei den meisten Szenarien, die ich berechnet habe und nicht zu einem Blackout führten, bei etwa einer bis 1,2 Billionen Euro liegen. Bei den verwendeten Anlagen muss man für Pflege und Kapitalkosten, Wartung und Ersatz pro Jahr etwa 10 Prozent der Summe veranschlagen, mithin also etwa 100 bis 120 Milliarden Euro. 

Zusammen mit einer ausgelieferten Strommenge von 550 TWh kommt man damit auf eine Untergrenze für den Gestehungspreis von 22 Cent pro Kilowattstunde. Und bevor jetzt alle aufatmen, das ist eine reine Untergrenze(!) des Gestehungspreises. Da ist kein Cent Steuern drauf, kein Cent für Netzbetreiber, kein Cent für Transport, das ist der reine, minimale Gestehungspreis, ohne die Kosten für Gasspeicherung, Gasturbinen, Transport und Verkauf. 

Auch hier ist eine wichtige, erklärende Anmerkung wichtig: Wie wir vorher gesehen haben, argumentieren Strommüller gerne mit angeblichen Gestehungskosten von 4-6 Cent pro Kilowattstunde. Wie komme ich jetzt auf die 22 Cent? Der Grund liegt in der Speicherung. Der Strommüller muss nichts für Speicherung bezahlen (weil er sich parasitär an andere dran hängt), einer muss aber die Speicherung bezahlen. Und diese ist aus zwei Gründen so teuer: Zum einen müssten die Aggregate bereit gehalten werden, zum anderen wird, beispielsweise im letzten angesprochenen Szenario eine gewaltige Menge von 362 TWh schlicht "weggeworfen", weil sich eine Speicherung nicht lohnt (sprich: Der Investitionsaufwand übersteigt den Nutzen). Somit sind von 10 erzeugten Kilowattstunden an einer WKA gerademal gut sechs überhaupt nutzbar und von diesen sechs muss ein guter Teil gespeichert werden, weil er erst später gebraucht wird. Und die Speicherinfrastruktur kostet massiv Geld. 

Real würde eine Kilowattstunde selbst unter günstigen Annahmen nicht unter 50 Cent im Verkauf kosten, selbst ohne steuerliche Belastung. Dieser Preis ist für einen großen Teil der Industrie nicht zu leisten. Um nur aus meiner Sparte zu sprechen: Ein Elektrostahlwerk kann mit dem Preis nicht im Ansatz betrieben werden, eine Aluminiumhütte schon mal gar nicht, Kupfer, Glas, Beton, alles vorbei. 

Häusliche Verbraucher können sich das vielleicht irgendwie leisten (und spucken auch Blut dabei), aber für die Industrie ist das das endgültige Ende. 

Im nächsten Teil möchte ich einen Blick auf die Verkehrswende und Wärmewende werfen, die ja auch noch nicht diskutiert sind, bzw. noch ein bischen mehr dunkle Schatten werfen werden. 
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Llarian

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