21. Juli 2021

Streiflicht: Der erste gute Vorschlag.

Ein schönes, urdeutsches (und wahnsinnig langweiliges) Ritual ist es immer wieder, wenn nach Extremereignissen die Politiker aus ihrem Winterschlaf (okay, Sommerruhe) kommen und Vorschläge machen. Gerne auch solche, die am Ende mit dem Ereignis nur am Rande zu tun haben, aber vor allem ihrer politischen Richtung Wind geben.

­Die diversen Klimaschutzmaßnahmen sind ein Beispiel dafür. Die Flut hat nix dem Klimawandel zu tun, aber man muss ja sein Schäfchen jetzt ins Trockene bringen (no pun intended), es gibt aber auch durchaus noch einige mehr: Beispielsweise wenn jetzt jemand auf die Idee kommt, die Elementarversicherung für Gebäude zur Pflicht zu erklären. Was zum einen natürlich ein sehr schönes Konjunkturprogramm für die Versicherungswirtschaft ist, zum anderen eine sehr schöne Umverteilung von Leuten, die in "sicheren" Wohnlagen ihre Grundstücke gekauft haben, an solche, die die diversen Auen besiedelt haben (was, bei aller Liebe, ihre eigene Entscheidung war). Der dritte will Geld für Sirenen haben, wobei man natürlich fragen muss, ob das wirklich zum akuten Beispiel passt, wo man eigentlich Tage hatte, um die Bevölkerung zu warnen und Sirenen ja eigentlich eher dazu dienen, vor Gefahren zu warnen, die sich innerhalb von Minuten ergeben. Falsch ist es vermutlich nicht, aber das Beispiel ist schlecht gewählt. Wieder andere möchten gerne den Katastrophenschutz jetzt generell zentralisieren (Wann ist in Deutschland etwas durch Zentralisierung eigentlich besser geworden?) und natürlich fehlt auch der übliche Ruf nach mehr Digitalisisierung nicht in der Debatte.

Alles ziemlicher Klumpatsch, mehr oder weniger in ihren Kontexten sinnvoll, aber nicht unbedingt Dinge, die an der akuten Flut etwas getan hätten. Aber gestern ist mir eines Ausnahme begegnet, die ich so besonders fand, dass ich mir erlaube sie in einem Streiflicht zu erwähnen. Sie stammt von Friedrich Merz. Dieser schlug vor zerstörte Gebäude nicht an Ort und Stelle wieder zu errichten, sondern in sichereren Lagen und gefährdete Flächen demnächst frei zu lassen. Das ist so simpel, wie es richtig ist. Es ist auch keine Parteipolitik, es ist sicher nichts, was Merz "schon immer" haben wollte, es ist schlicht nachgedacht. Und das ist schon so etwas seltenes geworden, dass man es herausstellen muss. Er hat kein Geld verlangt, keine Gesetze gefordert, kein staatliches Handeln suggeriert, er hat einfach etwas möglicherweise triviales, aber richtiges zum Thema gesagt.

Ohne zu philosophisch zu werden, aber ist es nicht erstaunlich, dass die (bis dato) einzig kluge (wenn auch fast trivial simple) Äußerung von einem Bundespolitiker (ja, mit etwas Salz, ich weiß, dass er derzeit kein Amt ausübt) aus der zweiten Reihe kommt, der mit der Flut selber nichts zu tun hat? 

Llarian

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