31. März 2021

Béla Balázs, "Das Buch des Wan-Hu-Tschen" (1921)



(Béla Balázs)

Liu-Tschang ist eine reiche Stadt. In dieser lebte einmal ein armer Mensch namens Wan-Hu-Tschen. Seine Eltern hatten ihm ziemlich viel Geld hinterlassen und auch seine Verwandten waren vermögende Leute. Aber Wan-Hu-Tschan liebte keine ehrliche Arbeit; weder wollte er Handel treiben auf den Barken mit den Drachensegeln, noch hatte er Lust zur Seidenweberei. Stets befaßte er sich mit gelehrten Büchern, denn er wollte die Staatsprüfungen ablegen, um Beamter zu werden. Aber Wan-hu-Tschan war dumm. Nicht einmal den ersten Tschin-Grad mochte er zu erreichen. So verarmte er allmählich, und darum verstießen ihn auch seine Verwandten, ja sie machten sich auch noch lustig über ihn. Das ist es, was wir von Wan-Hu-Tschan wissen müssen.

Li-Fan war die Tochter des Staathalters, deren Lilienwangen das Herz Wan-Hu-Tschans zur Liebe entflammt hatten.

Doch auch Li-Fan lachte nur über ihn. Der Staathalter aber fing einen Brief des Wan-Hu-Tschen auf, der also lautete:

"O, mein Lieb, wie bist du mir so ferne,
Fern bist du mir, wie meinem Zimmer der Mond,
Dein weißes Bild zittert am Grunde meines Herzens.
So wie der Mond auf meines Zimmers Boden."

Da ließ der Statthalter den armen, dummen und arbeitsscheuen Freier aus seinem Hause werfen.

29. März 2021

Immer Ärger mit Joe

Der eine oder andere Leser mag sich an die Klamotte "Immer Ärger mit Bernie" erinnern, die vor knapp 30 Jahren in die Kinos kam und dort ganz anständigen Erfolg feierte. Der Plot war vergleichsweise simpel wie grotesk: Zwei Verlierer geraten in einen Strudel mit der Mafia, ihr Boss "Bernie"(ein Verbrecher) wird von eben dieser umgebracht und die beiden haben das Problem, dass sie den Anschein erwecken müssen, dass Bernie noch am Leben ist, um selber vor der Mafia zu entkommen. Deswegen unternehmen sie allerhand mit der Leiche und versuchen möglichst vielen Leuten zu verkaufen, dass Bernie noch sehr lebendig ist. 

28. März 2021

"Vom Maler, der im Bild verschwindet": Drei deutsche Echos einer Legende, um 1930





(Ernst Bloch in jüngeren Jahren)

In der deutschen Literatur um 1930 finden sich mehrere Erwähnungen - oder Ausarbeitungen der chinesischen Künstlerlegende vom - nicht genannten - Maler, der diese Welt verläßt, indem er das letzte von ihm geschaffene Gemälde betritt und sich darin verliert. In dieser Folge unserer lockeren Umkreisung dieses Topos, dieses Motivs, sollen drei Beispiele aus dieser Zeit angeführt werden, die mehr eint, als es auf den ersten Blick scheinen könnte. Zum einen bleibt in allen drei Texten der Verweis seltsam unkonkret, als könnte man die Anekdote als allgemein bekannt voraussetzen; darüber hinaus stehen sie im Kontext einer rein assoziativen Auslotung einer Motivkette, denen ihre Verfasser nachspüren: ein tastendes Umkreisen von Anklängen, von Erinnerungen, die wachgerufen werden: kein analytisches, sondern ein impressionisches Verfahren.

Beide Autoren erwähnen nicht, auf welche Quelle die Anekdote, die sie erzählen, zurückgeht. Das soll im nächsten Teil meiner kleinen Folge nachgeholt werden: es handelt sich tatsächlich um eine genuine chinesische Künstlerlegende, und sie ist mit einem konkreten Namen verbunden - auch wenn sie nicht über die wachsende Bekanntschaft mit der chinesischen Kultur, sondern mit der Japans in den 1890er Jahren nach Europa gelangt ist. Aber für eine solche Anekdote ist es belanglos, mit welchem Namen, welchem Auslöser sie verknüpft ist: es sind "Wandersagen." Die Geschichte von Ei des Kolumbus findet sich bereits in identischer Form in den Künstlerviten von Giorgio Vasari: dort wird die Lösung der Aufgabe, ein Ei "auf die Spitze zu stellen," Filippo Brunelleschi anläßlich des Entwurfs der Kuppel für den Dom von Florenz zugeschrieben.

26. März 2021

Das Corona-Desaster 6.5: The Chaostruppe Formerly Known As "Bundesregierung"





In den Büchern Kurt Tucholskys, zumal in der chronologisch sortierten Werksausgabe, fallen immer wieder die kleinen Sammlungen "unfrisierter Gedanken" (©Stanislaw Jercy Lec) auf, launische Aperçus zu Politik, Zeitläuften und der krummen menschlichen Natur, die unter dem wiederkehrenden Titel "Schnipsel" gesammelt sind. Zumeist in der "Weltbühne" Carl von Ossietzkys erschienen und ganz dem Geist der Sudelbücher Lichtenbergs verpflichtet, dürften sie zum Bleibendsten und Prägnantesten zählen, was der feurige linke Streiter, in all seiner Widersprüchlichkeit, hinterlassen hat - auch wenn sie so oft Einspruch herausfordern: "Alles ist richtig - auch das Gegenteil. Nur: Zwar - aber... Das ist NIE richtig." ("Weltbühne," 30. Dezember 1930) Drei kategorische Fehler in zwölf Worten - das muß man auch erst einmal hinkriegen.

Aber man kennt als Leser den Ton, den Gestus, und man erwartet, dort Sentenzen zu finden, die man vergeblich suchen wird, die aber dort vollendet am Platz wären. Nicht wenige apokryphe Zitate sind ja Voltaire, Friedrich dem Großen oder Konrad Adenauer ("Wat kehrt mich ming Jeschwätz von gestern?") auf diese Weise zugewachsen. Und bei "Tucho" erwarte ich fast, beim nächsten Durchblättern auf das Urteil zu stoßen: "Ihr glaubt, daß in der Politik entschieden wird, daß sie im Keller Kegel schieben, und wer als letzter danebenwirft, darf einen Zettel aus dem Zylinderhut ziehen? Ihr Ahnungslosen. Es ist alles noch viel schlimmer."

25. März 2021

Paul Ernst, "Das alte Bild" (1916)





(Schloß Darfeld, Münsterland. Eigenes Photo)

Ein junger Mann saß allein im Wohnzimmer seiner Eltern. Niemand außer ihm war im Hause; die Eltern, Geschwister, Freunde machten eine Vergnügungsfahrt, die Dienstboten waren beurlaubt. Vor den Fenstern in den blühenden Obstbäumen ruhte der Sonnenschein; das Summen der großen Stadt tönte von weitem; er wußte, daß alle Türen geschlossen waren, und daß lange Stunden ihn niemand in seiner Einsamkeit stören würde.

Er saß vor einem großen Bilde, das er schon als Kind geliebt, das ihm so vertraut war, als lebe er in ihm, unter den hohen Bäumen, durch welche man in der Ferne, sichtbar und doch verdeckt, das Schloß sah. Das Bild war von einem der sanften Künstler der Rokokozeit gemalt; da war ein rasenbedeckter Platz in einem Park, der ganz von den ungeheuer großen grünen Bäumen überwölbt war; mit einem eigenen Blaugrün hatte der Maler die Bäume gemalt, das wunderlich einlud zu Träumereien; ganz in bläulicher Ferne glänzte das phantastische Schloß mit vorspringenden und zurückweichenden Säulen und Bogen; es schien schlank und kühn in die Höhe zu streben, mit hohen Fenstern, die von flammenartig nach oben steigenden Ornamenten gekrönt wurden, hohen und schmalen Türen, zierlichen Balkons mit verschlungenen geschmiedeten Geländern, heiter sich schwingenden Treppen, steilen Dächern, deren Flucht unterbrochen war durch anmutig geformte Mansardenfenster. Vorn, auf dem schattigen Rasenplatz unter den vielhundertjährigen Bäumen, lustwandelte eine jugendliche Gesellschaft: auf niedlichen Stöckelschuhen trippelten hübsche Damen mit hochgetürmtem Haar und geschürzten Röckchen; ihnen zur Seite tänzelten junge Herren in Seidenstrümpfen, prächtigen, goldgestickten Röcken, mit dem Gefäß des leichten Degens spielend, der munter und lustig abstand hinter ihnen, oder beteuernd die Hand auf den Arm einer der kleinen Damen legend, oder sich zuwinkend, zierlich mit den dreieckigen Hüten in der Luft agierend. Für sich allein aber, unbeachtet von den anderen, am Stamme eines Baumes stand eine der jungen Damen, ein Blatt Papier in der Hand, das sie traumverloren betrachtete. Hinter ihr zog sich durch das Grün des Gebüsches hin deutlich erkennbar ein kleiner Fußpfad, der zu einem ländlichen Gehöft führen mochte oder vielleicht auch in Windungen zum Schloß lief.

24. März 2021

Das Corona-Desaster # 6: Same procedure as every...





Um mit einer Aktualisierung des Auftakts anzufangen, mit dem ich meinen Beitrag vom 4. März begann: Ich schreibe dies hier am Tag 128 des 28-tägigen "Wellenbrecher-Lockdowns," den wir unbedingt benötigen, um Weihnachten 2020 unbeschwert im Kreis unserer Familie feiern zu können. Bekanntlich ist diese Maßnahme gestern auf der Konferenz der Bundesminister und der Regierungspräsidenten aufgrund des überwältigenden Erfolges in die sechste Verlängerung bis zum Tag 154 gegangen.

Niemand dürfte daran gezweifelt haben, daß die erneute Verlängerung schon lange vor der gestrigen MPK eine beschlossene Sache war; so sicher, wie es jetzt schon feststehen dürfte, daß auch das nächste Treffen am 12. April nur der weiteren unabsehbaren Forsetzung des Lockdowns dienen wird. Frau Merkel und ihre Getreuen (das Wort "Hofstaat" verkneife ich mir, um nicht in billige Polemik abzugleiten, auch wenn es die Sache gut trifft) haben seit dem erneuten Herunterfahren der Wirtschaft und der Kasernierung der Bürger im Spätherbst - und eigentlich schon seit dem ersten Lockdown vor nun über einem Jahr - kein Mittel gefunden, das ihnen den Anschein eines "entschlossenen Handelns" verliehen hätte. Die bewußte Torpedierung der Impfstoffbeschaffung, die grell sichtbare Weigerung, Strategien zur erfolgreichen Bekämpfung der Pandemie wie in Ostasien, Australien, Neuseeland oder auch bei uns vor Ort wie in Rostock oder Tübingen auch nur zur Kenntnis zu nehmen - geschweige denn, daraus etwas zu lernen - spricht Bände.

21. März 2021

蒲松龄 《画壁》 /Pu Songling, "Die bemalte Wand" (1679 / 1766)





江西人孟龙潭,与朱举人客居在京城。他们偶然来到一座寺院,见殿堂僧舍,都不太宽敞,只有一位云游四方的老僧暂住在里面。老僧见有客人进门,便整理了一下衣服出来迎接,引导他俩在寺内游览。大殿中塑着手足都作鸟爪形状的志公像。两边墙上的壁画非常精妙,上面的人物栩栩如生。东边墙壁上画着好多散花的天女,她们中间有一个垂发少女,手拈鲜花面带微笑,樱桃小嘴像要说话,眼睛也像要转动起来。朱举人紧盯着她看了很久,不觉神摇意动,顿时沉浸在倾心爱慕的凝思之中。

忽然间他感到自己的身子飘飘悠悠,像是驾着云雾,已经来到了壁画中。见殿堂楼阁重重迭迭,不再是人间的景象。有一位老僧在座上宣讲佛法,四周众多僧人围绕着听讲。

朱举人也掺杂站立其中。不一会儿,好像有人偷偷牵他的衣襟。回头一看,原来是那个垂发少女,正微笑着走开。朱举人便立即跟在她的身后。过了曲曲折折的栅栏,少女进了一间小房舍,朱举人停下脚步不敢再往前走。少女回过头来,举起手中的花,远远地向他打招呼,朱举人这才跟了进去。见房子里寂静无人,他就去拥抱少女,少女也不太抗拒,于是和她亲热起来。不久少女关上门出去,嘱咐朱举人不要咳嗽弄出动静。夜里她又来到。这样过了两天,女伴发觉了,一块把朱举人搜了出来,对少女开玩笑说:“腹内的小儿已多大了,还想垂发学处女吗?”都拿来头簪耳环,催促她改梳成少妇发型。少女羞得说不出话来。一个女伴说:“姊妹们,我们不要在这里久待,恐怕人家不高兴。”众女伴笑着离去。朱举人看了看少女,像云一样形状的发髻高耸着,束发髻的凤钗低垂着,比垂发时更加艳绝人寰。他见四周无人,便渐渐地和少女亲昵起来,兰花麝香的气味沁人心脾,两人沉浸在欢乐之中。

Die Grenzen der Demokratie. Ein Gedankensplitter.


Gestern gab es in Kassel eine etwas größere Querdenker Demonstration (wobei angesichts der Größe real bezweifelt werden kann, dass es sich um besonders viele Querdenker handelt als oftmals um ganz normale Bürger, die keine Lust mehr haben sich einsperren zu lassen). Boris Reitschuster, einer der wenigen Journalisten diesen Landes, die diesen Titel noch zurecht tragen, war vor Ort dabei und hat einige Lifestreams auf seine Webseite gestellt. Im letzten Lifestream kommt es zu einer recht interessanten Diskussion zwischen einer Demonstrantin und einem Passanten. Der Passant nimmt dabei die wohl verbreitete Position ein, dass man halt aus Rücksicht Masken tragen muss, etc. pp.. Er tut das allerdings sehr höflich, das muss man anerkennen. Die Demonstrantin hält ihm ein paar sehr interessante Sätze entgegen, die ich sinngemäß hier wiedergeben möchte (sie sind so an den Passanten gerichtet):
"Es sind sicher 60-65% in der Bevölkerung ihrer Meinung. Und die Politiker auch. Wir sind eine Minderheit. .... Ich habe mich jetzt ein Jahr lang angepasst, obwohl ich überhaupt nicht dieser Meinung bin, habe mein Leben eingerichtet nach Ihnen. Nach der Mehrheit. .... Ich habe mich Ihnen angepasst.Ein Jahr lang. Ich hab mein Familienleben, mein Freundschaftsleben, Freundschaften sind zerbrochen. Ich habe mich Ihnen angepasst." 

Marguerite Yourcenar, "Wie Wang-Fô gerettet wurde" (1936)





Der alte Maler Wang-Fô und sein Schüler Ling waren schon seit langem auf den Straßen des Reiches der Han unterwegs. Sie kamen nur langsam voran, denn Wang-Fô hielt oft nachts inne, um die Sterne zu betrachten und am Tag, um dem Flug der Libellen zuzusehen. Sie führten nur wenig Gepäck bei sich, denn Wang-Fô liebte die Bilder der Dinge, aber nicht die Dinge selbst. Nichts auf der Welt schien es ihm wert, es zu besitzen, außer Pinseln, Farben, Tiegeln für Lack und Chinatusche und Rollen von Seide und Reispapier. Sie waren mittellos, denn Wang-Fô tauschte seine Bilder lieber gegen eine Portion Hirsebrei ein und verschmähte selbst Silbermünzen von geringem Wert. Sein Schüler Ling trug schwer an einem Sack, der prall mit Entwürfen gefüllt war; er krümmte den Rücken voller Ehrfurcht, als trüge er das Himmelsgewölbe auf dem Rücken, denn dieser Sack enthielt in Lings Augen schneebedeckte Berge, Frühlingsblumen und den Mond in einer Sommernacht.

18. März 2021

Lafcadio Hearn, "Die Erzählung des Kwashin Koji" (1901)





(Kosai Ishikawa, Illustration aus dem 『夜窓鬼談』, Band II, 1893)

In den Jahren der Tenshō-Zeit (1) lebte in einem der nördlichen Bezirke von Kyōto ein alter Mann, der von den Leuten Kwashin Koji genannt wurde. Er trug einen langen weißen Bart, und er war stets in die Gewänder eines Shintō-Priesters gekleidet, aber er verdiente seinen Lebensunterhalt damit, daß er Bilder mit buddhistischen Motiven austellte und buddhistische Lehren predigte. An jedem schönen Tag begab er sich zu dem Tempel in Gion. Dort hing er ein großes Kakémono, ein Rollbild, an einem der Bäume auf, auf dem die Qualen dargestellt waren, die die Sünder in der Hölle erwarten. Dieses Kakémono war so kunstfertig gemalt, daß alles, was es zeigte, wirklich zu sein schien, und der alte Mann belehrte seine Zuhörer darüber und erklärte ihnen die Gesetze von Wirkung und Ursache. Mit einem Nyoi, einem Stab, wie ihn die Mönche bei sich führen, die sich in die Einsamkeit der Berge zurückgezogen haben, erklärte er die verschiedenen Höllenstrafen in allen Einzelheiten und hielt seine Zuhörer an, den Lehren des Buddha zu folgen. Oft versammelte sich eine Menge um ihn, um das Bild zu betrachten und dem alten Mann zuzuhören, und häufig war die Strohmatte, die er vor sich ausgebreitet hatte, um Almosen in Empfang zu nehmen, unter den Münzen, die darauf geworfen worden waren, nicht mehr zu sehen.

Zu dieser Zeit herrschte Oda Nobunaga über Kyōto und die umliegenden Provinzen. Bei einem Besuch im Tempel in Gion sah einer seiner alten Diener, der den Namen Arakawa trug, das Bild, und nach seiner Rückkehr zum Palast berichtete er davon. Nobunaga war von Arakawas Beschreibung angetan, und er schickte einen Boten zu Kwashin Koji, damit er unverzüglich in den Palast kommen und das Bild mitbringen sollte.

14. März 2021

Algernon Blackwood, "Der Mann, der Milligan war" (1923)





(Algernon Blackwood)

Milligan musterte mit einem abschätzigen Blick die armselige Zimmerflucht, während die Vermieterin hinter ihm stand und darauf wartete, wie er sich entscheiden würde. Sie hatte die Arme verschränkt. Ihr aufmerksamer Blick taxierte seinerseits natürlich Milligan. Er war als Angestellter in einem Reisebüro tätig; in seiner Freizeit schrieb er für den Film. Was ihm an der schlichten Wohnung zusagte, waren die großen Flügeltüren. Er suchte nur nach einer Unterkunft, in der auch noch Frühstück serviert wurde, aber jetzt stellte er sich vor, wie er hier saß und Drehbücher verfaßte - und das mit Erfolg. Es war eine verlockende Aussicht: Endlich ein Literat - mit einem angemessenen Arbeitszimmer!

"Die Miete scheint mir doch ein wenig hoch, Frau ---?" begann er.

"Bostock, Sir, Mrs. Bostock," ließ sie ihn wissen und fing an, ihm das Elend der hohen Lebenshaltungskosten zu klagen. Es war vergebene Liebesmüh, denn Milligan hörte nicht zu. Er hatte sich längst entschlossen, die Zimmer zu mieten.

13. März 2021

Streiflicht: Damals und heute und der Kanzler, der Fehler machte.

Es ist manchmal schon lustig welche Videos einem Youtube manchmal so vorschlägt und so landete das folgende heute in meinem Feed.

https://www.youtube.com/watch?v=j9Kj9KKlCuU

Es lohnt sich das Video einmal anzusehen, sich die Körpersprache von Kohl als auch seine Aussagen einmal in Ruhe zu betrachten. Und dann den Vergleich mal mit der Person machen, die heute in seinem Sessel sitzt, denn der Gegensatz könnte kaum größer sein.

11. März 2021

Das Corona-Desaster # 5





Nein - diesmal geht es nicht um die unendliche Fortsetzungsgeschichte der verschleppten Impfkampagne, um die mangelenden Bestellungen, die leerstehenden Impfzentren, die Ausschließung der Hausärzte. Und doch reiht sich auch dieses Versagen nahtlos in die schier endlose Kette der Aussetzer und Versäumnisse ein, die seit nun mehr als dreizehn Monaten den Umgang dieser Regierung mit der Corona-Pandemie ausmachen.

Eigentlich kann man sich jeden Kommentar hierzu sparen. Man braucht nur die Meldung herzusetzen, die zuerst am Montag vom Magazin "Business Insider" zuerst verbreitet wurde: als weiteres Steinchen in einem Mosaik des Staatsversagens, als ein weiterer Eintrag in einem "Echolot", wie es vor einem Vierteljahrhundert Walter Kempowski aus zahlosen Zeitungsmeldungen, Briefen und Tagebucheinträgen zusammengetragen hat - nur diesmal als Protokoll der Gegenwart der angehenden 2020er Jahre in Deutschland.

7. März 2021

Der letzte Beatnik. Zum Tod von Lawrence Ferlinghetti





(Lawrence Ferlinghetti in San Francisco, im November 1996)

Zu den Besonderheiten der Literaturentwicklung im 20. Jahrhundert - aber auch in der Kunst allgemein, zählt das regelmäßige Aufkommen radikaler Bewegungen, sich selbst absolut setzender Schulen. Nicht, daß es "Schulen" oder "Bewegungen" nicht auch schon davor, beginnend mit dem frühen 19. Jahrhundert, gegeben hätte - in der Kunst steht das Aufkommen des Impressionismus dafür, oder die Plein-Air-Malerei der "Schule von Barbican". Im Bereich der Literatur fällt etwa in England die "School of Spasmodic Poetry" in den 1830er Jahren darunter, deren Markenzeichen Bombast und frenetische Hektik bei der Gestaltung möglichst breitwandformatiger Sujets war. Aber das waren kleine, persönlich nicht miteinander verbandelte Schnittmengen von artistischen Einzelkämpfern. Den "Cenacles" (wie in jenen Jahren, nach dem Vorbild von Joris-Karl Huymsmans solche Künstler-und-Bohême-Klüngel genannt wurden) des 20. Jahrhunderts kamen die Präraffaeliten ab 1860 wohl am nächsten: eine kleine Gruppe von maximal einem halben Dutzend artistischen Frontkämpfern, in engem Kontakt und Rivalität verbunden und mit einem ästhetischen Credo, das dem zu ihrer Zeit tonangebenden künstlerischen Richtmaß eine radikale Kampfansage entgegen setzt. Nicht zuletzt gehört zum Umfeld eines solchen "Aufbruchs" auch eine wohlwollende Begleitung durch die Medien: im neunzehnten Jahrhundert die breit gestreuten Salonberichte über die Jahresausstellungen, wie sie bei Charles Baudelaire nachzulesen sind. Aber etwas ganz Entscheidendes unterscheidet all die Stürme im ästhetischen Wasserglas von ihren Nachfolgern aus den Jahren kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs bis zum Ende der "Swinging Sixties".

4. März 2021

Das Impfdesaster # 4: Coronagipfel Reloaded





Ich schreibe dies hier am Tag 109 des 28-tägigen "Wellenbrecher-Lockdowns," den wir unbedingt benötigen, um Weihnachten 2020 unbeschwert im Kreis unserer Familie feiern zu können. Bekanntlich ist diese Maßnahme gestern auf der Konferenz der Bundesminister und der Regierungspräsidenten aufgrund des überwältigenden Erfolges in die fünfte Verlängerung bis zum Tag 133 gegangen.

Der Titel ist insofern irreführend, weil dieser Post mit dem Versagen bei der Bestellung und Verabreichung der Corona-Vakzinen direkt nichts zu tun hat. Aber ich habe diese Bezeichnung für diese Serie zum Thema "Versagen in der Pandemie" gewählt; und auch das gestrige Desaster gehört zu dem flächendeckenden Fiasko, von dem das "Impfdesaster" nur den auffallendsten Aspekt darstellt.

3. März 2021

Streiflicht: That didn't age well, Alexander Lambsdorff und das Werfen von Dreck.

Es ist nur eine Kleinigkeit, Alexander Lambsdorff, seines Zeichens heute einer der mehr oder weniger großen Vortänzer der FDP, wollte vor drei Wochen die Gelegenheit nutzen mal wieder ein bischen Dreck über den politischen Gegner zu kübeln und sah da eine totsichere Vorlage von Erika Steinbach als prima Vorganbe für einen Elfmeter. Erika Steinbach hatte geschrieben:
Von verschiedenen Seiten habe ich glaubhaft gehört, dass 50% der Covid-Patienten in Krankenhäusern aus dem arabischen Raum stammen. Für die Medien war das bislang kein Thema. Wäre eine reizvolle Aufgabe für unsere so fleißigen Netzwerk-Journalisten. Werden die aber nicht machen.

 Hier sah dann Alexander Lambsdorff seine Chance billige Punkte zu machen und twitterte seinerseits:

Es gibt widerliche Tweets, es gibt ekelerregende Tweets und es gibt Tweets von Erika #Steinbach. Sie ist Teil einer fauligen Lügenmarinade, die unsere Gesellschaft vergiften will. #Corona #noAfD