“There is freedom of speech, but I cannot guarantee freedom after speech.”
- Idi Amin
Historische Vergleiche sind immer etwas schwierig, besonders dann, wenn sie sich auf die Nazis beziehen, aber dieser Vergleich drängt sich einfach viel zu sehr auf, als das man ihn liegen lassen könnte. Am 27. Februar 1933 brannte in Deutschland der Reichstag und in Folge des Brandes entstand eine bis dahin beispiellose Notverordnung, die "Reichstagsbrandverordnung", deren Auswirkungen direkt zur Machtergreifung und damit zum dritten Reich führten. Es ist ein, wenn nicht das Beispiel schlechthin, wie man aus einem eigentlich nicht einmal sehr dramatischen Ereignis die Grundlagen einer ganzen Gesellschaftsordnung aus den Angeln hebt und damit einen völlig neuen (im Beispiel sehr, sehr dunklen) Weg einschlägt. Dabei ist es nicht einmal erheblich, ob die Nazis den Brand selber legten oder ob sie nur einfach (heute würde man sagen in guter politischer Tradition) dem Prinzip folgten eine gute Krise nicht ungenutzt zu lassen.
In den USA passiert dieser Tage etwas sehr ähnliches, wenn auch die Protagonisten andere sind und die Situation sich -nahe liegender weise- etwas unterscheidet. An Stelle des Reichstagsbrandes tritt in der moderner Version der "Sturm aufs Kapitol", als eine kleine Gruppe von Vandalen im Schutze einer Demonstration ins Kapitol eindrangen und sich dort eben dem Namen entsprechend auch aufführten. Sie zerstörten Einrichtung, stahlen Diverses und schlugen sich mit den Sicherheitskräften. In einem Fall so heftig, dass der verletzte Polizist am Abend an seinen Verletzungen verstarb.
Genau wie im historischen Vorbild reklamierte niemand den Anschlag für sich, und ebenso wie im historischen Vorbild waren die Schuldigen dennoch schnell ausgemacht. Was bei den Nazis die Kommunisten waren sind in der modernen Version die "Trumpisten". Ebenso wie den Nazis 33, gelang es dem "demokratischen" (vulgo linken) Establishment in wenigen Tagen ein einseitiges Narrativ durchzusetzen, die eigentliche Ursache weit zu überhöhen und den vermeintlichen Feind bis ins Mark zu dämonisieren. Doch aufgrund des Problems, dass Donald Trump und seine Leute immerhin noch ein paar Tage im weißen Haus saßen, und Verhaftungen (noch) nicht so recht funktionieren würden (zumal der amerikanische Rechtsstaat zumindest derzeit noch stabiler in der Brandung steht als die Weimarer Gerichtsbarkeit), fand man noch einen bessern Weg die Krise gut auszunutzen. Statt Donald Trump und seinesgleichen zu verhaften, sollten Donald Trump und andere, die denken wie er, einfach die Möglichkeit verlieren zu kommunizieren. Analog zu einem Putsch in einem Bananenstaat, wo die Putschisten erst einmal die Radio- und Fernsehstationen besetzen, um dem "Feind" die Möglichkeit zu nehmen, sich ans Volk zu wenden. Und das Mittel dazu ist und war Big-Tech.
Und so begann eine ausgesprochen faszinierend gut geplante Aktion der großen Internet-Firmen (an dem sich so mancher tatsächliche Bananenstaat wohl ein Beispiel nehmen kann und wird) in nur wenigen Tagen die Trumpisten aus dem Netz zu verbannen. Twitter, Facebook & Youtube sorgten dafür, dass Konservative von ihren Servern kurzfristig verschwanden, gleichzeitig musste aber dafür gesorgt werden, dass diese sich nicht auf die Schnelle andere Wege der Kommunikation suchen konnten. Dafür waren zunächst Google & Apple zuständig, die in ihren Appstores die größte Alternative zu Twitter (Parler) entfernten. Beides mit einem Tag Vorlauf und ohne Chance darauf zu reagieren. Aber auch das reichte noch nicht, denn Parler konnte ja immer noch in jedem Browser aufgerufen werden, lief also insofern auch auf jedem Handy, wenn auch umständlicher als Twitter. Hier kam dann Amazon ins Spiel, die ebenso mit einem Tag Vorankündigung Parler ihre Cloud-Server entzogen. Und damit war Parler aus dem Netz verschwunden. Große Kommunikationsplattformen standen seitdem Konservativen nicht mehr zur Verfügung.
Parler wird mit aller Sicherheit in ein paar Wochen wieder da sein, dann eben nicht mehr in der Amazon Cloud sondern auf normalen Servern, aber die Dynamik wird bis dahin tot sein. Was ja auch wohl auch Sinn und Zweck der ganzen Übung war.
Alle sechs beteiligten Firmen berufen sich auf die Erstürmung des Kapitols, dabei ist es auch völlig nebensächlich, dass Trump (wie auch die allermeisten anderen, jetzt Exkommunizierten) den Sturm deutlich verurteilte und eine harte Bestrafung der Täter forderte. Das Narrativ hat gesprochen, und genauso wie der Brand des Reichstages die Rechtfertigung für das Ende der Weimarer Grundrechte, so ist die Erstürmung des Kapitols die Begründung für das Ende der Meinungsfreiheit. Die angeblich nicht existierende Cancel-Kultur wurde mit einem Schlag von einem schleichenden Gift zum moralischen und verbindenden Narrativ der medialen Öffentlichkeit. Der erste Verfassungszusatz, ein Artikel auf den sich Generationen von Amerikanern nicht nur gerne verlassen, sondern ihn vehement und durchaus auch mit Gewalt verteidigt haben, gilt nicht mehr im Angesicht der Erstürmung eines Bundesgebäudes durch ein paar Bekloppte. Und so nimmt die amerikanische Gesellschaft eine neue Richtung.
Ich glaube der Schaden, der der amerikanischen Gesellschaft durch die sechs Konzerne in der letzten Woche angerichtet wurde, wird sich nicht mehr beheben lassen, zu schwer und deutlich sind die Folgen und zu vehement ist die Demonstration einer einzigartigen Macht, eine Macht, für die Diktaturen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte gebraucht haben, um etwas vergleichbares aufzubauen.
Dabei ist es, was gerne eingewandt wird, nicht erheblich, dass die Unterdrückung der Meinung hier von privaten Firmen ausgeht und nicht von staatlichen Stellen. Ich denke es ist viel zu kurz gesprungen sich darauf zurück zu ziehen, Grundrechte sind reine Abwehrrechte gegen den Staat, und wenn eine private Firma agiert, dann kann das keine Grundrechtsverletzung sein. Was zunächst logisch klingt, ignoriert, dass der Staat durchaus Einfluss auf private Firmen nimmt und damit zumindest mittelbar durchaus agiert und Grundrechte verletzten kann. Eine private Firma darf kein Schild sein, dass es dem Staat erlaubt Grundrechte zu verletzen. Unser Außenministerdarsteller hat schon öfter genau diese Karte gezogen: Er zensiert nicht selber das Internet, er läßt zensieren, setzt große Firmen unter Druck sich privaten Zensoren zu unterwerfen, finanziert dann direkt die Firmen, die die Zensur betreiben (Kahane Stiftung, Correctiv, etc. pp.) und zieht sich dann billigst aus der Affäre mit dem Hinweis auf Privatrecht. Schmutzig ist dabei noch ein sehr harmloses Wort, aber seit Jahren in Deutschland praktiziert (und nebenbei ein Zeichen für den Verfall des deutschen Rechtsstaates).
Kommen wir noch einmal zu Big-Tech. Big-Tech nimmt inzwischen ein deutliches Kommunikationsmonopol war. Wie das erworben wurde ist dabei nebensächlich, es zu bestreiten dagegen ziemlich realitätsfremd. Nun kann der Staat, respektive die Gesellschaft hingehen, und Monopole eine Zeit lang ertragen, weil er meint einen Nutzen davon zu haben, Patente sind ein Beispiel dafür. Sind die Monopole dagegen massiv schädlich, dann muss der Staat sie abstellen. Tut er das nicht, handelt er auch, und zwar durch Unterlassung, d.h. er nimmt die Schädigung in Kauf oder fördert sie sogar. Und damit schließt sich der Kreis: Wenn der Staat es zulässt, dass durch die Monopole der großen Netzkonzerne das Grundrecht zur Meinungsfreiheit seiner Bürger gebrochen wird, dann hat er die Pflicht dieses wieder herzustellen. Und zwar indem er entweder die Konzerne dazu zwingt, oder sie zerschlägt.
Beides wird nicht passieren, da beißt die Maus keinen Faden ab, weil es für den Staat bequem ist sich der Grundrechte zu entledigen, indem er diese Aufgabe privaten Firmen überträgt. Das Maas-Männchen in Deutschland macht genau das selbe. Und das werden wir auch in den USA erleben. Die Folge ist am Ende ein Verlust von Grundrechten. Was in diesen Tagen ohnehin der Tenor der politischen Bewegung ist.
Llarian
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