27. Juni 2016

Antisemitische "Querfront(en)"

Dieser Tage kommt mir öfters dieses Gedicht von Ernst Jandl in den Sinn:
lechts und rinks
kann man nicht
velwechsern
werch ein illtum!  
Wolfgang Gedeon, Arzt, ehemaliger bekennender Marxist und, so seine Selbstbeschreibung laut Wikipedia, als junger Mann „praktizierender Kommunist“ ist heute dem rechten AfD-Flügel zuzurechnen, und hat ein offensichtliches Problem mit dem Judentum, sowie der moderate Jörg Meuthen wiederum ein Problem mit ihm. Von ganz links nach weit rechts; der Weg scheint nur auf den ersten Blick ein weiter zu sein. Der mehrfach vorbestrafte Holocaustleugner Horst Mahler (NPD), von Gedeon gelegentlich empathisch als „Dissident“ bezeichnet, war Gründungsmitglied der Rote Armee Fraktion. Gemeinsame Klammer der Extremen war und blieb der Antisemitismus. Der Weg von ganz links nach ganz rechts; er bedeutet am Ende wohl nur ein paar begriffliche Korrekturen; statt der "Juden" sind es dann die "Zionisten"; dergleichen. 
­
Martin Lejeune, linker Anti-Israel Aktivist, der seine 15 minutes of fame im Rahmen der sog. Toilettenaffäre um Gregor Gysi gehabt hat, plant gegenwärtig eine ziemlich ekelhafte Aktion am Berliner Holocaust-Mahnmal. Lejeune, der die öffentliche Hinrichtung angeblicher Israel-Kollaborateure in Gaza als  „ganz legal“ und die Hamas als „sehr sozial“ bezeichnet, fühlt sich an der Seite von Salafisten sichtlich wohl. Auch hier mit dem Antisemitismus als zentralem verbindenden Element. Er selbst sagt über sich: „Ich bin im Dienste der Wahrheit und der Menschen unterwegs. Ich bin moralisch auf der richtigen Seite.“ 
Einen wiederum nur auf den ersten Blick weiten Weg ist Günter Grass gegangen; vom Mitglied der Waffen-SS (bekanntlich eine ideologische Elitetruppe des dritten Reiches und nicht etwa ein Sammelbecken für Mitläufer) zum linken Hofdichter der Bundesrepublik, der seine letzte Patrone, pardon, Tinte gegen Israel meinte verspritzen zu müssen.

Szenenwechsel.

Entebbe, Uganda, 1976. Am heutigen 27 Juni jährt sich zum 40. Mal die Entführung des Air France Fluges 139, in deren Verlauf, und bis zur Befreiung durch israelische Sicherheitskräfte, jüdische von nichtjüdischen Passagieren (die von den Entführern freigelassen wurden) durch die deutschen Linksterroristen Wilfried Böse und Brigitte Kuhlmann getrennt worden sind. Gut 30 Jahre nach Auschwitz wurden erstmals wieder Juden durch Deutsche selektiert. Als ein Passagier und Holocaustüberlebender Wilfried Böse seinen Arm mit einer eintätowierten Häftlingsnummer entblößt hat, habe dieser geantwortet: „Ich bin kein Nazi, sondern Idealist.“ 

Als hätten die Nazis je an einem Mangel an Idealismus gelitten! Auch sie wähnten sich, in ihrer selbstüberschätzenden Eigenwahrnehmung, moralisch ohne Zweifel „auf der richtigen Seite“.

Aber lassen wir zum Abschluß gleichsam den Vater aller glühend-idealistischen Antizionisten zu Wort kommen, von dem es in einer deutschen Filmkomödie aus dem Jahr 2015 heißt, daß er wieder da sei:
Deutschland tritt für einen kompromißlosen Kampf gegen die Juden ein. Dazu gehört selbstverständlich auch der Kampf gegen die jüdische Heimstätte in Palästina, die nichts anderes ist als ein staatlicher Mittelpunkt für den destruktiven Einfluß der jüdischen Interessen.
Adolf Hitler, 1941, zu seinem Gast, dem palästinensischen Großmufti Amin al-Husseini.

War er denn jemals weg?


Andreas Döding

© Andreas Döding. Für Kommentare bitte hier klicken.