Eine Geschichte, die es vielleicht
nicht in die Top-Schlagzeilen dieser Tage geschafft hat, aber immerhin dennoch
in den meisten Zeitungen zu finden war, ist der vor gut einem Monat ausgeführte
Hack der Ashley-Madison Webseite. Oder vielmehr weniger der Hack als die
Veröffentlichung der Nutzerdaten.
Falls Sie diese Webseite nicht
kennen, spricht das zunächst einmal für Sie, lieber Leser, denn bei
Ashley-Madison handelt es sich um ein Fremdgehportal. Man kann (oder konnte)
sich dort registrieren lassen, um jemanden für eine Affäre zu finden. Nun denn.
Nun trug es sich zu, dass, wie ja oben bereits geschrieben, das Portal gehackt
wurde und die Nutzerdaten von einigen Zehnmillionen „Nutzern“ veröffentlicht
wurden (über die genaue Zahl kann man lange streiten, aber es dürfte die
Einwohnerzahl von Buxtehude schon ein bisschen überschritten haben). Ein Teil
dieser Nutzer ist natürlich jetzt ziemlich dumm dran, denn statt sich fröhlich
in fremden Kissen zu wälzen, müssen sie nun eher damit rechnen dem eigenen
Partner demnächst erklären zu müssen, warum sie dort registriert waren. Dumm
gelaufen.
Nun muss man zunächst natürlich zwei
Dinge dazu feststellen:
1. Der Hack, wie auch die
Veröffentlichung, sind selbstredend Straftaten, Straftaten zum Nachteil der
Betreiber von Ashley-Madison (die mit dem Betrieb kein Gesetz verletzten) als
auch von deren Nutzern.
2. Seinen Partner zu betrügen ist in
den allermeisten Ländern der Welt nicht verboten, zumindest nicht im
juristischen Sinne.
Tja,
und dennoch will sich bei mir nicht so richtiges Mitleid für die „Opfer“
einstellen. Nicht weil sie naiv genug waren ihre Daten auf einem solchen Portal
zu hinterlassen und sich darauf verlassen haben, dass dort eine hinreichende
Sicherheit vorliegen würde. Diese Form von Naivität ist weit verbreitet und das
Opfer einer Fishing-Attacke würde ich durchaus den Opferstatus nicht
absprechen, auch wenn er oder sie vielleicht unvorsichtig gehandelt hat.
Nein,
mein Problem besteht eher darin, dass ich meine Schwierigkeiten damit habe, mit
Leuten Mitleid zu empfinden, die gezielt ihren Partner betrügen wollen. Im
letzten Bullen ist das mal ganz gut (in Bezug auf eine „Seitensprungagentur") ausgedrückt
worden (sinngemäßes Zitat): „Auf einer Betriebsfeier, wenn was getrunken wird
und das eine zum anderen kommt, dann kann man das vielleicht (?) noch
verstehen, aber gezielte Planung? Das ist etwas anderes.“ Und genau so möchte
ich das auch sehen. In Versuchung kann jeder geraten, Alkohol kann helfen, der
Streit von gestern mit dem Partner, der Stress im Job oder das gemeinsam
erlebte mit einem Kollegen. Das ist zwar immer noch nicht richtig, aber
vielleicht irgendwann verzeihlich. Aber eine Seitensprungseite, das bewusste
Erstellen eines Profils, das Warten auf Antworten, das Reagieren und das schliessliche
Treffen, das ist Vorsatz. Und das finde ich ziemlich perfide. Man kann schlecht
vorgeben seinen Partner zu lieben und dann hinter seinem Rücken mit gezielter
Planung diesen hintergehen.
Nun
ist Schweinerei, wie ein großes deutsches Gericht einmal festgestellt hat,
nicht verboten. Aus gutem Grund ist Ehebruch nicht strafbar und mit dem
Einstampfen des Schuldprinzips bei Scheidungen ist die Frage welche Folgen ein
solcher Betrug haben sollte, endgültig ins Verhältnis zwischen einem Paar
verschoben worden. Was aber nix daran ändert, dass es eine Schweinerei ist. Und
ich finde es ziemlich abstoßend. Entsprechend schwer tu ich mich damit Mitleid
zu empfinden. Außer mit den verletzten Partnern, die jetzt doch etwas früher
mit dem Verhalten ihres Partners konfrontiert werden.
Als
kleine Randnotiz fällt mir auf, dass auf vielen Diskussionsseiten argumentiert
wird, hier würde eine böse Straftat an den Nutzern verübt, die jetzt ihrer
Privatsphäre beraubt würden und nur deshalb ertappt würden, weil jemand das
Gesetz gebrochen hat. Das ist natürlich erst einmal richtig. Ich frage mich
nur, wo dieselbe Aufregung war als die Bundesrepublik Deutschland im Ausland
CDs gekauft hat, um Steuersünder zu überführen. Der Staat darf keine Gesetze
brechen, um Strafverfolgung zu treiben. Und darum wurde damals zu dem
(reichlich traurigen) Kunstgriff gegriffen, das der Ankauf der CDs ja keine deutschen
Gesetze breche, sondern nur ausländische (in diesem Fall die Gesetze der
Schweiz). Nun: Der Hack erfolgte auch nicht weltweit, sondern nur in einem Land
und die Veröffentlichung ebenso. Nach deutschem Recht beispielsweise ist erst
einmal gar keine Straftat vorhanden. Also mutet es ein bisschen seltsam an,
wenn man Steuersünder mit (im Ausland) illegalen Mitteln verfolgen darf, aber
Ehebrecher (meinetwegen auch Ehebrecherinnen) bitte nicht. Aber Doppelmoral ist
ja nun auch nicht strafbar.
Ich
muss sagen, ich habe sogar etwas mehr Mitleid mit den Steuersündern. Wer
steuern „spart“, der nimmt erst einmal niemandem etwas weg, sondern verweigert
einen staatlich definierten Anspruch auf das eigene Vermögen. Der Ehebrecher
dagegen verletzt eine konkrete Person mit Vorsatz und nicht aufgrund eines
oktroyierten Anspruches, sondern aufgrund eines nicht gehaltenen Versprechens.
Ich finde das schlimmer. Aber das ist zugegebenermaßen eine persönliche
Moralvorstellung.
Llarian
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