Auf dem (bisherigen) Höhepunkt der Krimkrise und dem folgenden Streit um die Ostukraine zeigte sich ein erstaunlich einseitiger, verdrehter Blick auf das Geschehen und seine Einordnung in das größere Bild des Weltgeschehens. Es war einer sehr wirkmächtige, einflussreiche Darstellung, die das Bild vieler Menschen in Deutschland geprägt hat. Doch Ausnahmsweise wurde es nicht von den traditionellen Medien, in denen Anhänger der Grünen eine zumindest relative Mehrheit haben, propagiert, sondern von Blogs, Nischenmedien, in Foren und Kommentarspalten und hier nicht nur von den üblichen Extremisten, sondern auch frei denkenden Demokraten, die ansonsten mit eine Prise gesunden Menschenverstandes dem betreuten Denken entgegentreten. Es war nicht auf eine bestimmte politische Strömung beschränkt, sondern erfasste Linke, Linksextreme, Liberalkonservative, Libertäre, Rechtskonservative, Rechtspopulisten, Rechtsextreme und religiöse Rechte.
Dem Westen wird selbst der Wunsch, ein Raketenabwehrsystem aufzubauen, als Provokation zur Last gelegt wird, da man auf angeblich legitime Befürchtungen Russlands eingehen müsste, der Westen wolle sich so nur die Möglichkeit eines Angriffes verschaffen ohne die Gegenreaktion fürchten zu müssen. Für die Befürchtungen seitens eines Autokraten wie Putin müsse man Verständnis haben.
Gleichzeitig zeigt sich ein enormes Verständnis für Putins Annektion der Krim, in der eine Reaktion auf angebliche westliche Provokation liege, für die man ebenfalls Verständnis haben müsse. Worin lag diese Provokation?
Ein Teil der ukrainischen Bevölkerung hat gegen ihren damaligen Präsidenten demonstriert, da sie mit seiner autoritären Politik und der Korruption nicht einverstanden war. Sein Versuch das Land zu verlassen wurde vom ukrainischen Parlament als Rücktritt gewertet und der Präsident seines Amtes für verlustig erklärt. Nach russischen Vorwürfen ist dies ein von der CIA gesteuerter Putsch gewesen. Dies wird als glaubwürdig eingestuft, denn warum sollte sich Putin das ausdenken? Solch ein Versuch des Westens wäre natürlich ein illegitimer Versuch des Westens auf ein souveränes Land Einfluss zu nehmen, was aber noch entscheidender sei und wofür man Verständnis haben müsse, ist das russische Bedürfnis in seiner Wohlfühlzone nicht verletzt zu werden und die souveräne Ukraine zum eigenen Einflussbereich zu erklären.
Aus der, Russland gegenüber sehr verständnisvollen, Sicht lag nämlich auch eine Provokation in der Zusammenarbeit der souveränen Ukraine mit dem Westen: Da die Ukraine Souverän ist, verstehe es sich von selbst, dass nur Russland mit ihr Zusammenarbeiten dürfe, liegt sie doch in seiner Wohlfühlzone. Dafür müsse man Verständnis haben. Deshalb durfte die souveräne Ukraine mit Russland Verträge schließen, die eine Flottenbasis auf der Krim erlaubt hatten. Eine Zusammenarbeit des Westens mit der Ukraine sei aber eine Verletzung der Souveränität der Ukraine.
Offenbar bedeutet Souveränität der Ukraine ein Puffer Russlands zu sein. Nur für Russland, der Westen hat keinen Anspruch auf eine Wohlfühlzone, weil er so viel provoziert, anstatt für Russland Verständnis zu zeigen. Mit dem klassischen Souveränitätsbegriff hat das sowieso nicht mehr viel zu tun, eher mit einem sowjetisch anmutenden Verständnis in der Tradition der Breschnew-Doktrin, nur des sozialistischen Phrasen-Klimbims entkleidet.
Jetzt stellt sich die Frage, wie es zu diesem – vielleicht nicht Mehrheitsfähigen, aber doch in den politischen Internetöffentlichkeit stark verbreiteten – doch recht kuriosen Blickwinkel kommen konnte, auch unter vielen sonst aufgeweckten Geistern, die Informationen kritisch hinterfragen und ansonsten nicht dem rechtskonservativen oder linksextremistischen Bloggerflügel zuzuordnen sind.
Der Eindruck liegt nahe, das es hier bereits zu einer automatisierten Trotzreaktion auf die Berichterstattung der traditionellen Medien kam. Menschlich nachvollziehbar ist das, rational ist es nicht.
Unsere Medien sind in erster Linie einmal pro-grün und nicht primär pro-westlich. Die russischen Medien sind nicht pro-grün, das heißt aber nicht, das sie (nicht-grüne) westliche Werte hochhalten würden oder die westlichen Werte, die russische Medien verdammen, mit den grünen Werten gleichzusetzen wären.
So erfrischend es war, als Rusia Today den Skandal um die grünen Pedovergangenheiten in klaren Worten und ohne unangebrachte Zurückhaltung thematisierte, während die grünerote Mehrheit unter den deutschen Journalisten dies klein reden wollte, so ist mir doch auch klar, das RT keine seriöse Quelle ist und im allgemeinen deutlich unglaubwürdiger als westliche Medien, wenn nicht gerade der Ruf des grünen Milieus gefährdet ist. Es war der einzige Fall, in dem ich die RT Berichterstattung für angebrachter hielt, als die irgend eines relevanten westlichen Mediums.
Es ist verständlich, wenn sich Menschen in ihrer Suche nach Orientierung nach einer neuen Richtschnur umsehen, der sie weitgehend kritiklos glauben können. Hier stecken ähnliche Mechanismen dahinter, wie sie Zettel bereits in seiner Serie zu Verschwörungstheorien thematisiert hat (inbesondere Teil 4: Verschwörungstheorien (4): Aus der Skepsis in den Glauben vom 11.09.2006), selbst dann, wenn es nicht direkt um Verschwörungen geht, die Bezeichnung Verschwörungstheorie also wörtlich genommen nicht treffend ist.
Die einzige Lösung ist es auch hier, Leute zum Nachdenken und Reflektieren anzuregen und zu hoffen, sie langfristig zu erreichen. Das geht nicht von heute auf morgen, muss es auch nicht und ist normal: Gefestigte Meinungen ändert man in den meisten Fällen nicht spontan, die meisten Überzeugungen werden aus gutem Grund erst einmal verteidigt. Es ist stattdessen ein langer Prozess, der stattfindet, wenn man regelmäßig auch mit Ansichten konfrontiert wird, die gegen bisherige Glaubenssätze verstoßen, sofern man Argumente hört und man sich gegen die Quelle noch nicht komplett abgeschottet hat, in dem Sie als Teil der großen Verschwörung gesehen wird. Gerade letzteres ist aber die große Hürde, die auf Grund des fundamentalen Vertrauensverlust, der am Anfang des Verschwörungstheoriefindungsmechanismus steht, besteht. Aber am Ende sollte jedem, der sich nicht zum Spielball machen lassen will, klar sein, das wir Russland heute noch weniger vertrauen können, als durchgrünten Medien, es ist nur heute weiter weg, als unsere einheimischen Grünen.
Dem Westen wird selbst der Wunsch, ein Raketenabwehrsystem aufzubauen, als Provokation zur Last gelegt wird, da man auf angeblich legitime Befürchtungen Russlands eingehen müsste, der Westen wolle sich so nur die Möglichkeit eines Angriffes verschaffen ohne die Gegenreaktion fürchten zu müssen. Für die Befürchtungen seitens eines Autokraten wie Putin müsse man Verständnis haben.
Gleichzeitig zeigt sich ein enormes Verständnis für Putins Annektion der Krim, in der eine Reaktion auf angebliche westliche Provokation liege, für die man ebenfalls Verständnis haben müsse. Worin lag diese Provokation?
Ein Teil der ukrainischen Bevölkerung hat gegen ihren damaligen Präsidenten demonstriert, da sie mit seiner autoritären Politik und der Korruption nicht einverstanden war. Sein Versuch das Land zu verlassen wurde vom ukrainischen Parlament als Rücktritt gewertet und der Präsident seines Amtes für verlustig erklärt. Nach russischen Vorwürfen ist dies ein von der CIA gesteuerter Putsch gewesen. Dies wird als glaubwürdig eingestuft, denn warum sollte sich Putin das ausdenken? Solch ein Versuch des Westens wäre natürlich ein illegitimer Versuch des Westens auf ein souveränes Land Einfluss zu nehmen, was aber noch entscheidender sei und wofür man Verständnis haben müsse, ist das russische Bedürfnis in seiner Wohlfühlzone nicht verletzt zu werden und die souveräne Ukraine zum eigenen Einflussbereich zu erklären.
Aus der, Russland gegenüber sehr verständnisvollen, Sicht lag nämlich auch eine Provokation in der Zusammenarbeit der souveränen Ukraine mit dem Westen: Da die Ukraine Souverän ist, verstehe es sich von selbst, dass nur Russland mit ihr Zusammenarbeiten dürfe, liegt sie doch in seiner Wohlfühlzone. Dafür müsse man Verständnis haben. Deshalb durfte die souveräne Ukraine mit Russland Verträge schließen, die eine Flottenbasis auf der Krim erlaubt hatten. Eine Zusammenarbeit des Westens mit der Ukraine sei aber eine Verletzung der Souveränität der Ukraine.
Offenbar bedeutet Souveränität der Ukraine ein Puffer Russlands zu sein. Nur für Russland, der Westen hat keinen Anspruch auf eine Wohlfühlzone, weil er so viel provoziert, anstatt für Russland Verständnis zu zeigen. Mit dem klassischen Souveränitätsbegriff hat das sowieso nicht mehr viel zu tun, eher mit einem sowjetisch anmutenden Verständnis in der Tradition der Breschnew-Doktrin, nur des sozialistischen Phrasen-Klimbims entkleidet.
Jetzt stellt sich die Frage, wie es zu diesem – vielleicht nicht Mehrheitsfähigen, aber doch in den politischen Internetöffentlichkeit stark verbreiteten – doch recht kuriosen Blickwinkel kommen konnte, auch unter vielen sonst aufgeweckten Geistern, die Informationen kritisch hinterfragen und ansonsten nicht dem rechtskonservativen oder linksextremistischen Bloggerflügel zuzuordnen sind.
Der Eindruck liegt nahe, das es hier bereits zu einer automatisierten Trotzreaktion auf die Berichterstattung der traditionellen Medien kam. Menschlich nachvollziehbar ist das, rational ist es nicht.
Unsere Medien sind in erster Linie einmal pro-grün und nicht primär pro-westlich. Die russischen Medien sind nicht pro-grün, das heißt aber nicht, das sie (nicht-grüne) westliche Werte hochhalten würden oder die westlichen Werte, die russische Medien verdammen, mit den grünen Werten gleichzusetzen wären.
So erfrischend es war, als Rusia Today den Skandal um die grünen Pedovergangenheiten in klaren Worten und ohne unangebrachte Zurückhaltung thematisierte, während die grünerote Mehrheit unter den deutschen Journalisten dies klein reden wollte, so ist mir doch auch klar, das RT keine seriöse Quelle ist und im allgemeinen deutlich unglaubwürdiger als westliche Medien, wenn nicht gerade der Ruf des grünen Milieus gefährdet ist. Es war der einzige Fall, in dem ich die RT Berichterstattung für angebrachter hielt, als die irgend eines relevanten westlichen Mediums.
Es ist verständlich, wenn sich Menschen in ihrer Suche nach Orientierung nach einer neuen Richtschnur umsehen, der sie weitgehend kritiklos glauben können. Hier stecken ähnliche Mechanismen dahinter, wie sie Zettel bereits in seiner Serie zu Verschwörungstheorien thematisiert hat (inbesondere Teil 4: Verschwörungstheorien (4): Aus der Skepsis in den Glauben vom 11.09.2006), selbst dann, wenn es nicht direkt um Verschwörungen geht, die Bezeichnung Verschwörungstheorie also wörtlich genommen nicht treffend ist.
Die einzige Lösung ist es auch hier, Leute zum Nachdenken und Reflektieren anzuregen und zu hoffen, sie langfristig zu erreichen. Das geht nicht von heute auf morgen, muss es auch nicht und ist normal: Gefestigte Meinungen ändert man in den meisten Fällen nicht spontan, die meisten Überzeugungen werden aus gutem Grund erst einmal verteidigt. Es ist stattdessen ein langer Prozess, der stattfindet, wenn man regelmäßig auch mit Ansichten konfrontiert wird, die gegen bisherige Glaubenssätze verstoßen, sofern man Argumente hört und man sich gegen die Quelle noch nicht komplett abgeschottet hat, in dem Sie als Teil der großen Verschwörung gesehen wird. Gerade letzteres ist aber die große Hürde, die auf Grund des fundamentalen Vertrauensverlust, der am Anfang des Verschwörungstheoriefindungsmechanismus steht, besteht. Aber am Ende sollte jedem, der sich nicht zum Spielball machen lassen will, klar sein, das wir Russland heute noch weniger vertrauen können, als durchgrünten Medien, es ist nur heute weiter weg, als unsere einheimischen Grünen.
Techniknörgler
© Techniknörgler. Für Kommentare bitte hier klicken. Die Passage zu Janukowitsch's Amtsverlust wurde konkretisiert.