Mein
geschätzter Mitautor Erling Plaethe hat seine Sicht zur Haltung der
Islamverbände in Deutschland zur Barbarei der ISIS beschrieben. Er freut sich
über die Stellungnahmen, die endlich eine klare Distanzierung zum Terror des
„islamischen Staates“ erkennen lassen, eine Distanzierung, die selbst nach
Aussage von Aiman Mazyek recht spät kommt. Ich möchte dem an dieser Stelle
einen kleinen Kontrapunkt entgegenstellen.
Dies ist
ein schwieriger Artikel. Weil er heikel ist. Und weil das Thema heikel ist.
Deshalb wird er etwas länger werden, denn nichts ist ärgerlicher als bei einem
heiklen Thema missverstanden zu werden.
Ich freue
mich auch über die klare Aussage der deutschen Islamverbände. Und dennoch habe
ich ein Problem damit: Ich kann nicht erkennen wie ehrlich die Distanzierung
ist und ich neige dazu Menschen nicht unbedingt zu glauben, wenn sie hehre
Motive vor sich hertragen. In dem von Erling Plaethe verlinkten Artikel
beschreibt Herr Mayzek zunächst recht offen den Hintergrund seines Artikels:
Die zunehmende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Für den Vorsitzenden des,
zwar selbsternannten, aber durchaus nicht völlig unrepräsentativen,
Zentralrates der Muslime in Deutschland muss Islamfeindlichkeit natürlich ein
zentrales Problem sein. Und als Lobbyist für den Islam in Deutschland ist es
nur natürlich, dass er dieses Problem zu bekämpfen sucht. Und nichts ist dabei
besser als das zu sagen, was die Leute hören wollen. Die Aussage: „Ich bin ein
Jude, wenn eine Synagoge angegriffen wird, ein Christ, wenn diese im Irak
vertrieben werden und ein Muslim, wenn es Anschläge auf Moscheen gibt.“ klingt
sehr gut, aber im Kontext dessen, dass Sie vor allem auf die von ihm beklagte
Islamfeindlichkeit abhebt, dann wieder nicht mehr ganz so gut. Oder anders
gesagt: Worte sind billig.
Ich denke
Herr Mayzek bleibt derzeit gar nicht so viel anderes übrig, wenn er nicht
verhindern will, dass die Gräben, die derzeit die deutsche Gesellschaft in
Bezug auf den Islam durchziehen, nicht noch tiefer werden sollen. Er ist
getrieben vom Terror der ISIS, ob er an dieser Stelle von seinen Überzeugungen
getrieben ist, ist dadurch schwer bis gar nicht zu sagen. Oder weniger
verklausuliert: Es müsste das auch sagen, wenn er es nicht für richtig hält.
Weil es seiner Aufgabe entspricht, genauso wie ein Lobbyist im Energiebereich
die Energiewende loben muss, auch wenn er sie persönlich für Unsinn hält. Man
sollte auch nicht vergessen, dass derselbe Herr Mayzek sich nicht allzu sehr
hinter Kurt Westergaard gestellt hat, als dieser mit dem Tode bedroht wurde
(und das sehr (!) konkret), sondern es weit wichtiger fand darauf hinzuweisen,
dass Westergaard seinen Propheten mit Füssen getreten habe. Was sowohl sachlich
kaum haltbar sein dürfte, aber auch gerade nicht ein Standpunkt ist, der sich
hinter die Freiheit von Westergaard stellt. Wie geht das zusammen mit dem
vorher gesagten? Müsste er nicht auch ein Karikaturist sein, wenn diese mit dem
Tode bedroht werden? Oder geht das dann doch nicht so weit?
Kürze ich
es ab: Ich kann Herr Mayzek eine Aussage nur schwer abnehmen. Zu
widersprüchlich ist sein Verhalten in der Vergangenheit im Vergleich zu heute. Und
zu nützlich seine Aussage zum heutigen Zeitpunkt. Die Islamverbände wissen
auch, dass der Islam, trotz aller Unkenrufe, in Deutschland noch deutlich in
der Minderheit ist. Eine stärkere Spaltung der Gesellschaft können sie nicht
brauchen.
Ich muss an
dieser Stelle zugeben, dass das ganze unfair ist. Denn die Islamverbände
könnten sehr wenig tun, um mich zu überzeugen, dass diese Distanzierung so
ehrlich ist, wie sie klingen soll.
Die
Amerikaner haben einen schönen Satz: Right or wrong, my country. Auch wenn der
seinem ursprünglichen Kontext inzwischen entzogen ist, so sagt er heute
ungefähr soviel aus wie: Ich stehe zu meinem Land, auch im Unrecht. Diese
Haltung ist alles andere als selten. Man könnte sagen, sie ist geradezu
international und allgegenwärtig. Wissen Sie, wo man das am besten sehen kann,
lieber Leser? Beim Fußball. Bei kaum einem internationalen Ereignis kann man
diese Haltung so eindringlich sehen. Kommt es zu einem Foul, noch dazu einem
schweren Foul, so haben sie trotzdem oftmals zwei Meinungen, die des einen und
die des anderen Landes. Man steht zu seinem Land. Oder auch nur zu seiner peer
group. Psychologen mögen da deutlich mehr intelligentes zu sagen können, aber
der Effekt ist uns allen schon begegnet und kaum jemand kann sich davon frei
machen. Auch ein Muslim nicht. Und auch kein Christ nebenbei. Ich habe auf der
Schule vor langen Jahren heftige Streite um den Nordirland Konflikt erlebt. Und
mit einer ganz klaren Verteilung zwischen evangelischen und katholischen Schülern.
Man hält zu seiner peer group.
Natürlich
wird auch jeder Muslim, der noch alle Latten am Zaun hat, den Terror der ISIS
verurteilen. Zumal seine Opfer primär und gerade Muslime sind. Aber es wird
gerne grau, wenn die Opfer aus einer anderen peer group kommen. So habe ich
Herrn Mayzek noch nicht aufstehen sehen, wenn in Ägypten Christen verfolgt
werden. Oder wenn in Tel Aviv eine Bombe explodiert um möglichst viele Juden zu
töten. Man kann natürlich sagen, das ist auch nicht sein Job. Das stimmt auch.
Aber es relativiert das zuvor gesagte. Ich würde mich freuen, wenn Herr Mayzek
statt die deutsche Öffentlichkeit anzusprechen, mal die eigenen Leute
ansprechen würde, wie es sein kann, das in deutschen Moscheen Bekloppte noch
bekloppter gemacht werden. Ich würde mich freuen, wenn er sich mit seiner
eigenen Rolle mal auseinander setzen würde, ob er nicht dazu beiträgt das Leute
auf dumme Ideen kommen. Oder das er mal eine Diskussion anstößt wie man damit
umgehen soll, dass der perfekte Mensch (der Prophet) doch recht deutlich zur
Gewalt gegriffen hat um seine Ziele zu erreichen. Aber ich will mich auch nicht
zu sehr an Aiman Mayzek abarbeiten.
Ich habe
Schwierigkeiten mit den Islamverbänden, weil sie einem Glaubenskonstrukt
folgen, das nicht friedlich ist. Islam bedeutet eben nicht Frieden sondern
Unterwerfung. Man kann darauf hoffen, dass der Islam diese Grundausrichtung
irgendwann abwirft, sich von dem Vorbild des Propheten löst und zu einer ganz
neuen Spiritualität findet. Aber das bedeutet in meinen Augen des Islam zu
entkernen und zu etwas völlig anderem zu machen. Ich weiß nicht ob die
Islamverbände dazu bereit sind. Ich glaube es nicht. Auch wenn das nicht fair
ist.
Das was die
ISIS derzeit treibt unterscheidet sich nicht so sehr von den Vorgängen von 1400
Jahren. Und natürlich ist das Barbarei. Schlimmste Barbarei. Aber wie kann ich
mich davon distanzieren, wenn das gleichzeitig zentrale Bestandteile meines
religiösen Dogmas sind? Ist das nicht schizophren?
Llarian
© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.