Eine
öffentliche Hatz. Rufmord. Das ist es, zumindest in der Eigenwahrnehmung von
Alice Schwarzer, was derzeit öffentlich stattfindet, seit sich die Presse
entschlossen hat über ihre -nennen wir es beim Namen- Steuerhinterziehung zu
schreiben. Nun kann man dem deutschen Pressemob sicher vieles vor- oder
nachwerfen, aber das eine Person, die ansonsten jedes bisschen Bühne und
Aufmerksamkeit zu erreichen gesucht hat, sich darüber beschwert, dass auch mal
über ihre eigenen Moralvorstellungen berichtet, klingt doch ein wenig absurd.
Prinzipiell
bin ich kein allzu großer Ankläger von Leuten, die Steuern verkürzen, ich finde
die Gier des Staates bedeutet dramatischer als den Wunsch der Bürger nicht ihr
ganzes Geld dem Staat geben zu müssen. Daher verüble ich Alice Schwarzer die
Tatsache, dass sie den Staat um ein paar hunderttausend Euro betuppt hat,
eigentlich nur am Rande (Sie hat mit Sicherheit an anderer Stelle mehr Steuern
bezahlt als die meisten anderen Bürger dieses Landes). Ebenso finde ich auch
die öffentliche Entrüstung etwas lächerlich, angesichts der Tatsache, dass
Millionen Deutsche mangels Masse zwar keine Millionen in die Schweiz bringen,
aber auch wenig Probleme damit haben ihre Freizeitlektüre als
Fortbildungsliteratur bei der Steuer anzugeben oder die Friseuse schwarz die
Haare schneiden zu lassen.
Was mich
dagegen weitflächig abstößt ist Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral. Und das
verspritzt Frau Schwarzer im Moment in rauen Mengen. Sie findet die ganze
Angelegenheit einen „Fehler, den sie sehr bedauert“ und ihr „Unrechtsbewusstsein“
in dieser Sache habe sich erst in den letzten Jahren geschärft.
Seien wir
ehrlich, Frau Schwarzer, auch wenn es Ihnen schwer fällt: Es war kein Fehler,
sondern es war kriminell und ihr Unrechtsbewusstsein wurde nicht geschärft, es
geht Ihnen die Muffe einzufahren, wenn noch ein paar Steuer-CDs mehr aus der
Schweiz auftauchen. Uli Hoeneß führt gerade sehr schön vor, wie elend das
ausgehen kann. Und das möchte auch eine Frau Schwarzer nicht erleben. Es ist
schlicht Angst vor Bestrafung.
Das die
Presse über jemanden berichtet der sich selber als moralische Instanz über
andere geriert, liegt in der Natur der Sache. Über Uli Hoeneß wurde weit mehr
geschrieben und ein Herr Zumwinkel wurde in Handschellen auf Seite eins veröffentlicht.
Und wenn wir gerade bei Rufmord sind, was Jörg Kachelmann in der Bild Zeitung
aus der Feder Alice Schwarzers lesen musste, geht vermutlich weit über den
Begriff hinaus. Wenn das Berichten über die tatsächliche Moral von Alice
Schwarzer Rufmord sein soll, dann darf man sich fragen, was die drei Herren
wohl erlebt haben. Da fehlt nämlich in dem Moment die Vokabel.
Nun schrieb
ich in der Überschrift etwas vom letzten Respekt. Den habe ich tatsächlich
einmal empfunden. Ich fand die Person Alice Schwarzer schon immer sehr „anstrengend“.
Ich kann mit Feminismus (genauso wenig wie mit Chauvinismus) nix anfangen. Und
das meiste was ich je in der Emma gelesen habe, wäre wohl mit dem Wort
hirnverbrannt ganz gut umschrieben. Aber man muss nicht einer Meinung sein, um
jemanden zu respektieren. Man kann auch hinnehmen, dass jemand eine Meinung
hat, die ganz und gar der eigenen widerspricht, ein Weltbild von einer Welt
vertritt, in der man nicht leben möchte und einen Lebensentwurf propagiert, den
man rundheraus ablehnt. Und dennoch kann man denjenigen respektieren.
Mein
Respekt vor Alice Schwarzer stammt vor allem aus einer Zeit, in der sie sich
tatsächlichen Widrigkeiten gestellt hat, als Feminismus noch nicht politisch
korrekt war. Alice Schwarzer hat sich Zeit ihres Lebens nie vor unangenehmen
Aussagen gedrückt, auch wenn sie damit in massiver Minderheit war. Sie ist es
bis heute, die mit lauter Stimme, obwohl es politisch überhaupt nicht korrekt
ist, laut sagt, welches Frauenbild den Islam bestimmt und welche Verbrechen in „grünen“
Ländern an den dortigen Frauen verübt werden. Das habe ich immer respektiert. Schon
in der Zeit als die Emma noch eine Hinterhofpostille gewesen ist.
Aber das,
was Alice Schwarzer derzeit öffentlich abliefert, ist derart jämmerlich, dass
mir der Respekt verlorengeht. Statt offen zu dem zu stehen, was man getan (!)
hat, stilisiert man sich selbst zum Opfer (oder müsste man hier frau schreiben?). Redet sich zum Opfer von dunklen Verschwörungen,
weil man gegen die Prostitution kämpft. Gerade letzteres finde ich besonders abstoßend,
denn sich selber hinter einem solchen Thema zu verstecken, die eigenen Charakterfehler
so zu verbergen, das ist schon sehr arm.
Ich habe
kein Problem mit „Steuersündern“. Ich zahl auch nicht gerne oder freiwillig Steuern.
Aber es fällt schwer jemanden zu respektieren, der beim Steuern sparen erwischt
wird und noch rum heult, dass andere darüber reden.
Llarian
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