4. Februar 2014

Alice im Wunderland. Oder wie jemand den letzten Rest Respekt verspielt.


Eine öffentliche Hatz. Rufmord. Das ist es, zumindest in der Eigenwahrnehmung von Alice Schwarzer, was derzeit öffentlich stattfindet, seit sich die Presse entschlossen hat über ihre -nennen wir es beim Namen- Steuerhinterziehung zu schreiben. Nun kann man dem deutschen Pressemob sicher vieles vor- oder nachwerfen, aber das eine Person, die ansonsten jedes bisschen Bühne und Aufmerksamkeit zu erreichen gesucht hat, sich darüber beschwert, dass auch mal über ihre eigenen Moralvorstellungen berichtet, klingt doch ein wenig absurd.
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Prinzipiell bin ich kein allzu großer Ankläger von Leuten, die Steuern verkürzen, ich finde die Gier des Staates bedeutet dramatischer als den Wunsch der Bürger nicht ihr ganzes Geld dem Staat geben zu müssen. Daher verüble ich Alice Schwarzer die Tatsache, dass sie den Staat um ein paar hunderttausend Euro betuppt hat, eigentlich nur am Rande (Sie hat mit Sicherheit an anderer Stelle mehr Steuern bezahlt als die meisten anderen Bürger dieses Landes). Ebenso finde ich auch die öffentliche Entrüstung etwas lächerlich, angesichts der Tatsache, dass Millionen Deutsche mangels Masse zwar keine Millionen in die Schweiz bringen, aber auch wenig Probleme damit haben ihre Freizeitlektüre als Fortbildungsliteratur bei der Steuer anzugeben oder die Friseuse schwarz die Haare schneiden zu lassen.
Was mich dagegen weitflächig abstößt ist Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral. Und das verspritzt Frau Schwarzer im Moment in rauen Mengen. Sie findet die ganze Angelegenheit einen „Fehler, den sie sehr bedauert“ und ihr „Unrechtsbewusstsein“ in dieser Sache habe sich erst in den letzten Jahren geschärft.
Seien wir ehrlich, Frau Schwarzer, auch wenn es Ihnen schwer fällt: Es war kein Fehler, sondern es war kriminell und ihr Unrechtsbewusstsein wurde nicht geschärft, es geht Ihnen die Muffe einzufahren, wenn noch ein paar Steuer-CDs mehr aus der Schweiz auftauchen. Uli Hoeneß führt gerade sehr schön vor, wie elend das ausgehen kann. Und das möchte auch eine Frau Schwarzer nicht erleben. Es ist schlicht Angst vor Bestrafung.
Das die Presse über jemanden berichtet der sich selber als moralische Instanz über andere geriert, liegt in der Natur der Sache. Über Uli Hoeneß wurde weit mehr geschrieben und ein Herr Zumwinkel wurde in Handschellen auf Seite eins veröffentlicht. Und wenn wir gerade bei Rufmord sind, was Jörg Kachelmann in der Bild Zeitung aus der Feder Alice Schwarzers lesen musste, geht vermutlich weit über den Begriff hinaus. Wenn das Berichten über die tatsächliche Moral von Alice Schwarzer Rufmord sein soll, dann darf man sich fragen, was die drei Herren wohl erlebt haben. Da fehlt nämlich in dem Moment die Vokabel.
Nun schrieb ich in der Überschrift etwas vom letzten Respekt. Den habe ich tatsächlich einmal empfunden. Ich fand die Person Alice Schwarzer schon immer sehr „anstrengend“. Ich kann mit Feminismus (genauso wenig wie mit Chauvinismus) nix anfangen. Und das meiste was ich je in der Emma gelesen habe, wäre wohl mit dem Wort hirnverbrannt ganz gut umschrieben. Aber man muss nicht einer Meinung sein, um jemanden zu respektieren. Man kann auch hinnehmen, dass jemand eine Meinung hat, die ganz und gar der eigenen widerspricht, ein Weltbild von einer Welt vertritt, in der man nicht leben möchte und einen Lebensentwurf propagiert, den man rundheraus ablehnt. Und dennoch kann man denjenigen respektieren.
Mein Respekt vor Alice Schwarzer stammt vor allem aus einer Zeit, in der sie sich tatsächlichen Widrigkeiten gestellt hat, als Feminismus noch nicht politisch korrekt war. Alice Schwarzer hat sich Zeit ihres Lebens nie vor unangenehmen Aussagen gedrückt, auch wenn sie damit in massiver Minderheit war. Sie ist es bis heute, die mit lauter Stimme, obwohl es politisch überhaupt nicht korrekt ist, laut sagt, welches Frauenbild den Islam bestimmt und welche Verbrechen in „grünen“ Ländern an den dortigen Frauen verübt werden. Das habe ich immer respektiert. Schon in der Zeit als die Emma noch eine Hinterhofpostille gewesen ist.
Aber das, was Alice Schwarzer derzeit öffentlich abliefert, ist derart jämmerlich, dass mir der Respekt verlorengeht. Statt offen zu dem zu stehen, was man getan (!) hat, stilisiert man sich selbst zum Opfer (oder müsste man hier frau schreiben?). Redet sich zum Opfer von dunklen Verschwörungen, weil man gegen die Prostitution kämpft. Gerade letzteres finde ich besonders abstoßend, denn sich selber hinter einem solchen Thema zu verstecken, die eigenen Charakterfehler so zu verbergen, das ist schon sehr arm.
Ich habe kein Problem mit „Steuersündern“. Ich zahl auch nicht gerne oder freiwillig Steuern. Aber es fällt schwer jemanden zu respektieren, der beim Steuern sparen erwischt wird und noch rum heult, dass andere darüber reden.

Llarian


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