15. Juli 2013

Die Vereinten Nationen und Deutschland in der Gruppentherapie


Sie ist ja schon eine etwas abgetakelte alte Diva, die UNO; sie hat ihre besten Tage hinter sich. Und wie das bei Diven oft der Fall ist, gelingt es ihr nicht, in Würde zu altern. Sie schminkt sich grell und läßt sich liften; dennoch fällt es schwer, bei den Nationen noch das Vereinte zu entdecken. Es ist eben nicht eine Welt, sondern eine multipolare mit vielen einzelstaatlichen Partikularinteressen. Die USA haben sich ohnehin längst abgewandt
Was läge für diese alternde Patientin also näher als eine erfahrungsorientierte Gruppentherapie, zur Selbstvergewisserung eigener Bedeutsamkeit und Wichtigkeit vor dem Publikum der Welt? Gesagt, getan.
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Unter der therapeutischen Leitung des UN-Menschenrechtsrats fanden sich also kürzlich die einzelnen Patienten zusammen. Und da die große Zeit der UNO einige Jahrzehnte zurückliegt, hat man sich für eine gruppentherapeutische Technik entschieden, die ebenfalls vor einigen Jahrzehnten einmal angesagt war. Sie nennt sich Der heiße Stuhl. Dabei wird ein Patient in die Mitte gesetzt und muß schweigen, während alle anderen Patienten im Stuhlkreis drumherum aufgerufen sind, diesen zu ärgern, zu beschimpfen, ihm Dinge zu unterstellen, also "alles rauszulassen", während der zum Schweigen angehaltene Patient dies "aushalten" soll und sich anschließend für die "Rückmeldungen" zu bedanken hat.

Und so fing man also an. Jeder Teilnehmer hatte 74 Sekunden Zeit; Deutschland auf dem "heißen Stuhl".

Da konnte der Patient Nordkorea, er leidet übrigens an einer akuten paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, dem Patienten Deutschland mangelnde Versammlungsfreiheit attestieren. Der Patient Deutschland, der eine selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung hat und zwanghaft über die Frage grübelt, ob er von seinen Mitpatienten auch gemocht und anerkannt werde (bei übrigens fehlender Krankheitseinsicht), nahm dies dankbar auf. Das multiple Nicaragua hielt Deutschland vor, daß in seiner Mitte mehr als 7000 Straßenkinder lebten und die Emotional Instabile (impulsiver Typ) Türkei -was sonst- die NSU-Morde, die tiefgehende Rassismusprobleme beim Patienten offenbarten. Das an einer Antisozialen Persönlichkeit leidende Rußland wirft Deutschland "exzessive Polizeigewalt" vor, während das neurasthenische Palästina sich um die Gleichberechtigung der Frau beim deutschen Patienten sorgte.

Als der Menschenrechtsrat, als leitender Therapeut, die Sitzung mit den Worten Schön, daß wir darüber geredet haben beenden wollte, meldete sich noch rasch der therapeutische Adlatus, der Antirassismusausschuß, mit einer Rüge (hier im Original) zu Wort. Deutschland beherberge mit Thilo Sarrazin einen ausgewiesenen Rassisten; das Interview, das er der Zeitschrift Lettre International im Jahr 2009 gegeben hatte, sei eindeutig rassistisch. Deutschland habe seine Bevölkerung nicht ausreichend vor diesen Äußerungen geschützt
Daraufhin wurde Deutschland in eine 90tägige therapeutische Auszeit geschickt, damit es sich klar werde, wie damit "umzugehen" sei.

Vor wenigen Tagen endete die therapeutische Frist zum Nachdenken, und die Bundesregierung hat zu der Rüge Stellung genommen. Natürlich ist man einsichtig. Man werde geflissentlich "im Lichte der Äußerungen des Ausschusses" prüfen, ob Gesetze zu verschärfen seien. Die Berliner Staatsanwaltschaft, die ein Verfahren wegen Beleidigung und Volksverhetzung längst eingestellt hatte, werde gebeten "jede Möglichkeit zu prüfen, die Entscheidung zur Verfahrenseinstellung zu überdenken". Rechtsstaat hin, Gewaltenteilung her, möchte man ergänzen. 
Gegen das Kulturmagazin Lettre International wird man jetzt wohl auch Ermittlungen einleiten wegen der Verbreitung rassistischen Gedankengutes?

Die UNO ist wohl ein hoffnungsloser Fall. Deutschland allerdings auch, wenn es seine Rechtsprinzipien in gewohnt devoter Manier für solche UN-Kasperveranstaltungen preiszugeben bereit ist.



Andreas Döding


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