Doch, es gibt eine Begründung.
Berlins Regierender Bürgermeister kennt sie mit Sicherheit auch. Und das Beunruhigende an der Begründung ist wohl wiederum der Grund warum Klaus Wowereit ihre Existenz bestreitet.
Vor 80 Jahren gab es das, was im Zitat als "Aktion" bezeichnet wird, auch. Nur im Rückblick würde man dies wohl kaum so nennen, es sei denn man will sich der Nähe zum rechtsradikalen Spektrum verdächtig machen.
Das "Kauft nicht bei Juden" wurde zu einem Synonym für den Beginn der Judenverfolgung und der späteren Vernichtung.
Doch es begann mit der Einschüchterung und Vertreibung von Ladenbesitzern.
Doch es begann mit der Einschüchterung und Vertreibung von Ladenbesitzern.
Das heutige "Kauft nicht bei Schwaben" steht für ein Gefühl der Überfremdung das in dem Begriff Gentrifizierung aufgeht. Im Grunde geht es um Sozialneid, wie damals. Es geht um Missgunst gegenüber Gewerbetreibenden die etwas anders sprechen, auch das gab es damals schon. Und es geht um Fremdenfeindlichkeit gegenüber anderen Deutschen.
Soweit zu den Ähnlichkeiten zu 1933.
Es geht auch um Analogien. Wer auch immer diesen Spruch an den Laden einer Besitzerin aus Karlsruhe geschrieben hat, weiß was er bewirkt - Angst.
Berlin-Prenzlauer Berg gehört schon lange nicht mehr zum weltoffenen Teil der Stadt. Auch mit Kindern sucht man sich besser eine andere Wohngegend.
Ein Regierender Bürgermeister der diesen Anschlag als "Aktion" bezeichnet, für die es keine Begründung gibt, findet weder die passenden Worte noch sind von ihm Taten zu erwarten, die das investitionsunfreundliche Klima der Stadt helfen zu verbessern.
Ladenbesitzerinnen wie die junge Frau aus Karlsruhe sind eben auch dies: Investoren.
Bürger, die ihr Leben in die eigenen Hände nehmen. Da kommt es schon mal vor, dass sich auch wirtschaftlicher Erfolg einstellt. Wenn aber dieser Erfolg in der wenigen arbeitsfreien Zeit in einer schönen Wohnung gelebt werden möchte, mit der Bereitschaft auch dafür etwas mehr zu bezahlen, was im Vergleich mit anderen europäischen Hauptstädten immer noch lächerlich wenig ist, wird er an den Pranger gestellt.
Auch das gehört zu den Ähnlichkeiten von vor 80 Jahren.
Der Prenzlauer Berg war bis zum Fall der Mauer so grau und marode wie die DDR. Die Sanierung dieses Bezirkes hat viel Geld gekostet, welches durch Mieteinnahmen irgendwann auch wieder hereinkommen muss. Das versteht offenbar nicht jeder, der gegen die sogenannte Gentrifizierung kämpft. Dass diese Kämpfer aus dem mehrjährigen Aufenthalt in einer Mietwohnung ein Recht auf dieselbe ableiten oder gar auf den ganzen Bezirk, ist schon anmaßend genug.
Doch Anderen ihre Freizügigkeit im gemeinsamen Land abzusprechen und sie zu bedrohen, in dem Analogien zum Terror von Mörderbanden geschaffen werden, ist keine "Aktion" sondern unverhohlender Hass.
Und lässt den ganzen ethischen Popanz im Zusammenhang mit der Gentrifizierung auf das Profane seines Ursprungs zurückführen:
Etwas in Besitz zu nehmen was einem nicht gehört. Und auch das gehört zu den Ähnlichkeiten.
Erling Plaethe
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