Genau eine Minute und sieben Sekunden dauerte der Bericht, den in der gestrigen Tagesschau um 20.00 Uhr die Pariser Korrespondentin Ellis Fröder (WDR) in die Kamera sprach; von 07:21 bis 08:28. In dieser guten Minute brachte sie zwei gravierende Falschmeldungen unter. Hier der Text ihres Beitrags (die betreffenden Passagen sind von mir hervorgehoben), den der Sprecher Jan Hofer mit den Worten eingeleitet hatte "Zum aktuellen Stand der Auszählung nun live von der Parteizentrale der Sozialisten in Paris Ellis Fröder":
Zur Zahl der Sitze der Sozialisten: Das vorläufige amtliche Endergebnis liegt, während ich dies schreibe, beim französischen Innenministerium noch nicht vor. Die Agenturen melden aber übereinstimmend sehr ähnliche Zahlen. Die Auflistung bei Le Monde basiert auf derzeit 566 vergebenen Sitzen von 577 (in Klammern meine Erläuterung):
Die Zahl 291, die Ellis Fröder nannte, war nie ein offizielles oder halboffizielles Ergebnis. Wo hatte sie das also her? Es gab nach Schließung der Wahllokale zahlreiche Hochrechnungen. In einer der ersten, der des Instituts Ipsos, gab es vorübergehend diese Zahl. Ipsos hat sie schon bald durch eine bessere Schätzung ersetzt. Aber Spuren dieser ersten Hochrechnung findet man noch; zum Beispiel hier und hier.
Hätte Ellis Fröder von einer ersten Hochrechnung eines einzelnen Instituts gesprochen, dann wäre die Zahl 291 ja in Ordnung gewesen. Ihr Behauptung, die Sozialisten hätten 291 Sitze bekommen, war eine Falschmeldung.
Und Marine Le Pen? Ich habe keine Quelle gefunden, die im Lauf des Wahlabends behauptet hätte, daß sie ihren Wahlkreis gewonnen hatte. Es wurde durchweg ein knappes Rennen gemeldet, bis schließlich der Sozialist Philippe Kemel mit 50,11 Prozent gegen 49,89 Prozent für Marine Le Pen gewann.
Woher diesmal Ellis Fröder ihre Falschmeldung hatte, kann man nur vermuten. Der Wahlkreis von Marine Le Pen ist Pas-de-Calais 11; und dort ist die größte Stadt Hénin-Beaumont. In dieser Stadt hat Le Pen in der Tat mit 55 Prozent gewonnen. Vielleicht hat die Korrespondentin des WDR schlicht die Stadt mit dem Wahlkreis verwechselt; wer weiß.
Nachtrag um 12.40 Uhr: Inzwischen liegt das vorläufige amtliche Endergebnis vor. Wie in dem Artikel über die Ergebnisse des ersten Wahlgangs gebe ich die offizielle Bezeichnung an und erläutere sie in Klammern. Bei den Sitzen sind auch die im ersten Wahlgang gewonnenen berücksichtigt:
Linkes und linksradikales Lager:
Jubel bei den Sozialisten. Sie haben ihr Ziel erreicht. Sie haben die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung bekommen - 291 von möglichen 577 Sitzen. Das ist eine deutliche Mehrheit für die Sozialisten. Sie können jetzt quasi durchregieren im Inland, können alle ihre Vorhaben durchsetzen. Aber auch François Hollande ist jetzt so stark wie ... im Ausland. Er kann jetzt noch ... mit noch mehr Kraft, mit noch mehr Vehemenz seine Vorhaben und seine Vorschläge zur Lösung der Eurokrise durchsetzen. Die UMP, die konservative Partei des ehemaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy geht geschwächt aus dieser Wahl hervor. Die Partei befindet sich inzwischen in einem Erosionsprozeß. Wahrscheinlich ... ganz sicher hat der rechtsextreme Front National Sitze in der Nationalversammlung gewonnen. Es scheint sicher zu sein, daß Marine Le Pen, die Vorsitzende, in die Nationalversammlung einzieht. Offen ist noch, ob sie noch weitere Parteimitglieder mitnehmen kann. Nicht geschafft hat es Ségolène Royal. Sie wollte Vorsitzende ... Präsidentin der Nationalversammlung werden. Sie hat es nicht geschafft, ein Abgeordnetenmandat zu erreichen und wird deshalb jetzt nicht in die Nationalversammlung einziehen können. Und damit zurück zu Jan Hofer.Als ich das hörte, war ich baß erstaunt. Ich hatte bis zur Tagesschau die Berichterstattung in Frankreich verfolgt. Dort wußte man weder, daß die Sozialisten 291 Sitze gewonnen hatten, noch daß Marine Le Pen den Einzug in die Nationalversammlung geschafft hatte.
Zur Zahl der Sitze der Sozialisten: Das vorläufige amtliche Endergebnis liegt, während ich dies schreibe, beim französischen Innenministerium noch nicht vor. Die Agenturen melden aber übereinstimmend sehr ähnliche Zahlen. Die Auflistung bei Le Monde basiert auf derzeit 566 vergebenen Sitzen von 577 (in Klammern meine Erläuterung):
Front de Gauche (linksradikal; Partei Mélenchons): 10Die Sozialisten als Partei haben mit 271 Mandaten danach nicht die absolute Mehrheit von mindestens 289 Sitzen. Allerdings werden die Verbündeten (PRG und linke Einzelkandidaten) ihnen oft unter Etiketten wie PS et Alliés zugerechnet. Tut man das, dann kommt man auf eine absolute Mehrheit von derzeit 306 Sitzen.
PS (Sozialisten): 271
Parti Radical de Gauche (PRG; linksliberal, mit den Sozialisten verbündet): 13
Divers Gauche (linke Einzelkandidaten, meist mit den Sozialisten verbündet): 22
Écologistes (Grüne): 17
MoDem (Partei Bayrous): 4
Nouveau Centre (NV; Rechtsliberale, gehörten zur Regierungsmehrheit Sarkozys): 12
Parti radical valoisien (PRV; desgleichen): 8
Divers Droite (Rechte Einzelkandidaten): 18
UMP (Partei Sarkozys): 186
Extrème Droite (der rechtsradikale Front National und ein Einzelkandidat, der ihn verlassen hatte): 3
Divers (nicht zugeordnete Einzelkandidaten): 2
Die Zahl 291, die Ellis Fröder nannte, war nie ein offizielles oder halboffizielles Ergebnis. Wo hatte sie das also her? Es gab nach Schließung der Wahllokale zahlreiche Hochrechnungen. In einer der ersten, der des Instituts Ipsos, gab es vorübergehend diese Zahl. Ipsos hat sie schon bald durch eine bessere Schätzung ersetzt. Aber Spuren dieser ersten Hochrechnung findet man noch; zum Beispiel hier und hier.
Hätte Ellis Fröder von einer ersten Hochrechnung eines einzelnen Instituts gesprochen, dann wäre die Zahl 291 ja in Ordnung gewesen. Ihr Behauptung, die Sozialisten hätten 291 Sitze bekommen, war eine Falschmeldung.
Und Marine Le Pen? Ich habe keine Quelle gefunden, die im Lauf des Wahlabends behauptet hätte, daß sie ihren Wahlkreis gewonnen hatte. Es wurde durchweg ein knappes Rennen gemeldet, bis schließlich der Sozialist Philippe Kemel mit 50,11 Prozent gegen 49,89 Prozent für Marine Le Pen gewann.
Woher diesmal Ellis Fröder ihre Falschmeldung hatte, kann man nur vermuten. Der Wahlkreis von Marine Le Pen ist Pas-de-Calais 11; und dort ist die größte Stadt Hénin-Beaumont. In dieser Stadt hat Le Pen in der Tat mit 55 Prozent gewonnen. Vielleicht hat die Korrespondentin des WDR schlicht die Stadt mit dem Wahlkreis verwechselt; wer weiß.
Nachtrag um 12.40 Uhr: Inzwischen liegt das vorläufige amtliche Endergebnis vor. Wie in dem Artikel über die Ergebnisse des ersten Wahlgangs gebe ich die offizielle Bezeichnung an und erläutere sie in Klammern. Bei den Sitzen sind auch die im ersten Wahlgang gewonnenen berücksichtigt:
Linkes und linksradikales Lager:
Mitte und rechtes Lager:Front de gauche (Linksfront; Kommunisten und ihre Verbündeten): 1,08%, 10 Sitze Socialistes (die Partei Präsident Hollandes): 40,91%, 280 Sitze Radical de Gauche (linksliberal, mit den Sozialisten verbündet): 2,34%, 12 Sitze Divers gauche (linke Einzelkandidaten, meist mit den Sozialisten verbündet): 3,60%, 22 Sitze Europe-Ecologie-Les Verts (Grüne): 3,60%, 17 Sitze
Rechtsradikales Lager:Le Centre pour la France (die Partei Bayrous, bisher MoDem): 0,49%, 2 Sitze Alliance centriste (Rechtsliberale; aus der mit der UMP verbündeten UDF hervorgegangen): 0,54%, 2 Sitze Parti radical (ebenfalls aus der UDF hervorgegangen): 1,35%, 6 Sitze Nouveau Centre (die ehemalige UDF, die sich umbenannte, als Bayrou das MoDem gründete): 2,47%, 12 Sitze Union pour un Mouvement Populaire (die bisher von Sarkozy geführte UMP): 37,95%, 195 Sitze Divers droite (Rechte Einzelkandidaten): 1,82%, 15 Sitze
Keinem Lager zuzuordnen:Front National (Marine Le Pens FN, der zu diesen Wahlen unter dem Namen Rassemblement Bleu Marine antrat): 3,66%, 2 Sitze Extrême droite (Einzelkandidaten auf der äußersten Rechten): 0,13%, 1 Sitz
Die Sozialisten haben also als Partei mit 280 Sitzen die absolute Mehrheit verfehlt. Zusammen mit ihren Verbündeten kommen sie aber auf eine komfortable Mehrheit von 314 Sitzen; sie sind also nicht auf eine Koalition mit der Linksfront und/oder den Grünen angewiesen.Régionalistes (Kandidaten für regionale Autonomie): 0,59%, 2 Sitze.
Zettel
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