Die von den Verantwortlichen gerne zur Ablenkung als "Eurokrise" bezeichnete Schuldenkrise in Europa scheint in eine neue Phase zu treten.
Die erste Phase ab dem Frühjahr 2010 war eine des hektischen Improvisierens. Merkozy und Genossen waren durch den griechischen Bankrott völlig überrascht worden. Und sie hofften durch erst zweistellige, dann dreistellige Milliardentransfers die Lage beruhigen zu können.
Spätestens im Sommer 2010 muß ihnen klar geworden sein, daß sie die Krise nicht bewältigt, sondern nur vergrößert hatten. Offziell wurden "die Spekulanten" als Sündenböcke benannt und es begann die zweite Phase: Die Ad-Hoc-Finanzmaßnahmen sollten durch feste Institutionen abgelöst werden, durch "Schirme" und Verträge à la EFSF, ESM und "Fiskalpakt".
Wie zu erwarten war hat all' dies die Krise nicht lösen können. Man kann eben ein Schuldenproblem nicht durch Aufnahme von noch mehr Schulden lösen. Es beginnt nun die dritte Phase, Schäuble droht mit der "perfekten Lösung" - nämlich der vollständigen Zentralisierung der Macht in Europa.
Man könnte dieses Interview jetzt Zeile für Zeile auseinandernehmen. Selten habe ich von einem Politiker der demokratischen Mitte so viel Unsinn gelesen. Ich bin nun wirklich ein Anhänger der gemeinsamen Währung - aber daß wir ohne Euro bei der Globalisierung nicht mehr mithalten könnten, daß die Reisefreiheit gefährdet wäre, daß ein "erheblicher Verlust" beim Wohlstand drohen würde: Das ist substanzlose Horrorpropaganda.
Aber nur mit solcher Angstmacherei hoffen er und andere Spitzenpolitiker ihr Projekt durchzubringen, vielleicht sogar bei einer Volksabstimmung. Nur mit massiver Einschüchterung der Wähler kann man diese vielleicht dazu bringen, ihren ohnehin geringen Einfluß auf die Regierungspolitik noch weiter zu beschneiden und der unkontrollierten fernen Zentrale noch mehr Einfluß zu geben.
Denn Föderalismus kommt bei Schäubles Dystopie nicht mehr vor: "das Europa der Zukunft wird kein föderaler Staat nach dem Vorbild der USA oder der Bundesrepublik sein." Die Zentrale soll nach seiner Vorstellung mehr Macht bekommen, als der deutsche Finanzminister sie hat - sie soll die Ausgabenpolitik aller Mitgliedsländer kontrollieren dürfen. Das fordert wohlgemerkt ein Politiker der gerade zugestimmt hat, daß die deutschen Bundesländer beliebig Schulden machen und die Folgen auf den Bund abwälzen dürfen!
Auch die Banken sollen viel mehr als bisher unter staatliche Knute kommen: "Zudem zeigen die Probleme der spanischen Finanzinstitute einmal mehr, dass Europa mit einer Bankenunion besser fahren würde. Wir brauchen eine europäische Aufsicht zumindest über die größten Geldhäuser, die dann auch direkt Einfluss auf diese nehmen kann."Direkter Einfluß auf die Banken - das hätte Lafontaine nicht anders formuliert. Und "mehr Bankenaufsicht" ist auch eine interessante Folgerung aus der Tatsache, daß die Bankenaufsicht in Deutschland wie in anderen Ländern in der ganzen Bankenkrise ein Totalausfall war und weder Schäuble noch sein Vorgänger Steinbrück die massiven Fehler bei deutschen Banken (z. B. KfW oder WestLB) bemerkt haben oder gar verhindert konnten.
Das alles soll noch abgerundet werden durch die Übertragung von Kompetenzen in der Außen- und Sicherheitspolitik. Und natürlich sollen alle Rechte bestehen bleiben, die Brüssel in den letzten Jahren bekommen oder sich genommen hat - vom kleinsten Glühbirnenverbot bis zum größten Schuldenberg soll alles zentral entschieden werden. Unten bleiben die Staaten, Länder und Kommunen nur noch als leere Hüllen, die die Entscheidungen von oben durchführen müssen, ohne wesentliche eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu behalten.
Diese Pläne sind nicht Schäubles private Idee. Er bestätigt hier nur, was gerüchteweise schon seit einigen Wochen kolportiert wird: Die EU-Spitzen wollen die von ihnen verursachte Krise nutzen, um Europa massiv umzubauen. Und es geht dabei weniger um "mehr Europa" - das ist nur der Vorwand, um die Sache zu verkaufen. Es geht dabei um mehr Zentralismus, um möglichst ungestörtes "Durchregieren" ohne lästige Subsidiarität oder Selbstbestimmung der Bürger.
Schlimmer kann man der europäischen Idee kaum schaden.
Die erste Phase ab dem Frühjahr 2010 war eine des hektischen Improvisierens. Merkozy und Genossen waren durch den griechischen Bankrott völlig überrascht worden. Und sie hofften durch erst zweistellige, dann dreistellige Milliardentransfers die Lage beruhigen zu können.
Spätestens im Sommer 2010 muß ihnen klar geworden sein, daß sie die Krise nicht bewältigt, sondern nur vergrößert hatten. Offziell wurden "die Spekulanten" als Sündenböcke benannt und es begann die zweite Phase: Die Ad-Hoc-Finanzmaßnahmen sollten durch feste Institutionen abgelöst werden, durch "Schirme" und Verträge à la EFSF, ESM und "Fiskalpakt".
Wie zu erwarten war hat all' dies die Krise nicht lösen können. Man kann eben ein Schuldenproblem nicht durch Aufnahme von noch mehr Schulden lösen. Es beginnt nun die dritte Phase, Schäuble droht mit der "perfekten Lösung" - nämlich der vollständigen Zentralisierung der Macht in Europa.
Man könnte dieses Interview jetzt Zeile für Zeile auseinandernehmen. Selten habe ich von einem Politiker der demokratischen Mitte so viel Unsinn gelesen. Ich bin nun wirklich ein Anhänger der gemeinsamen Währung - aber daß wir ohne Euro bei der Globalisierung nicht mehr mithalten könnten, daß die Reisefreiheit gefährdet wäre, daß ein "erheblicher Verlust" beim Wohlstand drohen würde: Das ist substanzlose Horrorpropaganda.
Aber nur mit solcher Angstmacherei hoffen er und andere Spitzenpolitiker ihr Projekt durchzubringen, vielleicht sogar bei einer Volksabstimmung. Nur mit massiver Einschüchterung der Wähler kann man diese vielleicht dazu bringen, ihren ohnehin geringen Einfluß auf die Regierungspolitik noch weiter zu beschneiden und der unkontrollierten fernen Zentrale noch mehr Einfluß zu geben.
Denn Föderalismus kommt bei Schäubles Dystopie nicht mehr vor: "das Europa der Zukunft wird kein föderaler Staat nach dem Vorbild der USA oder der Bundesrepublik sein." Die Zentrale soll nach seiner Vorstellung mehr Macht bekommen, als der deutsche Finanzminister sie hat - sie soll die Ausgabenpolitik aller Mitgliedsländer kontrollieren dürfen. Das fordert wohlgemerkt ein Politiker der gerade zugestimmt hat, daß die deutschen Bundesländer beliebig Schulden machen und die Folgen auf den Bund abwälzen dürfen!
Auch die Banken sollen viel mehr als bisher unter staatliche Knute kommen: "Zudem zeigen die Probleme der spanischen Finanzinstitute einmal mehr, dass Europa mit einer Bankenunion besser fahren würde. Wir brauchen eine europäische Aufsicht zumindest über die größten Geldhäuser, die dann auch direkt Einfluss auf diese nehmen kann."Direkter Einfluß auf die Banken - das hätte Lafontaine nicht anders formuliert. Und "mehr Bankenaufsicht" ist auch eine interessante Folgerung aus der Tatsache, daß die Bankenaufsicht in Deutschland wie in anderen Ländern in der ganzen Bankenkrise ein Totalausfall war und weder Schäuble noch sein Vorgänger Steinbrück die massiven Fehler bei deutschen Banken (z. B. KfW oder WestLB) bemerkt haben oder gar verhindert konnten.
Das alles soll noch abgerundet werden durch die Übertragung von Kompetenzen in der Außen- und Sicherheitspolitik. Und natürlich sollen alle Rechte bestehen bleiben, die Brüssel in den letzten Jahren bekommen oder sich genommen hat - vom kleinsten Glühbirnenverbot bis zum größten Schuldenberg soll alles zentral entschieden werden. Unten bleiben die Staaten, Länder und Kommunen nur noch als leere Hüllen, die die Entscheidungen von oben durchführen müssen, ohne wesentliche eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu behalten.
Diese Pläne sind nicht Schäubles private Idee. Er bestätigt hier nur, was gerüchteweise schon seit einigen Wochen kolportiert wird: Die EU-Spitzen wollen die von ihnen verursachte Krise nutzen, um Europa massiv umzubauen. Und es geht dabei weniger um "mehr Europa" - das ist nur der Vorwand, um die Sache zu verkaufen. Es geht dabei um mehr Zentralismus, um möglichst ungestörtes "Durchregieren" ohne lästige Subsidiarität oder Selbstbestimmung der Bürger.
Schlimmer kann man der europäischen Idee kaum schaden.
R.A.
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