22. April 2012

Frankreichs Wahljahr 2012 (3): Die Polizeiaktion gegen eine Publikation vor 20 Uhr. Sie ist nutzlos. Die ersten Resultate sind schon bekanntgeworden












Es ist eine Farce, die sich heute zwischen dem späten Nachmittag und 20 Uhr abspielen wird. Das französische Gesetz verbietet es, Resultate vor 20 Uhr zu veröffentlichen. Da sie aber vorliegen, wird es diverse Kanäle geben, auf denen sie durchdringen. Auch in diesen Blog.

Über die Gesetzeslage und den Vorschlag, sie für künftige Wahlen zu ändern, habe ich gestern in der zweiten Folge dieser Serie berichtet. Es ist typisch französisch, daß die Polizei bei der Durchsetzung des Gesetzes aber keinen Spaß versteht - la Loi ist den Franzosen heilig, was ja nichts Schlechtes ist.

In diesem Fall wurde, wie der französische Ableger der Huffington Post meldet, eigens für heute eine Spezialüberwachung des Internet aufgebaut: Die Federführung hat die Generalstaatsanwaltschaft in Paris. Deren Spezialtruppe wird das Internet ständig überwachen, vor allem die sozialen Medien. Sie steht in Verbindung mit der brigade de répression de la délinquance à la personne (BRDP), der Abteilung für Personenverbrechen der Pariser Regionalverwaltung der Kriminalpolizei und wird unverzüglich gegen die Übeltäter vorgehen.

Was wird die Reaktion des Internet sein? Wie stets bei Zensur ist der nächstliegende Weg die Verschlüsselung. Wie die Internetzeitung Le Journal du Net berichtet, gibt es bereits die Kodewörter für die Kandidaten: Für Sarkozy, der väterlicherseits aus Ungarn stammt, ist das Kodewort "Ungarn"; auch "Rolex" wurde vorgeschlagen. Das naheliegende Kodewort für Hollande ist "Niederlande", oder auch das niederländische Nationalgericht "Pfannkuchen". Der Linksextreme Mélenchon wird "Tomate" heißen usw.

Wenn also jemand twittert "Demnächst mache ich 27 Tag Urlaub in Ungarn. Bestimmt werde ich 29 Pfannkuchen essen, dazu jeweils einen Salat aus 14 Tomaten", dann weiß der Kundige das zu deuten. Und die Staatsanwälte haben die schöne Aufgabe, herauszufinden, ob man so etwas anklagen kann.



Aber nicht nur über die sozialen Medien werden die Resultate bekanntwerden, sobald sie eintreffen. Die französisch­sprachigen Teile Belgiens und der Schweiz sind stark nach Frankreich hin ausgerichtet. Dort ist das Interesse an dieser Wahl fast so groß wie in Frankreich selbst. Und dort unterliegt man nicht dem französischen Gesetz.

Aus der Schweiz wird beispielsweise die Internetzeitung 20minutes online fortlaufend berichten. Gegenwärtig sind dort bereits erste Ergebnisse aus den Übersee-Départements und -Territorien zu erfahren, allerdings unbestätigt:

In Guadeloupe hat Hollande mit 57,04% die absolute Mehrheit geholt. Sarkozy folgt abgeschlagen mit 23,38%. Die weiteren Kandidaten: Mélenchon (linksextrem) 5,40 %, Le Pen (rechtsextrem) 5,04%, Bayrou (liberal) 4,72%, Joly (die Grüne) 1,47%, Arthaud (linksextrem) 0,92%, Dupont-Aignan (konservativ) 0,84%, Poutou (linksextrem) 0,80% und Cheminade (konservativ) 0,30%.

Nach derselben Quelle hat Hollande auch in Französisch-Guyana (wo die europäische Ariane-Rakete startet) mit 42,73% gewonnen, gefolgt von Sarkozy mit 27,03%, Le Pen (10,5%), Mélanchon (7,91%), Bayrou (6,24%) und Joly (2,24%).

Auch auf der Insel Saint-Martin liegt Hollande vorn, wenn auch knapper mit 35,32% vor Sarkozy (34,00%), Le Pen (12,50%), Mélanchon (6,36%) und Bayrou (6,34%).

Natürlich besagen diese Resultate noch wenig. Aber in der Tendenz passen sie recht gut in das Bild, das ich in der ersten Folge dieser Serie skizziert habe. ­
Zettel



© Zettel. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Für Kommentare bitte hier klicken. Fotos vom Autor Guillaume Paumier unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic-Lizenz freigegeben. Beide Fotos wurden während des Wahlkampfs 2007 aufgenommen.