3. März 2012

Marginalie: Im Iran haben offenbar die klerikalen Islamisten über Ahmadinedschads populistische Islamisten triumphiert

Es ist jetzt fast 24 Stunden her, daß im Iran die Wahllokale schlossen. Und wie sind die Wahlen ausgegangen?

Sucht man bei der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA nach einer Antwort, dann findet man wenig - eine Liste mit Namen von Kandidaten aus vier Wahlkreisen (Teheran, Rey, Schemiranat and Eslamschahr) und der Zahl der Stimmen, die sie bisher erreicht haben. Da es keine Parteien gibt, kann der ausländische Leser dem nichts entnehmen; keiner der dort Aufgeführten ist außerhalb Persiens bekannt.

Wenn man etwas mehr erfahren will, dann muß man in Medien außerhalb des Iran suchen; beispielsweise der Times of India, die vor gut einer Stunde einen relativ ausführlichen Bericht brachte.

Danach scheint es schlecht für die Fraktion von Ahmadinedschad auszusehen (zu den Fraktionen siehe Wahlen in Rußland, Frankreich, dem Iran: Welches ist die Ausgangslage? (Teil 2: Iran); ZR vom 2. 3. 2012). Beispielsweise scheiterte Ahmadinedschads Schwester Parvin Ahmadinedschad in ihrem Wahlkreis.

Nach einer ersten Zählung von Reuters gingen von den bisher vergebenen 126 (von insgesamt 290) Sitzen 81 an die Klerikalen, nur 9 an die Fraktion Ahmadinedschads und je 7 an Unabhängige und Reformer; die übrigen waren nicht zuzuordnen.

Dieses Resultat ist vor allem deshalb aussagekräftig, weil bisher überwiegend ländliche Wahlkreise ausgezählt sind, wo sich die Hochburgen Ahmadinedschads befinden. Es deutet sich damit die Möglichkeit einer deutlichen Niederlage Ahmadinedschads an.

Bei den letzten Wahlen gab es die Trennung in die beiden Fraktionen noch nicht. Wer damals Ahmadinedschads Anhänger wählte, konnte sich auch im Einklang mit dem Klerus sehen. Insofern könnte es sein, daß jetzt erstmals die wahren Stärkeverhältnisse sichtbar werden.

Dies mit der Einschränkung gesagt, daß man bei einem Land wie dem Iran das Wort "Wahlen" immer in Anführungszeichen setzen muß.




Nachtrag um 21.00: Inzwischen häufen sich die Meldungen von einem Sieg der Klerikalen über Ahmadinedschad. Die in Dubai erscheinenden Gulf News haben soeben einen Artikel publiziert, in dem bereits das Ende der Macht Ahmadinedschads für wahrscheinlich gehalten wird. Ihm sei ein decisive blow, ein entscheidender Schlag versetzt worden. Sehr wahrscheinlich werde nach diesem Wahlergebnis nicht er 2013 einen Nachfolger seiner Wahl bestimmen können, sondern dieser werde ein Mann der Klerikalen sein.

In Anbetracht dieser jetzigen Nachrichtenlage habe ich die Überschrift dieser Marginalie aktualisiert.
Zettel



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