In der Zeit während der polizeilichen Belagerung Mohammed Merahs in seiner Wohnung und unmittelbar danach gab es immer wieder verstreute Informationen über seinen islamistischen Hintergrund. Sie stammten aus diversen, teils unzuverlässigen Quellen und ließen verschiedene Interpretationen zu - vom Kaida-Kämpfer bis zum "Einsamen Wolf", der sich in der Isolation seiner Gefängniszelle durch die Lektüre des Koran selbst radikalisiert hat.
Das ist jetzt eine Woche her. Inzwischen zeichnet sich ein klareres Bild ab.
Vor einer Woche war man im wesentlichen auf das angewiesen gewesen, was aus Polizeikreisen durchgesickert oder auch von der Polizei offiziell mitgeteilt worden war (siehe Mohammed Merah, der Massenmörder von Toulouse. Die geänderte Taktik der Kaida; sowie "Frankreich in die Knie gezwungen". Aktuelle Informationen zu den Morden von Toulouse und Montauban; beide ZR vom 21. 3. 2012). Mittlerweile liegen besser verifizierte Erkenntnisse aus verschiedenen Quellen vor. Céline Lussato hat sie heute in der Online-Ausgabe des Nouvel Observateur zusammenstellt.
Diese Informatonen zeigen das Bild eines Vielreisenden, der sich auf diesen Reisen allmählich radikalisierte:
Das ist jetzt eine Woche her. Inzwischen zeichnet sich ein klareres Bild ab.
Vor einer Woche war man im wesentlichen auf das angewiesen gewesen, was aus Polizeikreisen durchgesickert oder auch von der Polizei offiziell mitgeteilt worden war (siehe Mohammed Merah, der Massenmörder von Toulouse. Die geänderte Taktik der Kaida; sowie "Frankreich in die Knie gezwungen". Aktuelle Informationen zu den Morden von Toulouse und Montauban; beide ZR vom 21. 3. 2012). Mittlerweile liegen besser verifizierte Erkenntnisse aus verschiedenen Quellen vor. Céline Lussato hat sie heute in der Online-Ausgabe des Nouvel Observateur zusammenstellt.
Diese Informatonen zeigen das Bild eines Vielreisenden, der sich auf diesen Reisen allmählich radikalisierte:
Von dem Bild des isolierten Einzelkämpfers, der sich im Gefängnis mittels seiner Lektüre des Koran radikalisiert, bleibt danach nicht mehr viel übrig. Natürlich kann es sein, daß Merah in der französischen Haft erstmals mit dem Gedankengut des Dschihadismus in Berührung gekommen war. Aber zum fanatischen, am Ende im Umgang mit Waffen trainierten Terroristen wurde er offenbar durch seine Reisen in islamische Länder.Von 2006 hielt sich der jetzt inhaftierte Bruder Mohammed Merahs, Abdelkader, wiederholt in Kairo auf, um dort an salafitischen Koranschulen (Madrasas) zu studieren. Dort besuchte ihn sein jüngerer Bruder Mohammed. Die Salafiten sind eine besonders glaubensstrenge Strömung des Islam mit mannigfachen Verbindungen zum Dschihadismus. Bei einer dieser Reisen gelangte Mohammed Merah in die von Israel besetzten Gebiete und fuhr auch nach Jerusalem. Im September 2010 reiste er über die Allenby-Brücke aus Jordanien ein. An der Grenze wurde er vom israelischen Inlands-Geheimdienst Shin Bet verhört. Es ergaben sich aber keine Verdachtsmomente, so daß ihm die Einreise erlaubt wurde. Merah hielt sich drei Tage in Israel auf. Nach einem unbestätigten Bericht soll er in Jerusalem einmal festgenommen worden sein. Dabei habe man ein Messer bei ihm gefunden; er sei aber wieder freigelassen worden.
Hinweise auf Verbindungen zu Dschihadisten finden sich aus dieser Zeit noch nicht. Céline Lussato weist aber darauf hin, daß Mehra während der Belagerung gegenüber der Polizei das Schicksal der Palästinenser als eines seiner Tatmotive genannt habe.Was Merah in Jordanien gemacht hat, bevor er nach Israel einreiste, ist unbekannt. Nach Aussagen des Leiters des französischen Inlands-Geheimdienstes DCRI, Bernard Squarcini, hielt er sich außer in Jordanien auch in der Türkei, Syrien und dem Libanon auf. Es könnte sein, daß er von Jordanien aus über Syrien, den Irak und Iran nach Afghanistan gereist ist. Jedenfalls war er im November 2010 in Afghanistan angekommen. Am 13. November erreichte er Kabul. Am 22. November geriet er in Kandahar in eine Kontrolle. Er wurde festgenommen und von den US-Streitkräften nach Kabul zurückgebracht. Diese wiesen ihn in sein Heimatland Frankreich aus und informierten zugleich den französischen militärischen Geheimdienst DPSD.
Konkrete Indizien für eine Verbindung Merahs zu Dschihadisten lagen damals nicht vor. Immerhin reichte den Amerikanern das, was sie wußten, um Merah auf die Liste der Personen mit Flugverbot (no fly list) zu setzen. Céline Lussato merkt dazu an, daß ein junger Moslem, der ohne erkennbaren Anlaß als Einzelperson aus Europa nach Afghanistan reist, bereits dadurch den Verdacht begründet, er habe den Kontakt zu Dschihadisten gesucht.Nach seiner Rückführung hielt sich Merah im ersten Halbjahr 2011 wieder in Frankreich auf. Im August reiste er erneut in Richtung Afghanistan; zunächst in die weitgehend von Dschihadisten und Taliban kontrollierten Stammesgebiete Pakistans an der Grenze zu Afghanistan (Waziristan). Dort erhielt er nach dem, was er während der Belagerung der Polizei sagte, eine Ausbildung durch die Kaida. Ihm sei ein Selbstmordattentat vorgeschlagen worden, was er abgelehnt habe. Er hätte aber den Auftrag angenommen, in Frankreich einen Anschlag zu verüben.
Am 13. Oktober bekam ein Offizier des DCRI einen Anruf Merahs aus Pakistan. Merah hatte damals in Frankreich die Auflage, sich regelmäßig beim DCRI zu melden. Er erklärte jetzt, daß er das verschieben müsse, weil er in Pakistan heiraten werde. Die Rückverfolgung des Anrufs ergab, daß er in der Tat aus dem Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan gekommen war.
Daß Merah in dieser Zeit eine Ausbildung als Dschihadist erhielt, wurde gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters von Ahmed Maruat, Sprecher der Taliban Pakistans (Tehrik e Taliban Pakistan, TTP), bestätigt. Der Aufenthalt in Waziristan endete nach zwei Monaten, weil Merah im Oktober an einer Hepatitis erkrankte und deshalb nach Frankreich zurückkehren mußte.
Zettel
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