18. Februar 2012

Zitat des Tages: Gysi hofft naiv. Wulff-Nachfolge und Doppelstrategie. Kommunisten im Bündnis mit der CSU?

Ich hoffe, zugegeben etwas naiv, dass es nur ein Versehen der Bundeskanzlerin war, die Linke nicht bei der Kandidatensuche zu nennen. Wenn wir das Vertrauen in das Amt wiederherstellen wollen, müssen wir das kleine Wunder vollbringen, gemeinsam eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu finden, der von der CSU bis zur Linken akzeptiert wird.
Der Fraktionsvorsitzende der Partei "Die Linke" im Bundestag Gregor Gysi gestern gegenüber dem "Hamburger Abendblatt".

Kommentar: Naiv ist er wohl eher weniger, der Gregor Gysi. Aber er weiß Gelegenheiten zu nutzen, wo sie sich bieten.

Zur Strategie der Kommunisten gehört es, zweigleisig zu fahren. Der Begriff dafür lautet "Doppelstrategie":

Einerseits gibt man sich als eine normale, staatstragende Partei. Andererseits bereitet man durch "breite Bündnisse", durch Zusammenarbeit in der "Antifa" usw. das vor, was das Parteiprogramm von "Die Linke" einen "großen transformatorischen Prozess gesellschaftlicher Umgestaltung für den demokratischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts" nennt, gekennzeichnet "von Brüchen und Umwälzungen mit revolutionärer Tiefe" (siehe Die Partei "Die Linke" und die Medien. "Gesellschaftliche Umgestaltung" von "revolutionärer Tiefe"; ZR vom 22. 10. 2011).

Das will fein ausbalanciert sein.

Man muß die revolutionäre Glut erhalten und gelegentlich auch ein wenig anfachen, wie das die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch Anfang vergangenes Jahres tat, als sie über eine "fortschreitende Machteroberung" nach dem Vorbild Rosa Luxemburgs nachdachte (siehe Gesine Lötzsch und die Wege zum Kommunismus; ZR vom 7. 1. 2011).

Aber man darf auch die andere Seite dieses doppelstrategischen Wegs zur Machteroberung nicht vernachlässigen - die parlamentarische Wohlanständigkeit. Kürzlich wurde uns zu diesem Zweck Empörtheit über die Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorgeführt (siehe Gregor Gysi, der Kalte Krieg und "Umwälzungen mit revolutionärer Tiefe"; ZR vom 25. 1. 2012); und jetzt versucht Gysi die Strategie des "breiten Bündnisses" gar bis zur CSU auszudehnen. Die Gelegenheit ist günstig; die Stimmung in Deutschland steht derzeit auf Gemeinsamkeit.

"Breite Bündnisse" allerdings müssen nach kommunistischem Verständnis eigentlich unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer fortgeschrittensten Kräfte stehen. Da hapert es wohl im Augenblick noch etwas.­
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.