6. Januar 2012

Kurioses, kurz kommentiert: "Neokonservatives Rollback". Was man bei "Zeit-Online" alles lesen kann

Während Ex-Verteidigungsminister Guttenberg mit seinem Adels-Populismus immer auch Ängste vor einem neokonservativen Rollback weckte, traut dem Bundes­präsidenten kaum jemand überhaupt eine gezielte Strategie zu.
Christian Bangel heute in "Zeit-Online" über Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg und Christian Wulff.

Kommentar: Dieser Christian Bangel wird mir langsam ... hm, ich will nicht behaupten unheimlich. Sagen wir: Er kommt mir allmählich vor wie der Mann in dem Witz, den mein Großvater gern erzählte: Überall roch dieser Mann Mist. Immer Mist. Weil ihm ein Stück Mist an der Nase hing.

Das Stücklein Mist, daß Christian Bangel an der Nase zu hängen scheint, trägt das Schildchen: "Nazis/Reaktionäre". Er sieht sie überall. In seinem Porträt als Autor von "Zeit-Online" heißt es:
Christian Bangel gründete während seines Geschichtsstudiums das Netzmagazin Zuender und das Anti-Rechtsextremismus-Blog Störungsmelder.org für ZEIT ONLINE. Später entwickelte er das Portal NETZ GEGEN NAZIS mit. Nach einem Ausflug in die Politik – er wirkte im grünen Onlinewahlkampf 2009 mit – kehrte er als Nachrichtenredakteur zu uns zurück.
Um, so scheint es, weiter überall Nazis und Reaktionäre zu erspähen und über sie zu schreiben. Kürzlich habe ich zitiert, wie er unser Land charakterisiert ("Daß es 60 Jahre gut ging, sagt über unsere Zukunft nichts"; ZR vom 23. 12. 2011). Bangel:
Die sozialen Spannungen sind gewachsen, der Glauben vieler Bürger ist erschüttert, dass es gerecht zugeht. Eine rechtspopulistische, vielleicht islamophobe Partei auf Bundesebene erscheint denkbar. Manche Zonen des Landes sind für den Staat nicht mehr erreichbar. Rechtsextremer Terrorismus ist entstanden. (...) Die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wächst, einen Klassenkampf gibt es inzwischen auch von oben.
Ich habe kommentierend dazu angemerkt, daß Bangel ein Deutschland beschreibt, das ich nicht kenne. Ich füge jetzt (siehe unten) hinzu: Ein Deutschland allerdings, das allen geläufig ist, die sich noch an die Kommentare der DDR-Propaganda erinnern. Exakt so stellte sie die "BRD" dar.

Inzwischen hat Christian Bangel wieder etwas geschrieben, das mich, als ich es vor ein paar Tagen las, fast zu einem Kommentar veranlaßt hätte. Er meinte nämlich, "konservative Medien, Wissenschaftler und Politiker" führten "einen alten westdeutschen Kampf". Es sei für "dieses Milieu eine hochpolitische Frage, ob Linksextreme im gleichen Atemzug wie die Neonazis genannt werden". Dies aber sei ein "paranoide[s] Paradigma". Vielmehr sollte die Christlich-Demokratische "Union ... sich den Begriff Extremismus verbieten".

Das richtete sich gegen die von der Ministerin Kristina Schröder eingeführte Extremismusklausel, die nichts anderes beinhaltet, als daß Fördermittel zum Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht an linksextreme Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und deren Bündnispartner gezahlt werden. Für Bangel ist das - lesen und staunen Sie - "Ausdruck" einer "altherrenrechten Haltung". Ja, "altherrenrechten" schreibt er.



Mir scheint, für diesen Autor Christian Bangel gilt: Der Feind steht rechts. Wer gegen den Links- ebenso wie gegen den Rechtsextremismus eintritt, der verfällt seiner Schelte; und zwar mit Begriffen ("paranoid", "altherrenrechts"), die klingen, als habe sich der Autor aus dem verbalen Schatzkästlein des Karl-Eduard von Schnitzler bedient.

Nun also hat er dem Freiherrn zu Guttenberg attestiert, daß dieser "mit seinem Adels-Populismus immer auch Ängste vor einem neokonservativen Rollback weckte".

Wo in aller Welt hat Guttenberg sich jemals als ein Neokonservativer zu erkennen gegeben? Als Wirtschaftsminister in der Krise von 2009? Als derjenige Verteidigungsminister, der die Abschaffung der Wehrpflicht in die Wege geleitet hat? Weiß Bangel überhaupt, was die Neokonservativen sind, welche Ziele sie verfolgen?

Und was meint er mit "Rollback"? Auch dies ist, wie das "altherrenrechts", ein Wort aus der Mottenkiste der kommunistischen Propaganda; es wurde dort gern zur Denunzierung der angeblichen Absicht der USA und der Nato verwendet, den Sozialismus wieder "zurückzudrängen"; das ist die Übersetzung von "Rollback".

Was wohl wollte in Bangels Vorstellung der Freiherr von Guttenberg zurückdrängen? Und auch noch "neokonservativ" zurückdrängen?



Nein, Christian Bangel ist offenkundig kein Kommunist. Aber er, der sich selbst als "Ostdeutschen" sieht, obwohl er beim Fall der Mauer gerade einmal zehn Jahre alt war, denkt in den Denkmustern der DDR-Propaganda. Der Feind steht rechts, ob nun "neokonservativ", "altherrenrechts" oder Neonazi. Links, auf der anderen Seite, hält man zusammen. Linke Extremisten, sofern sie nicht gerade Gewalt anwenden, sind aus Bangels Sicht nicht abzulehnen. "Sollte man jemanden ablehnen, weil er linksextrem denkt?" fragt er. Und antwortet:
Kommt darauf an. (...) ... besteht sein Linksextremismus darin, gesellschaftliche Güter – Geld, Bodenschätze, Arbeitskraft – radikal umverteilen zu wollen? Dann ist er vielleicht ein Dogmatiker, vielleicht ein Träumer. Jedenfalls ist er weder menschen­verachtend noch gefährlich für andere.
Übrigens schreibt Christian Bangel dies für die Internetausgabe einer Zeitschrift, die immer noch als liberal gilt. Das ist schon kurios, nicht wahr?
Zettel



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