Es ist Sommer, die Temperaturen steigen. Politiker und Prominente sind im Urlaub oder auf dem Weg dorthin. Und manchmal hat man den Eindruck, auch in deutschen Redaktionen seien nur noch die Volontäre da, die jetzt auch einmal lange Artikel über Ereignisse von nationaler Bedeutung schreiben dürfen - oder solche, die sie dafür halten.
Dieses Jahr hat uns das Sommerloch bislang zwei Artikel in der Online-Ausgabe der FAZ beschert, beide im weitesten Sinne auf die anstehende Bundespräsidentenwahl bezogen.
Zum einen lesen wir etwas über die Oberarmtätowierung der Gattin des Kandidaten Wulff, unter der gelungenen Überschrift "Enthüllungen: Die Flammen der Frau Wulff". Vorweg: nein, enthüllt wird nichts. Es wird lediglich über das vage durch Frau Wulffs Kleidung hindurch sichtbare "schmückende Ornament, dem man seine Bedeutung auf den ersten Blick nicht ansieht", geschrieben. Unter anderem verrät uns Frau PD Dr. Aglaja Stirn, ihres Zeichens Leiterin der Abteilung für Psychosomatische Medizin an der Universitätsklinik Frankfurt und - soweit ich das ergoogeln konnte - Autorin von "Veröffentlichungen zu Essstörungen, Körpermodifikationen, Neurobiologie, buddhistische Kunst und Nordostindien": "Eine Bedeutung hat eine Tätowierung aber immer." Wir sind beruhigt, Frau PD Dr. Stirn.
Zum anderen finden wir im Sommerloch einen Artikel über die Lieblingsromane der Kandidaten. Christian Wulff liest am liebsten Antoine de Saint-Exupérys Kleinen Prinzen. Der im übrigen bei der FAZ ganz schlecht wegkommt - so wird folgendes zur Rezeption des Kleinen Prinzen auf dem studentischen sozialen Netzwerk unicum.de berichtet: "Mit Männern, die beim Chat-Geplänkel vor dem ersten Date auf die Frage nach ihrem Lieblingsbuch den „Kleinen Prinzen“ nennen, sollte man sich besser überhaupt nicht treffen, ist hier zu lesen. Die Gefahr ist zu groß, an einen ganz gewissen Typus zu geraten: außen soft, innen knallhart, ein Weichei aus Berechnung." Leider konnte offenbar kein Wissenschaftler für eine fundierte Aussage über die Psychopathologie von Kleinprinzlesern gewonnen werden, wahrscheinlich war Frau PD Dr. Stirn nicht zu erreichen, so muss man eben unicum.de zitieren.
Der Kandidat Gauck wird mit seiner Lektüre seitens der FAZ gnädiger behandelt, aber Hemingways For Whom the Bell Tolls ist ja auch einfach präsidialer. Dennoch fällt auf, dass Gaucks Lieblingslektüre in der FAZ deutlich kürzer abgehandelt wird als die Wulffs; möglicherweise findet sich bei unicum.de ja einfach kein Eintrag zu Hemingway? Tatsache: die einzigen Treffer beziehen sich auf eine Verfilmung, nicht auf das Buch. Nun ja, wenn sowohl Frau PD Dr. Stirn als auch unicum.de einen im Stich lassen, dann bleibt dem FAZ-Autor in der Tat nicht mehr viel übrig.
Wir freuen uns auf jeden Fall auf die Bundespräsidentenwahl und auf die scharfsinnigen Analysen, in denen uns die FAZ den Einfluss von Hemingway oder von Gattinnentätowierungen auf die politisch-repräsentative Arbeit des neuen Bundespräsidenten erläutern wird.
Dieses Jahr hat uns das Sommerloch bislang zwei Artikel in der Online-Ausgabe der FAZ beschert, beide im weitesten Sinne auf die anstehende Bundespräsidentenwahl bezogen.
Zum einen lesen wir etwas über die Oberarmtätowierung der Gattin des Kandidaten Wulff, unter der gelungenen Überschrift "Enthüllungen: Die Flammen der Frau Wulff". Vorweg: nein, enthüllt wird nichts. Es wird lediglich über das vage durch Frau Wulffs Kleidung hindurch sichtbare "schmückende Ornament, dem man seine Bedeutung auf den ersten Blick nicht ansieht", geschrieben. Unter anderem verrät uns Frau PD Dr. Aglaja Stirn, ihres Zeichens Leiterin der Abteilung für Psychosomatische Medizin an der Universitätsklinik Frankfurt und - soweit ich das ergoogeln konnte - Autorin von "Veröffentlichungen zu Essstörungen, Körpermodifikationen, Neurobiologie, buddhistische Kunst und Nordostindien": "Eine Bedeutung hat eine Tätowierung aber immer." Wir sind beruhigt, Frau PD Dr. Stirn.
Zum anderen finden wir im Sommerloch einen Artikel über die Lieblingsromane der Kandidaten. Christian Wulff liest am liebsten Antoine de Saint-Exupérys Kleinen Prinzen. Der im übrigen bei der FAZ ganz schlecht wegkommt - so wird folgendes zur Rezeption des Kleinen Prinzen auf dem studentischen sozialen Netzwerk unicum.de berichtet: "Mit Männern, die beim Chat-Geplänkel vor dem ersten Date auf die Frage nach ihrem Lieblingsbuch den „Kleinen Prinzen“ nennen, sollte man sich besser überhaupt nicht treffen, ist hier zu lesen. Die Gefahr ist zu groß, an einen ganz gewissen Typus zu geraten: außen soft, innen knallhart, ein Weichei aus Berechnung." Leider konnte offenbar kein Wissenschaftler für eine fundierte Aussage über die Psychopathologie von Kleinprinzlesern gewonnen werden, wahrscheinlich war Frau PD Dr. Stirn nicht zu erreichen, so muss man eben unicum.de zitieren.
Der Kandidat Gauck wird mit seiner Lektüre seitens der FAZ gnädiger behandelt, aber Hemingways For Whom the Bell Tolls ist ja auch einfach präsidialer. Dennoch fällt auf, dass Gaucks Lieblingslektüre in der FAZ deutlich kürzer abgehandelt wird als die Wulffs; möglicherweise findet sich bei unicum.de ja einfach kein Eintrag zu Hemingway? Tatsache: die einzigen Treffer beziehen sich auf eine Verfilmung, nicht auf das Buch. Nun ja, wenn sowohl Frau PD Dr. Stirn als auch unicum.de einen im Stich lassen, dann bleibt dem FAZ-Autor in der Tat nicht mehr viel übrig.
Wir freuen uns auf jeden Fall auf die Bundespräsidentenwahl und auf die scharfsinnigen Analysen, in denen uns die FAZ den Einfluss von Hemingway oder von Gattinnentätowierungen auf die politisch-repräsentative Arbeit des neuen Bundespräsidenten erläutern wird.
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