Soeben verbreiten die Agenturen die Eilmeldung, daß in Deutschland jetzt drei Fälle von Schweinegrippe bestätigt sind. Die Gefahr, daß die Epidemie sich auch in Deutschland ausbreitet, ist damit real geworden.
Wie ernst sie ist, diese Gefahr, kann zur Stunde kein Arzt, kein Wissenschaftler sagen. Da stoßen wir an die Grenzen der Wissenschaft. Wo diese liegen, und was wir von der Wissenschaft an Leistungen erwarten dürfen - darüber lohnt es sich, so scheint mir, einen Augenblick nachzudenken.
Vor knapp zwei Jahren habe ich einen Artikel zu Gefahren und deren Wahrnehmung geschrieben. Die Gefahrenwahrnehmung, so lautete die These, ist irrational. Geringe Gefahren - beispielsweise diejenigen, die von der Nutzung der Kernenergie ausgehen - werden überschätzt. Große Gefahren, die weniger in einem politischen Kontext stehen, werden unterschätzt. Als Beispiel nannte ich damals die Vogelgrippe.
Die Gefahr, daß die Vogelgrippe zu einer Pandemie führen würde, war und ist groß. Warum, das kann die Virologie genau angeben: Weil es angesichts der Wandlungsfähigkeit derartiger Viren möglich ist, daß das virulente, aber in der Regel nicht von Mensch zu Mensch übertragbare Virus H5N1 sich im Körper von infizierten Menschen mit einem menschlichen Virus verbindet, das zwar in seinen Wirkungen harmloser, aber durch Tröpfcheninfektion von einem Menschen auf den anderen übertragbar ist.
Das ist bisher nicht passiert. Es hätte passieren können. Passiert ist ein analoger Vorgang. Es war nicht H5N1, sondern das Virus der Schweinegrippe A/H1N1, das derart mutierte, daß es jetzt offenbar von Mensch zu Mensch übertragbar ist.
Hatten die Wissenschaftler, auf deren Urteil ich mich 2007 stützte, also Recht? Ja und nein. Sie kannten die Mechanismen; sie konnten Aussagen über Wahrscheinlichkeiten machen. Vorhersagen, was genau geschehen würde, konnten sie nicht.
Es ist so gekommen, wie sie befürchtet hatten, und es ist auch wieder nicht so gekommen. Die Vogelgrippe- Pandemie ist uns (bisher) erspart geblieben. Aber das Virus der Schweinegrippe hat genau das getan, was man vom Virus der Vogelgrippe befürchtet hatte.
Diese Lage der Dinge wirft ein Schlaglicht auf das, was wissenschaftliche Vorhersagen leisten können und was nicht, wenn es um komplexe Systeme geht. Was in einem solchen komplexen System - hier also bestehend aus Populationen von Tieren und Menschen samt den sie befallenden Viren - konkret geschehen wird, kann man nicht prognostizieren. Aber man kann erstens die Mechanismen angeben, die ins Spiel kommen, wenn das eine oder das andere passiert. Und man zweitens die Wahrscheinlichkeit abschätzten, daß etwas stattfindet oder ausbleibt.
Nur ganz einfache mechanische Systeme sind derart determiniert, daß man genau sagen kann, wie sie sich verhalten werden. Wie ein Pendel schwingen wird, bestimmt sich nach wenigen Parametern. Kennt man sie, dann kann man sein Verhalten exakt vorhersagen. Aber schon bei einem Doppelpendel - einem Pendel, an dem ein Pendel hängt -, wird das schwierig; bei Systemen aus dreifachen oder noch komplexeren Pendeln wird es unmöglich.
Dabei sind diese im Vergleich zu biologischen Systemen oder - ein anderes naheliegendes Beispiel - dem Weltklima von geradezu lächerlicher Einfachheit. Die Gesetze sind genau bekannt; die Zahl der Paramter ist überschaubar. Bei wirklich sehr komplexen Systemen ist beides nicht der Fall.
Nun ist es also, was das Überspringen eines Tier- Virus auf den Menschen angeht, so gekommen, wie befürchtet; und doch auch wieder anders, als befürchtet. Eine normale Situation.
Dank der Befürchtung, die Vogelgrippe könne zu einer Pandemie führen, wurde geforscht und wurden Vorsorge- Maßnahmen getroffen, die sich jetzt auszahlen werden. Auch wenn eine Gefahr sich nicht genau so, wie erwartet, realisiert, sondern nur ähnlich, kann ihre Erwartung nützlich gewesen sein.
Wie ernst sie ist, diese Gefahr, kann zur Stunde kein Arzt, kein Wissenschaftler sagen. Da stoßen wir an die Grenzen der Wissenschaft. Wo diese liegen, und was wir von der Wissenschaft an Leistungen erwarten dürfen - darüber lohnt es sich, so scheint mir, einen Augenblick nachzudenken.
Vor knapp zwei Jahren habe ich einen Artikel zu Gefahren und deren Wahrnehmung geschrieben. Die Gefahrenwahrnehmung, so lautete die These, ist irrational. Geringe Gefahren - beispielsweise diejenigen, die von der Nutzung der Kernenergie ausgehen - werden überschätzt. Große Gefahren, die weniger in einem politischen Kontext stehen, werden unterschätzt. Als Beispiel nannte ich damals die Vogelgrippe.
Die Gefahr, daß die Vogelgrippe zu einer Pandemie führen würde, war und ist groß. Warum, das kann die Virologie genau angeben: Weil es angesichts der Wandlungsfähigkeit derartiger Viren möglich ist, daß das virulente, aber in der Regel nicht von Mensch zu Mensch übertragbare Virus H5N1 sich im Körper von infizierten Menschen mit einem menschlichen Virus verbindet, das zwar in seinen Wirkungen harmloser, aber durch Tröpfcheninfektion von einem Menschen auf den anderen übertragbar ist.
Das ist bisher nicht passiert. Es hätte passieren können. Passiert ist ein analoger Vorgang. Es war nicht H5N1, sondern das Virus der Schweinegrippe A/H1N1, das derart mutierte, daß es jetzt offenbar von Mensch zu Mensch übertragbar ist.
Hatten die Wissenschaftler, auf deren Urteil ich mich 2007 stützte, also Recht? Ja und nein. Sie kannten die Mechanismen; sie konnten Aussagen über Wahrscheinlichkeiten machen. Vorhersagen, was genau geschehen würde, konnten sie nicht.
Es ist so gekommen, wie sie befürchtet hatten, und es ist auch wieder nicht so gekommen. Die Vogelgrippe- Pandemie ist uns (bisher) erspart geblieben. Aber das Virus der Schweinegrippe hat genau das getan, was man vom Virus der Vogelgrippe befürchtet hatte.
Diese Lage der Dinge wirft ein Schlaglicht auf das, was wissenschaftliche Vorhersagen leisten können und was nicht, wenn es um komplexe Systeme geht. Was in einem solchen komplexen System - hier also bestehend aus Populationen von Tieren und Menschen samt den sie befallenden Viren - konkret geschehen wird, kann man nicht prognostizieren. Aber man kann erstens die Mechanismen angeben, die ins Spiel kommen, wenn das eine oder das andere passiert. Und man zweitens die Wahrscheinlichkeit abschätzten, daß etwas stattfindet oder ausbleibt.
Nur ganz einfache mechanische Systeme sind derart determiniert, daß man genau sagen kann, wie sie sich verhalten werden. Wie ein Pendel schwingen wird, bestimmt sich nach wenigen Parametern. Kennt man sie, dann kann man sein Verhalten exakt vorhersagen. Aber schon bei einem Doppelpendel - einem Pendel, an dem ein Pendel hängt -, wird das schwierig; bei Systemen aus dreifachen oder noch komplexeren Pendeln wird es unmöglich.
Dabei sind diese im Vergleich zu biologischen Systemen oder - ein anderes naheliegendes Beispiel - dem Weltklima von geradezu lächerlicher Einfachheit. Die Gesetze sind genau bekannt; die Zahl der Paramter ist überschaubar. Bei wirklich sehr komplexen Systemen ist beides nicht der Fall.
Nun ist es also, was das Überspringen eines Tier- Virus auf den Menschen angeht, so gekommen, wie befürchtet; und doch auch wieder anders, als befürchtet. Eine normale Situation.
Dank der Befürchtung, die Vogelgrippe könne zu einer Pandemie führen, wurde geforscht und wurden Vorsorge- Maßnahmen getroffen, die sich jetzt auszahlen werden. Auch wenn eine Gefahr sich nicht genau so, wie erwartet, realisiert, sondern nur ähnlich, kann ihre Erwartung nützlich gewesen sein.
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