10. April 2009

Hat Präsident Obama vor König Abdullah einen Diener gemacht? Oder war da gar noch mehr? Urteilen Sie selbst!

Die Sache ist jetzt mehr als eine Woche alt, aber sie bewegt noch immer - nun, vielleicht nicht die Welt, nicht einmal Amerika; aber doch viele Amerikaner: Hat er einen Diener gemacht? Hat Präsident Obama sich tief vor dem saudischen König Abdullah verbeugt?

Es ist eine Frage wie die, ob der Ball damals im Wembley- Stadion im Tor war oder nicht; ob ein gewisser Präsident "sex with this woman" gehabt hatte (was ist "sex"?), ob derselbe Präsident, als er Marijuana rauchte, das eigentlich gar nicht tat, weil er nämlich nicht inhalierte.

Das sind Fragen, die die Welt bewegen können. Wie auch die, ob Obama nun den Diener gemacht hat oder nicht. Oder war es gar noch mehr?



Die Szene spielte am 1. April auf dem Empfang zur Konferenz der G-20 in London. Sie ist durch ein Foto dokumentiert, das Sie hier anschauen können; sowie durch ein Video, dessen entscheidende Passage (13 Sekunden) zum Beispiel hier bei der israelischen Zeitung Haaretz zu sehen ist.

Alles klar? Nein.

Denn erstens gibt es inzwischen so etwas wie ein Dementi aus dem Weißen Haus. Der Autor des einflußreichen und im allgemeinen zuverlässige Blogs Politico, Ben Smith, hat sich vorgestern im Weißen Haus erkundigt:
"It wasn't a bow. He grasped his hand with two hands, and he's taller than King Abdullah," said an Obama aide, who spoke on the condition of anonymity.

"Es war keine Verbeugung. Er faßte seine Hand mit beiden Händen, und er ist größer als König Abdullah", sagte ein Mitarbeiter Obamas, der sich unter der Bedingung äußerte, anonym zu bleiben.
Und zweitens ist ein Verdacht aufgekommen, der in der Tat nicht von der Hand zu weisen ist: Daß Obama sich nicht nur vor Abdullah tief verbeugt, sondern ihm dabei auch die Hand geküßt hat. Das jedenfalls schrieb der kommentierende Leser Alan SA als Antwort auf den gestrigen Artikel in Haaretz.

Könnte sein. Schauen Sie sich das Video noch einmal an - wie Obama auf Abdullah zugeht und sich dann so tief verbeugt, wie man das eigentlich nicht tut. Es sei denn, daß man eben eine Hand küssen möchte. Man kennt das von Audienzen des Papsts.

Sehen Sie sich vielleicht auch noch einmal das Foto an. Alle Umstehenden gucken nach schräg unten. Wo treffen sich ihre Blicke? Ungefähr da, wo - leider verdeckt - in diesem Augenblick Abdullahs Hand und Obamas Mund sich befunden haben dürften.



Nehmen Sie, lieber Leser, das aber bitte nicht allzu ernst. Wir nähern uns hier Bildanalysen à la Moon Hoax und 9/11. Aber die Sache selbst ist schon ernst.

Natürlich geht es nicht um diese Geste als solche. Es geht um die Neuorientierung der amerikanischen Politik gegenüber den moslemischen Ländern und damit natürlich auch gegenüber Israel.

Barack Obama nennt sich neuerdings gelegentlich Barack Hussein Obama; er hat das zum Beispiel in der Diskussion mit Jugendlichen anläßlich des Nato-Gipfels getan. (Wer ihn im Wahlkampf so genannt hatte, wurde als übler Verleumder angesehen).

Als ersten ausländischen Staatsmann rief er nach seiner Amtseinführung den Palästinenser- Präsidenten Abbas an. Sein erstes Interview nach der Amtseinführung gab er dem arabischen Sender Al-Arabiya. In seiner Antrittsrede hat er - vor der Erwähnung der anderen Religionen, auch der jüdischen - die USA als "eine Nation von Christen und Moslems" bezeichnet.

Bereits in dieser ersten Rede hat er das verkündet, was er jetzt in Ankara bekräftigt hat: Seine Regierung sieht sich als enger Partner der moslemischen Welt. Aus dem Text seiner Rede vor dem türkischen Parlament:
We will listen carefully, bridge misunderstanding, and seek common ground. We will be respectful, even when we do not agree. And we will convey our deep appreciation for the Islamic faith, which has done so much over so many centuries to shape the world for the better – including my own country.

Wir werden aufmerksam zuhören, unsere Mißverständnisse überbrücken und eine gemeinsame Grundlage suchen. Wir werden respektvoll sein, selbst wenn wir nicht übereinstimmen. Und wir werden unsere tiefe Hochachtung für den islamischen Glauben vermitteln, der über so viele Jahrhunderte so viel dafür getan hat, die Welt zum Besseren zu verändern - auch mein eigenes Land.
Die Verbeugung vor dem saudischen König, Hüter der Heiligen Stätten des Islam, symbolisiert diesen Wandel in der amerikanischen Politik. Denn König Abdullah kommt eine besondere Bedeutung für diese neue Politik der Zusammenarbeit mit der moslemischen Welt zu.

Und das nicht nur wegen seiner heraugehobenen Funktion als der Herrscher in Mekka und Medina, sondern auch wegen seines politischen Gewichts. Dieses zeigt sich zum Beispiel in seinem Nahost- Plan von 2002, der inzwischen der offizielle Plan der Arabischen Liga ist. Er sieht nicht nur die Schaffung eines Staats Palästina vor, sondern auch den Rückzug Israels aus allen besetzten Gebieten einschließlich Ost- Jerusalems und eine "gerechte Lösung" des Problems der Flüchtlinge - was aus arabischer Sicht deren (und vor allem deren Nachkommen) Recht auf Rückkehr nach Israel bedeutet.

Das wäre - Leo Renner hat es im American Thinker so drastisch formuliert - das Ende Israels als jüdischer Staat.

Wie Haaretz am 5. April berichtete, hat Obamas Nahost- Beauftragter George Mitchell bereits vor einigen Wochen auf einer Konferenz mitgeteilt, daß die USA die Initiative Abdullahs in ihre Nahostpolitik einarbeiten ("incorporate") würden.



Für Kommentare bitte hier klicken. Die Titelvignette zeigt das offizielle Foto von Präsident Obama. Es wurde wenige Stunden vor seinem Amtsantritt von Peter Souza aufgenommen und ist unter Creative Commons Attribution 3.0 Unported License freigegeben.