12. September 2008

Zettels Meckerecke: Die toten Körper der Sarah Palin. Über linke Arroganz

Die beste und vermutlich eine der kürzesten Antworten auf die Frage "Was ist links?" lautet: Arroganz.

Konservative und Liberale mögen die Dummheit verachten. Den Dummen werden sie im allgemeinen nicht herabsetzen; sie wissen ja, daß Dummheit keinem von uns fremd ist.

Liberale und Konservative halten vielleicht wenig von Unbildung. Aber nur bei Linken habe ich es bisher gefunden, daß Ungebildete erbarmungslos herabgesetzt werden. Die "Stammtische", die "tumben". Noch nicht einmal Abitur haben sie, die Brüder.

Kurz: Schneidende, erbarmungslose Arroganz, intellektuelle Überheblichkeit, das Niedermachen aller, die nicht der eigenen Subkultur angehören, habe ich eigentlich immer nur bei Linken angetroffen.



Lesen Sie bitte einmal diese Sätze:
Doch Sarah Palin, John McCains Vize- Kandidatin, hat auf ihrem Weg zur Macht einen großen Bogen um die Institutionen der Elitenbildung gemacht. Statt Harvard oder Yale weist ihr Lebenslauf folgende Stationen auf: Schönheitskönigin, Elternsprecherin - und Karibu- Jägerin. Fallen die amerikanischen Frauen mit Palin in eine archaische Zeit der Jäger und Sammler zurück? (...)

Doch Sarah Palin kommt aus Wasilla, Alaska. Nicht einmal 7000 Einwohner hat das Örtchen. Für sie ging es nie um akademische Abschlüsse oder intellektuelle Diskurse. (...)

Palin wie paläolithisch. Das ist mehr als nur ein billiges Bonmot: Palins Speisekammer ist vollgestopft mit von ihr selbst erlegten Exemplaren der gesamten Tierwelt der alaskischen Tundra. (...)

Sarah Palin (...) hat lediglich einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften, den sie umständlich zwischen nicht weniger als fünf verschiedenen Colleges zwischen Hawaii und Idaho zusammengeklaubt hat. Kein glanzvoller Bildungsweg. (...)

Man kann gar nicht stark genug betonen, wie sehr Sarah Palin sich von Frauen wie Abigail Adams, Eleanor Roosevelt oder Hillary Clinton unterscheidet, - und wie sehr sie sich politisch von dem zivilisatorischen Projekt abhebt, für das diese First Ladies standen. (...)

Ihre öffentliche Karriere begann als Schönheitskönigin von Wasilla. Physische Disziplin lernte sie von ihrem Vater auf der Jagd, wenn sie Elche abschoss. Ihren beruflichen Anfang machte sie als Sportreporterin. Dann kam die mittlerweile fünffache Mutterschaft - ehe ihre politische Karriere als Bürgermeisterin überhaupt erst anfing.

Nicht Bücher sondern Jagdgewehre prägten ihre Kindheit, tote Körper von im wilden Nordwesten Alaskas erlegten Tieren. (...)
Die diesen Schwulst in "Spiegel- Online" schrieb, eine gewisse Anjana Shrivastava, wurde freilich nicht von Jagdgewehren, sondern von Büchern geprägt:
Anjana Shrivastava wurde in Großbritannien geboren, und zog als Kind in die Vereinigten Staaten. Sie studierte Geschichte an der Harvard Universtät, und war danach Essayistin für den Wall Street Journal Europe.

In Deutschland hat sie unter anderem für die "Berliner Zeitung" und die "Netzeitung" geschrieben. Zur Zeit schreibt sie ein Buch über Franz Kafka im Jahre 1923.
So lesen wir es in der "Welt".



Ein blamabler, ein in seiner Arroganz skandalöser Text dieser Kafka- Philologin? Vielleicht. Aber zwei Caveats sind angebracht.

Erstens ist dieser Text offensichtlich entweder aus dem Englischen übersetzt, und zwar schlecht; oder die Autorin beherrscht das Deutsche nur mangelhaft.

"Palins Speisekammer ist vollgestopft mit von ihr selbst erlegten Exemplaren der gesamten Tierwelt der alaskischen Tundra." Das sollen wir glauben, daß Palin nicht nur Schönheitskönigin war und es versäumte, in Harvard oder Yale zu studieren, sondern daß sie auch noch Jagdtrophäen - in der Speisekammer aufbewahrt?

Gemach. Im Englischen stand vermutlich "larder", was allerdings Speisekammer heißen kann, hier aber offensichtlich Abstellraum. Und "dead body" mit "toter Körper" statt mit "Leiche" zu übersetzen - das läßt doch ein wenig darauf schließen, daß die Übersetzerin ihre Kunst nicht in Yale oder Havard gelernt hat, sondern, sagen wir, in Colleges zwischen Hawaii und Idaho.

Was sonst alles noch an dem Text falsch übersetzt oder von einer Autorin geschrieben ist, die das Deutsche nicht ausreichend beherrscht, ist naturgemäß schwer zu sagen.

Zweitens läßt die Autorin es - wie es scheint; sofern die Übersetzung das richtig wiedergibt - augenzwinkernd offen, ob sie sich eigentlich mit ihrer Charakterisierung von Sarah Palin als steinzeitliche Landpomeranze identifiziert, oder ob sie nur die Reaktion der intellektuellen Damen von der Ostküste beschreibt.

Das macht freilich keinen großen Unterschied. Denn Frau Shrivastava schreibt genau wie eine intellektuelle Dame von der Ostküste.

Der Text ist diffamatorisch, so oder so.



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