5. August 2008

Kurioses, kurz kommentiert: Abartige Nudisten

"Abartig" sei es, seinen "Körper öffentlich zur Schau zur stellen", erklärte - so lesen wir in der heutigen "Süddeutschen Zeitung" - der nationalkonservative Stadtrat Edward Zajac des polnischen Badeorts Swinemünde. Er meint mit "zur Schau stellen", daß Leute nackt baden.

Daran ist zweierlei kurios.

Erstens liegt der FKK-Strand, über den sich der Stadtrat Zajac echauffiert, gar nicht in Polen. Er geht also den Stadtrat Edward Zajac gar nichts an.

Er liegt allerdings nah der polnischen Grenze. Was es mit sich bringt, daß es einerseits polnische Voyeure dorthin zieht, die dank des Wirkens von Zajac und seiner Gesinnungsgenossen offenbar bereits in Erregung geraten, wenn sie einen nackten Menschen sehen. Andererseits erlaubt es aber die Öffnung der Grenzen in der EU, daß zunehmend auch ganz normale Menschen aus Polen diesen Strand in Ahlbeck besuchen, weil sie es schön finden, nackt zu baden.

Kurios finde ich zweitens, was am Ende des Artikels in der SZ über die Reaktionen in Polen zitiert wird. Belustigt seien sie, diese Reaktionen. Schön. Dann aber heißt es:
Ein junger Mann bedauerte, dass es an dem Nacktbadestrand kaum junge Leute gebe: "Die meisten Nackten dort haben Speckgürtel und sind gar nicht so schön anzusehen."
Ja, ist denn irgendwer, der kein Adonis mehr ist, schöner anzusehen, wenn der Schmerbauch über einer Badehose wabbelt?

Ja, ist denn eine Frau, bei der oben aus dem Einteiler der Busen herausquillt und unten die Stampferchen, hübscher anzusehen, als dieselbe Frau nackt?



Nein. Nackt sehen die meisten Menschen, vor allem, wenn sie gebräunt sind, ansehnlich aus. Sie sind halt, wie sie sind, und es ist nichts Unästhetisches an den Runzeln und Altersspuren.

Unschön wird es, wenn das Übertünchen anfängt, das Liften und Einschnüren, das ganze Versteckspiel. Die Camouflage, das Geckenhafte.

Die schönsten alten Menschen, an die ich mich erinnern kann, habe ich auf einem FKK-Gelände gesehen, das es heute nicht mehr gibt, dem "Freilichtpark Klingberg" in Holstein. Dort haben meine Frau und ich einmal in den siebziger Jahren gezeltet. Es wohnten dort permanent, in Bungalows, Ur-FKKler, die in den Zwanziger Jahren zu Adolf Koch oder einem anderen Lebensreformer gestoßen waren. In ihrer Nacktheit gealtert und nicht häßlich geworden.

Und die häßlichsten alten Menschen habe ich in einem Bad in den Pyrenäen gesehen, das Heilkraft für nachlassende Potenz verspricht. Da stolzierten sie, die alten Gecken, in der weißen Seglerhose und dem Blazer mit Einstecktüchlein, die Haare über die Glatze gekämmt. Sie hielten sich für schön und waren doch nur lächerlich.



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