Dietmar Hipp, der juristische Korrespondent des "Spiegel" mit Sitz beim BVerfG in Karlsruhe, ist ein kenntnisreicher Fachjournalist; selbst studierter Jurist.
In "Spiegel- Online" kann man im Augenblick einen informativen Beitrag von ihm über die heute anstehende Entscheidung des BVerfG lesen. Es geht um Klagen von Wirten dagegen, daß in ihren Gaststätten nicht mehr geraucht werden darf.
Anders als der Artikel von Udo Ludwig und Conny Neumann zum selben Thema im gedruckten "Spiegel" dieser Woche (31/2008, S. 36), der an Einseitigkeit schwer zu überbieten ist, schildert Hipp sachlich und im Detail die juristischen Aspekte der heutigen Entscheidung.
Zentral wird es darum gehen, ob die jetzt geltenden Rauchverbote dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Ob also außer den berechtigten Interessen der Nichtraucher auch diejenigen der Raucher und der Wirte ausreichend berücksichtigt werden.
Es ist wohl im Deutschland des Jahres 2008 nötig, daran zu erinnern. Denn - der Artikel von Ludwig und Neumann liefert ein Beispiel - wir erleben ja in der öffentlichken Diskussion eine Tendenz, bei Interessenkonflikten dem Schutz von Gesundheit und Umwelt einen absoluten Vorrang über jeden anderen Gesichtspunkt einzuräumen.
Die Karlsruher Richter also werden heute entscheiden, ob die Rauchverbote in ihrer jetzigen Form wirklich notwendig sind, um Nichtraucher hinreichend zu schützen; oder ob dieses Ziel nicht auch durch gleich wirksame "mildere Mittel" erreicht werden kann. Also beispielsweise, wie in Spanien, mit einer Regelung, die es jedem Wirt freistellt, zu entscheiden, ob er seine Gaststätte als Raucher- oder als Nichtraucherlokal führt. Oder, wie es in Deutschland diskutiert wird, mit einer Ausnahmeregelung für Einraum- Kneipen, in denen der Wirt selbst am Tresen steht.
Eine kritische Rolle wird in dem Urteil die Frage spielen, was man denn - das ist jetzt meine Formulierung - einem erwachsenen, mündigen Nichtraucher an Selbstbestimmung zutrauen kann und darf. Hipp schreibt:
Offenbar wird es von zumindest einigen Verfassungsjuristen - da vertraue ich der Sachkenntnis von Dietmar Hipp - tatsächlich als für diese Entscheidung relevant betrachtet, wie unmündig denn wir Nichtraucher sind.
Denn, nicht wahr, es ist doch meine freie Entscheidung als Nichtraucher, ob ich, weil ich die Gesellschaft meiner rauchenden Freunde X, Y und ganz besonders die meiner rauchenden Freundin Z schätze, in Kauf nehme, daß wir gemeinsam einen in einer Raucherkneipe heben gehen?
Wenn ich das ganz und gar nicht will, dann werde ich eben X, Y und Z überreden müssen, daß wir gemeinsam in ein Nichtraucher- Lokal gehen. Vielleicht machen wir es ja auch abwechselnd, als einen fairen Kompromiß.
Und wenn ich eigentlich nicht mit ins verräuchterte Lokal will, mich aber doch breitschlagen lasse - nicht wahr, zu diesem Nachgeben, zu dieser Schwäche habe ich doch auch ein Recht, als freier Bürger? Sie haben mir ja vermutlich keine K.O.-Tropfen eingeflößt, meine Freunde, bevor sie mich in das Raucherlokal einluden.
Aber diejenigen, die das von Dietmar Hipp referierte Argument vertreten, trauen mir, trauen generell uns Nichtrauchern soviel Mündigkeit offenbar nicht zu, in einer solchen Situation selbst eine Entscheidung zu treffen. Sie fürchten, daß ich, daß wir Nichtraucher dem "Druck" nicht würden standhalten können, mit unseren rauchenden Freunden in eine Raucherkneipe zu gehen.
Sie halten uns für infantil, diejenigen, die so argumentieren. Was man von jedem Vierzehnjährigen erwartet, wozu man seine Kinder erzieht - daß sie nicht jedem sozialen Druck nachgeben -, das trauen sie uns nicht zu.
Und wenn wir Bürger die unmündigen Deppen sind, für die sie uns halten, dann hilft freilich nur noch, daß der Staat, daß Polizei und Justiz ihre schützende Hand über uns halten. Auf daß wir nicht in unser Unglück rennen, in Gestalt einer verräucherten Kneipe.
Auf die heutige Entscheidung des BVerfG, und vor allem auf die Urteilsbegründung, darf man also wirklich gespannt sein.
Sollte sich der Erste Senat das Argument zu machen, daß wir Nichtraucher so unmündig sind, daß wir ohne ein striktes Rauchverbot dem Druck unsrer rauchenden Freunde hilflos ausgeliefert wären, dann allerdings stünde es wieder ein Stück schlechter um die Freiheit in diesem Land.
In "Spiegel- Online" kann man im Augenblick einen informativen Beitrag von ihm über die heute anstehende Entscheidung des BVerfG lesen. Es geht um Klagen von Wirten dagegen, daß in ihren Gaststätten nicht mehr geraucht werden darf.
Anders als der Artikel von Udo Ludwig und Conny Neumann zum selben Thema im gedruckten "Spiegel" dieser Woche (31/2008, S. 36), der an Einseitigkeit schwer zu überbieten ist, schildert Hipp sachlich und im Detail die juristischen Aspekte der heutigen Entscheidung.
Zentral wird es darum gehen, ob die jetzt geltenden Rauchverbote dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Ob also außer den berechtigten Interessen der Nichtraucher auch diejenigen der Raucher und der Wirte ausreichend berücksichtigt werden.
Es ist wohl im Deutschland des Jahres 2008 nötig, daran zu erinnern. Denn - der Artikel von Ludwig und Neumann liefert ein Beispiel - wir erleben ja in der öffentlichken Diskussion eine Tendenz, bei Interessenkonflikten dem Schutz von Gesundheit und Umwelt einen absoluten Vorrang über jeden anderen Gesichtspunkt einzuräumen.
Die Karlsruher Richter also werden heute entscheiden, ob die Rauchverbote in ihrer jetzigen Form wirklich notwendig sind, um Nichtraucher hinreichend zu schützen; oder ob dieses Ziel nicht auch durch gleich wirksame "mildere Mittel" erreicht werden kann. Also beispielsweise, wie in Spanien, mit einer Regelung, die es jedem Wirt freistellt, zu entscheiden, ob er seine Gaststätte als Raucher- oder als Nichtraucherlokal führt. Oder, wie es in Deutschland diskutiert wird, mit einer Ausnahmeregelung für Einraum- Kneipen, in denen der Wirt selbst am Tresen steht.
Eine kritische Rolle wird in dem Urteil die Frage spielen, was man denn - das ist jetzt meine Formulierung - einem erwachsenen, mündigen Nichtraucher an Selbstbestimmung zutrauen kann und darf. Hipp schreibt:
Dabei muss ein solches Verbot dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen - ob es die Raucher nun selbst in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit betrifft oder Wirte in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit. (...) Das Verfassungsgericht muss dabei prüfen, ob ... der Druck auf Nichtraucher wachsen würde, zumindest in Gesellschaft von Rauchern ein Raucherlokal oder einen Raucherraum aufzusuchen.Der letzte Satz ist es, der mich zu diesem Artikel veranlaßt.
Offenbar wird es von zumindest einigen Verfassungsjuristen - da vertraue ich der Sachkenntnis von Dietmar Hipp - tatsächlich als für diese Entscheidung relevant betrachtet, wie unmündig denn wir Nichtraucher sind.
Denn, nicht wahr, es ist doch meine freie Entscheidung als Nichtraucher, ob ich, weil ich die Gesellschaft meiner rauchenden Freunde X, Y und ganz besonders die meiner rauchenden Freundin Z schätze, in Kauf nehme, daß wir gemeinsam einen in einer Raucherkneipe heben gehen?
Wenn ich das ganz und gar nicht will, dann werde ich eben X, Y und Z überreden müssen, daß wir gemeinsam in ein Nichtraucher- Lokal gehen. Vielleicht machen wir es ja auch abwechselnd, als einen fairen Kompromiß.
Und wenn ich eigentlich nicht mit ins verräuchterte Lokal will, mich aber doch breitschlagen lasse - nicht wahr, zu diesem Nachgeben, zu dieser Schwäche habe ich doch auch ein Recht, als freier Bürger? Sie haben mir ja vermutlich keine K.O.-Tropfen eingeflößt, meine Freunde, bevor sie mich in das Raucherlokal einluden.
Aber diejenigen, die das von Dietmar Hipp referierte Argument vertreten, trauen mir, trauen generell uns Nichtrauchern soviel Mündigkeit offenbar nicht zu, in einer solchen Situation selbst eine Entscheidung zu treffen. Sie fürchten, daß ich, daß wir Nichtraucher dem "Druck" nicht würden standhalten können, mit unseren rauchenden Freunden in eine Raucherkneipe zu gehen.
Sie halten uns für infantil, diejenigen, die so argumentieren. Was man von jedem Vierzehnjährigen erwartet, wozu man seine Kinder erzieht - daß sie nicht jedem sozialen Druck nachgeben -, das trauen sie uns nicht zu.
Und wenn wir Bürger die unmündigen Deppen sind, für die sie uns halten, dann hilft freilich nur noch, daß der Staat, daß Polizei und Justiz ihre schützende Hand über uns halten. Auf daß wir nicht in unser Unglück rennen, in Gestalt einer verräucherten Kneipe.
Auf die heutige Entscheidung des BVerfG, und vor allem auf die Urteilsbegründung, darf man also wirklich gespannt sein.
Sollte sich der Erste Senat das Argument zu machen, daß wir Nichtraucher so unmündig sind, daß wir ohne ein striktes Rauchverbot dem Druck unsrer rauchenden Freunde hilflos ausgeliefert wären, dann allerdings stünde es wieder ein Stück schlechter um die Freiheit in diesem Land.
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