11. Januar 2008

Marginalie: Sind die Türken eine Rasse?

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD), Kenan Kolat, hat Roland Koch die Förderung von Rassismus vorgeworfen. "Er schürt rassistische Ressentiments in der Gesellschaft", erklärte Kolat, wie man beispielsweise in der SZ lesen kann. Ich finde diese Äußerung sehr verwunderlich.

Man mag Roland Koch ja, weil er im Wahlkampf das Thema der Kriminalität ausländischer Jugendlicher thematisiert, Ausländerfeindlichkeit vorwerfen. Ich kann diese zwar nicht erkennen; mir scheint Koch eher kriminalitäsfeindlich zu argumentieren. Aber gut, er hat Sätze gesagt wie "Gerade bei Fragen der Gewalt haben wir ein besonderes Problem bei jungen Menschen mit ausländischer Herkunft", die man mit bösem Willen als ausländerfeindlich interpretieren kann.

Aber Rassismus? Ja, sind "Ausländer" denn eine Rasse? Der Fremde ist nur in der Fremde fremd, hat Karl Valentin mit seinem unerbittlichen Scharfsinn gesagt. Und Ausländer in Deutschland haben nur gemeinsam, daß sie nicht aus Deutschland stammen.

Nochmal ein "nun gut". Unterstellen wir, daß, da ein Großteil der Ausländer in Deutschland Türken sind, Koch sich auf Türken bezogen hat, wenn er "Ausländer" sagte.

Ja, sind "Türken" denn eine Rasse?

Wenn jemand, den Nazis nachplappernd, von einer "deutschen Rasse" spräche, dann würde man ihm das sehr zu Recht um die Ohren hauen; denn wir Deutsche sind, als Resultat unserer Geschichte, als Resultat von Wanderungsbewegungen, ein Volk, das genetisch alles andere als homogen ist. Nur schlimmste Nazis könnten auf den Gedanken kommen, kritische Äußerungen gegen Deutschland oder uns Deutsche als "rassistisch" zu bezeichnen.

Dasselbe gilt für die Bewohner Anatoliens, dessen Geschichte zu einem mindestens ebenso bunten genetischen Mix geführt hat wie die deutsche. Selbst wenn die Äußerungen Kochs ausländerfeindlich, selbst wenn sie gar türkenfeindlich wären, wären sie doch offensichtlich nicht rassistisch.



Gerade in Deutschland, wo der Rassenwahn so unermeßliche Verbrechen verursacht hat, sollte man mit dem Begriff der Rasse nicht schluderig umgehen. Ob Herr Kolat sich bei seinem Rassismus- Vorwurf etwas gedacht hat, weiß ich nicht. Dumm dahergeredet hat er jedenfalls.

Er ist freilich in, hm, ich will nicht sagen guter, aber doch angesehener Gesellschaft.

Kürzlich habe ich auf einen Artikel in Spiegel Online International hingewiesen, in dem eine von Deutschen, Türken und Deutschen türkischer Herkunft bewohnten Gegend in Duisburg- Marxloh als "racially mixed", als rassisch gemischt bezeichnet wird. Der Artikel ist im wesentlichen die Übersetzung einer Story im gedruckten "Spiegel" der vergangenen Woche - nur daß dort just diese Aussage über die angebliche Rassenmischung oder Gemischtrassigkeit in Duisburg- Marxloh fehlte.

Nun geht man in den USA mit dem Begriff der Rasse etwas anders um als wir Deutschen. Mag sein, daß derjenige, der diesen Ausdruck in die "Spiegel"- Story hineinredigiert hat, sozusagen amerikanischer sein wollte als die Amerikaner, die ihre Einwohner ja von Amts wegen nach Rassen einteilen (wobei aber die Türken keine Rasse sind, sondern caucasians wie Jens Jensen aus Eckernförde auch, der jetzt in Michigan Bier braut).



Das Thema der Gewaltkriminalität Jugendlicher, das Thema einer unter ausländischen Jugendlichen erhöhten Gewaltkriminalität ist in Deutschland lange Zeit von der Öffentlichkeit zu wenig beachtet worden. Jetzt ist es in die öffentliche Diskussion gekommen; aufgrund eines Vorfalls, der das Problem mit anschaulicher Realität vor Augen geführt hat.

Daß Roland Koch ein Problem, das offensichtlich die Öffentlichkeit beschäftigt, für seinen Wahlkampf nutzt, kann man ihm meines Erachtens nicht zum Vorwurf machen. Jede Partei tut das, wenn sie sich von einem Thema Punkte in der Gunst der Wähler verspricht. Das Problem ist die Jugendkriminalität; es sind nicht die in Deutschland lebenden Ausländer, und schon gar nicht ist es ein Problem von Rassismus.

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