27. Juli 2007

Rudy Giuliani: Mehr als ein Law-and-Order-Mann

Er hat mit seiner Politik der zero tolerance New York zu einer der sichersten Großstädte der Welt gemacht. Er hat sich nach dem Angriff vom 11. September mustergültig verhalten; den geschockten New Yorkern wieder Mut und Zuversicht gegeben, den Wiederaufbau organisiert.

Er wäre, falls er zum Präsidenten gewählt werden würde, der Garant dafür, daß Präsident Bushs erfolgreicher Kampf gegen den Terrorismus, der nach dem 11. September keinen einzigen weiteren Angriff auf die USA zugelassen hat, fortgeführt wird.

So kennt man ihn, Rudy Giuliani, den Law-and-Order- Mann. Aber das ist vielleicht nicht das, was seine wahre politische Bedeutung ausmacht.



In der letzten Sonntagsausgabe der "Los Angeles Times" schreibt Ronald Brownstein über "Giuliani, the federalist candidate".

Der Begriff "federalist" hat in der amerikanischen Verfassungs- Geschichte eine zentrale Bedeutung: Die "Federalist Papers", hauptsächlich verfaßt von Alexander Hamilton und James Madison, begleiteten die Ratifizierung der amerikanischen Verfassung in den Jahren 1787 und 1788. Nirgends wurden damals die Prinzipien einer liberalen, aus der Aufklärung hervorgegangenen Verfassung so eingehend und so hellsichtig diskutiert.

Im Zentrum stand für die beiden Autoren der Föderalismus; deshalb der Name dieser Artikelserie. Denn nur Föderalismus garantiert Freiheit, indem er vor der Tyrannei des - wie man heute sagt - Big Government bewahrt. Herrscht, wie in den USA, Freizügigkeit zwischen den Staaten, dann kann sich kein Staat eine schlechte Politik, erst recht nicht die Unterdrückung seiner Bürger leisten: Sie liefen ihm davon, so wie der DDR "unsere Menschen", sobald sie konnten.



Giuliani geht, schreibt Brownstein, hauptsächlich als Kämpfer gegen den Islamismus ins Rennen um die republikanische Präsidentschafts- Kandidatur.

But his most innovative domestic idea casts him as a peacemaker on the social issues that have divided the nation since the 1960s.
Aber seine innovativste innenpolitische Idee weise ihn als jemanden aus, der die Nation in Bezug auf die Streitfragen versöhnen könne, die sie seit den sechziger Jahren gespalten hätten.

Diese "innovative" Idee nun ist freilich eine uralte - eben die Idee des Föderalismus.

Giuliani schlägt etwas vor, was wir hier in Deutschland ja gerade in einer Mickey- Maus- Ausgabe als "Föderalismus- Reform" hinter uns haben: Eine großangelegte Verlagerung der Kompetenzen. Und zwar durchweg von der Bundesregierung in Washington weg, hin zu den einzelnen Bundesstaaten.



Die Nation, argumentiert Giuliani, sei nun einmal in vielen Fragen fundamental verschiedener Meinung; von der Abtreibung über die Homosexuellen- Ehe bis zur Waffengesetzgebung. Das führt zu einem ständigen Kampf um die Vorherrschaft, solange die Entscheidungen allein in Washington fallen.

Warum, fragt Giuliani, sollen das nicht die einzelnen Bundesstaaten entscheiden? Die konservativen Staaten eine konservative Lösung bevorzugen, die (im amerikanischen Sinn) liberalen eine liberale Lösung? Das würde die Spannungen mindern, es würde damit, indem es die Vielfalt anerkennt, die Nation enger zusammenführen.

Giuliani selbst ist zum Beispiel für das Recht auf Abtreibung eingetreten und gegen die Homosexuellen- Ehe. Aber warum, sagte er in einem Interview, sollten nicht einzelne Bundesstaaten die Homosexuellen- Ehe erlauben und andere die Abtreibung unter Strafe stellen?



Nicht nur solche ideologisch geprägten Streitfragen möchte Giuliani gern entschärfen, indem er die Kompetenzen auf die Bundesstaaten überträgt. Auch im Gesundheitswesen könne, sagt er, den Staaten freigestellt werden, wie sie das System gestalten. Einzelne Bundesstaaten sollten "experimentieren" können; erfolgreiche Modell könnten dann ja von anderen übernommen werden. Auch die Maßnahmen gegen den Treibhaus- Effekt möchte Giuliani gern den Staaten überlassen.

Natürlich gibt es, sagt er, Grenzen des Föderalismus. Er ist zum Beispiel dafür, den von Präsident Bush eingeführten einheitlichen Schultest beizubehalten. Sollten die Bundesstaaten mit ihrer Waffengesetzgebung nicht erfolgreich sein, dann schließt er auch dort eine bundeseinheitliche Regelung nicht aus.



Ich ahne, daß mancher Leser das mit innerem Kopfschütteln zu Kenntnis genommen haben wird. Jakobinisches Denken, das im Staat, zumal im Zentralstaat, einen Wert an sich sieht, ist in Deutschland weit verbreitet, wenn auch nicht ganz so tief verwurzelt wie in Frankreich. Liberale machen da keine Ausnahme.

Aber recht bedacht, scheinen mir die Ideen Giulianis doch sehr viel für sich zu haben. Und wir Europäer sollten sie bedenken, wenn unsere Brüsseler Regierenden versuchen, bis hin zur Vermietung von Wohnungen, bis zur Einstellung von Mitarbeitern in unser Leben hineinzuregieren.

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