27. Januar 2007

Marginalie: Eine Aktenmappe und ein Abhörskandal

In einem seiner netten und manchmal weisen "Ein Mensch"- Gedichte handelt Eugen Roth von einem "Falschen Verdacht":
Ein Mensch hat meist den übermächtigen
Naturdrang, andre zu verdächtigen.
Die Aktenmappe ist verlegt.
Er sucht sie, kopflos und erregt,
Und schwört bereits, sie sei gestohlen,
Und will die Polizei schon holen
Und weiss von nun an überhaupt,
Daß alle Welt nur stiehlt und raubt.
Dann freilich findet sich die Mappe, der Verdächtigte war unschuldig. Ist wieder alles wie zuvor? Nein, keineswegs::
Doch den vermeintlich frechen Dieb
Gewinnt der Mensch nie mehr ganz lieb,
Weil er die Mappe, angenommen,
Sie wäre wirklich weggekommen
Und darauf wagt er jede Wette
Gestohlen würde haben hätte!



Dieses Gedicht fiel mir ein, als ich die aktuelle Meldung zur "Abhöraffäre Neskovic" gelesen habe.

Wie von vornherein auf der Hand lag, war an der Sache nichts dran.

Am gestrigen Freitag um 18 Uhr 6 nun meldete Spiegel- Online:
Mitarbeiter des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik haben das Büro des Abgeordneten Wolfgang Neskovic gründlich überprüft - und nichts entdeckt. (...) Neskovics Büro ist sauber - bei der Überprüfung seiner Arbeitsräume seien "keine Abhöranlagen oder Anzeichen einer unbefugten Nachrichtenübermittlung" entdeckt worden, teilte der Bundestag mit.
Also, die Aktenmappe wurde nicht gestohlen. Alles erledigt? Keineswegs. Noch einmal Spiegel-Online:
Die weiteren Untersuchungen zu dem Fall dauern nach Angaben der Linksfraktion noch an: Vor allem die Frage, wer die beiden Mikrofone wann und warum an den Deckenlampen in Neskovics Büro angebracht haben könnte, steht noch im Raum. Das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKG), dem auch Neskovic angehört, will am kommenden Mittwoch über den Fund beraten.
Zu Ehren von Neskovic sei gesagt, daß er selbst weitere Beratungen für nicht erforderlich hält.

Aber Dieter Wiefelspütz (SPD), der von einem "Skandal hoch drei" gesprochen hatte? Und PDS- Ramelow, der die Sache mit der Erkenntnis kommentiert hatte, daß "... einiges in diesem Staate nicht so ist, wie es sein sollte" (siehe hier, und die Kommentare zu diesem Beitrag). Werden sie in Sack und Asche gehen, sich für ihre maßlos überzogene, voreilige Reaktion entschuldigen?

Ich glaube nicht.

"Weil dieses Abhör'n, angenommen, es wäre wirklich vorgekommen ..."