29. Juni 2021

Rudolf Presber – „Pierrot guckt nach dem Mars“ (1914)





("Selfie" des chinesischen Mrs-Rovers Zhurong, aufgenommen am 4. Juni 2021 auf der Ebene Utopia Planitia. Die Bilddaten wurden am 5. Juni vom Orbiter Tianwen-1 zur Erde übertragen.)

Pierrot guckt nach dem Mars

Neues Forschen, neues Ahnen –
Und der Blick fliegt durch das Rohr.
Raucht es dort nicht von Vulkanen,
Treten dort nicht Berge vor?
Welch ein Wallen, welch ein Glimmen,
Tausend, tausend Meilen weit –
Kleine Glitzerinseln schwimmen
Auf der Meere Einsamkeit …
Und ich wache und ich zähle
- Unbekümmert des Katarrhs –
Fern die Seen und die Kanäle
Auf dem Mars.

Stunde, da die Sterne sprechen,
Sei willkommen meinem Wahn!
Dort die breiten weißen Flächen,
Deuten sie den Ozean?
Jene langen hellen Flecken,
Wie die Finger einer Hand,
Dehnt sich dort in öden Strecken
Wohl der Wüste flücht’ger Sand?
Dort, wo sanft in dunklen Blasen
Sich die Helle unterbricht,
Grünen schattige Oasen
Auf zum Licht? …

Müssen dort in Weltenweiten,
Ach, zu kurzem Schau’n beseelt,
Brüder unsresgleichen leiden
An der Sehnsucht, die uns quält?
Fahren dort auf schwanken Kielen
Durch das tück’sche Element
Schiffe auch nach fernen Zielen,
Die der Steuermann nicht kennt? …
Grübelnd über dem Geschicke
Wand ich, müde des Gestarrs,
Meine glanzbetäubten Blicke
Ab vom Mars.

Lange hab‘ ich noch gestanden
Auf der Warte, schlummerlos,
Und der Mars und die Trabanten
Standen hell und riesengroß.
Und sie schnitten mir Gesichter:
„Armer sphärischer Tourist,
Weh, daß du ein halber Dichter
Und ein halber Forscher bist!“
Und der Sterne hellster glühte:
„Ach, wie manchen, manchen Narrs,
Der, wie du, umsonst sich mühte,
Lacht‘ der Mars!“

19. Juni 2021

J.B.S.Haldane, "Das jüngste Gericht" (1927)





(J.B.S.Haldane)

„Denique montibus altior omnibus ultimis ignis
Surget, inertibus ima tenentibus, astris benignis,
Flammaque libera surget ad aēra, surget ad astra,
Diruet atria, regna, suburbia, castra.

Bernard von Cluny, De contemptu mundi, I, 33-36

Das Gestirn, das wir bewohnen, ist einst entstanden und wird ohne Zweifel einmal ein Ende finden. Es ist schon oft versucht worden, dieses Ende zu schildern, in unterschiedlich ausgefallener Weise. Die christliche Version enthält manches, das unserer Bewunderung wert ist, leidet aber unter zwei entscheidenden Nachteilen. Zum einen schildert sie die Ereignisse aus der Perspektive der Engel und nur eines kleinen Teils der Menschheit. Ein unparteilicher zukünftiger Historiker darf Anspruch auf die Pläne und Kommuniqués des Tieres aus der Offenbarung und seines Gefolges anmelden. Schließlich waren das Tier und sein falscher Prophet durchaus in der Lage, Wunder zu bewirken und ausgezeichnete Propagandisten. Eine Meldung wie „Weiterer Luftangriff auf Babylon abgewehrt. Siebzehn Erzengel von der Flugabwehr abgeschossen“ wäre für die Frühphase des Kriegs kennzeichnend, während „Mehr Greueltaten des Feindes: Prophet in brennenden Schwefel geworfen“ auf die Friedensverhandlungen hinweisen würde.

16. Juni 2021

Der Anti-Atommüll - Erfolgslauf

Der Anti-Atommüll - Erfolgslauf

ein Gastbeitrag von Frode.


Kernkraftwerke sind eine grundlastfähige, hoch verfügbare und CO2 - freie Form der Energieerzeugung. In Deutschland ist dennoch der Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und eine Rückkehr ist extrem unwahrscheinlich. Die Proteste der Anti-Atombewegung haben letzten Endes zum Erfolg geführt. 

14. Juni 2021

Symbolbild





Ein Bild, so lautet das Sprichwort, sagt mitunter mehr als tausend Worte.

Vor einer Woche habe ich an dieser Stelle geschrieben, daß – nach meinem subjektiven, aber hartnäckigen Empfinden – die Politik dieses Landes zu nichts mehr fähig ist: weder zur Analyse der Lage, noch zu einem zielgerichteten Handeln. Mit einer vielsagenden Ausnahme: der Symbolpolitik. Mit der traumwandlerischen Fähigkeit, Situationen und Bilder hervorzubringen, in denen der desolate Zustand dieses Landes und seiner politischen Klasse schlagartig zur Kenntlichkeit entstellt wird.

Und wie zur Bestätigung dieser These findet sich heute mit dem Signum der ZDF, des Zweiten Deutschen Fernsehens, mithin einer öffentlich-rechtlichen Institution, die durch zwangsweise erhobene und nicht zu umgehende Tributzahlungen des Souveräns, des Staatsbürgers, unterhalten wird (hier bekommt dieses Verb, Verzeihung, dieses Tu-Wort, einen netten Doppelsinn) eine „Kachel,“ zur Verbreitung flotter Sprüche und Motti in den sozialen Medien gedacht, die deutlich macht, wie man bei diesem Staatssender sein Publikum einzuschätzen scheint.



11. Juni 2021

Arroganz und die Frage der Intelligenz. Ein (kleiner) Gedankensplitter.

Ein kleines Streiflicht. Nicht unbedingt die wichtigste Erkenntnis der letzten Jahre, aber doch vielleicht mal zwischenzeitlich unterhaltsam. 

Bei aller Kritik an Youtube (und da habe ich eine Menge von), so ist eines der mächtigsten und besten Features das Vorschlagen von Videos "die einem gefallen könnten". Und heute hat mir Youtube eine kleine Unterhaltung geschickt, die wirklich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist und die ich wirklich jedem empfehlen würde sich einmal vollständig anzusehen:





8. Juni 2021

Mrs. Malaprop Reloaded, oder: “Ich Tarzan, du Jane“





Es ist unübersehbar, daß sich die deutsche Politik – und die Protagonisten, von denen sie betrieben wird – im einem Stadium des fortgeschrittenen Verfalls befindet: zu armselig sind ihre Umtriebe, zu schlicht die Anlässe, die in ihren Reihen und in den Medien für kurzfristige Wellenschläge sorgen – und zu krass das flächendeckende Versagen angesichts der ersten wirklichen Krisen, denen sich dieser Staat – die Bundesrepublik als demokratisch verfaßter Rechtsstaat – zum ersten Mal in den jetzt sieben Jahrzehnten ihres Bestehens gegenübersieht: der Coronakrise und der selbstverschuldeten Migrationskrise. Und es gehört zu den Kennzeichen dieses Verfalls, dieser Dekadenz, daß aus dieser Hilflosigkeit, diesem Versagen keine Konsequenzen folgen: kein Innehalten, keine Rücktritte, keine Einsicht darin, versagt zu haben und nach Wegen zu suchen, die Ursachen dafür zu analysieren und anzugehen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen oder sie zumindest daran zu hindern, fröhlich am Zerfall dieser Republik weiterzuwerkeln und auf einen Schelm anderthalbe zu setzen. Die Farce des Ausstiegs aus der Kernenergie und der Umbau der Energieversorgung dieses einstmals führenden Industriestaats auf die Grundlage von Wind und Sonnenschein dauert nunmehr ein geschlagenes Jahrzehnt an, und es zeichnet sich keine Abkehr ab, kein Ausstieg vom Ausstieg, nicht der Hauch einer Einsicht, daß Wohlstand und das technische Niveau des frühen 21. Jahrhunderts auf diese Weise nicht zu haben sind. Der Wahnwitz der Grenzschleifung und die Einladung an sämtliche Mühseligen und Beladenen, sich von diesem Staat in Millionenzahl aushalten zu lassen, ohne Rücksicht auf die nationale und internationale Rechtslage, ohne Rücksicht auf die sozialen und materiellen Kosten, dauert weiterhin an. Über das fortwährende Versagen dieser Politik im Zuge der Corona-Krise ist an dieser Stelle in den letzten Monaten genug geschrieben worden. Daß es hier nicht zu einem weiteren Totalausfall gekommen ist, dürfte dem Umstand zu verdanken sein, daß sich alle Staaten der Welt hier zu Maßnahmen veranlaßt sahen und Deutschland hier dem Beispiel anderer Staaten gefolgt ist – wenn auch, bezeichnenderweise, ohne Gewichtung und Analyse der Einschränkungen. Daß jetzt, da ringsum, einschließlich der USA als von dem SARS-CoV-2 am stärksten betroffenen Land, angesichts rasant sinkender Fallzahlen die Lockdowns und Schließungen aufgehoben werden – diese Regierung aber darangeht, bei gleicher Entwicklung die „nationale epidemische Notlage,“ statt sie wie gesetzlich vorgesehen, am 30 Juni zu beenden, bis über die Bundestagswahl am 26. September hinaus zu verlängern, fügt sich nahtlos in dieses Bild.

1. Juni 2021

Schreckliche Juristen

Unser geschätzter Zimmermann Emulgator hat vor einigen Tagen einen Beitrag im kleinen Zimmer hinterlassen, der mich noch immer in einer Mischung aus Wut, Trauer und Ratlosigkeit zurücklässt. Natürlich nicht seines Beitragsinhaltes wegen, sondern wegen eines Ereignisses, dass er referenziert, von dem man unter normalen Umständen ernsthafte Zweifel haben müsste, dass es sich so zugetragen hat. Da es aber gerade das verantwortende Gericht selber ist, dass den Beschluss nicht nur gefasst, sondern auch veröffentlicht hat, kann am Inhalt nur wenig Zweifel bestehen.