12. Januar 2018

Der Feind im eigenen Kopf. Gedanken zu einem Frosch.

Es begab sich das ein Frosch und ein Skorpion sich an einem Flußufer trafen. Der Skorpion wollte den Fluß überqueren und bat den Frosch ihn herüber zu tragen. Der Frosch wollte das nicht, denn er hatte Angst auf dem Weg gestochen zu werden. Der Skorpion aber wand ein, dass das sehr töricht wäre, denn dann würden beide ertrinken. Nach einigem Nachdenken entschloss sich der Frosch den Skorpion auf seinem Rücken zu tragen. In der Mitte des Flusses holte der Skorpion aus und stach den Frosch in den Rücken. Im Sterben noch voller Ungläubigkeit fragte der Frosch, warum der Skorpion ihn gestochen habe, jetzt würden doch beide sterben. Der Skorpion stimmte zu, sagte aber nur: Ich bin ein Skorpion. Das ist meine Natur.


Die Fabel kennt vermutlich fast jeder Erwachsene, umso erstaunlicher ist es wie wenige sie tatsächlich verstehen oder auch nur reflektieren. Die meisten Menschen glauben irrwitzigerweise das Dinge eben nicht unbedingt eine Natur haben und Menschen schon mal gar nicht. So erklärt es sich, dass Abermillionen von Menschen eines der gefährlichsten und territorialsten Raubtiere der Welt, den Eisbären, unheimlich süß finden und ebenso keinerlei Probleme damit haben, dass Bären und Wölfe wieder in deutschen Wälder angesiedelt werden. Setzt man nach dieser Logik Menschen in ein neues Umfeld, so reagieren diese entsprechend ihres neuen Umfeldes, nicht entsprechend ihrer Natur. Die Logik basiert im Wesentlichen auf einem extrem naiven Glauben an das vermeintlich "Gute" in allen Dingen und ist vor allem leider  grundfalsch.
Die menschliche Natur ist eine sehr komplizierte, nichtsdestotrotz ist sie vorhanden. Sie ist eine Mischung aus natürlichen Instinkten, Erziehung, Prägung, eigenen Denkprozessen (die meist weit überschätzt werden) und nicht zuletzt Zufall. Was aber das wichtigste ist: Das wenigste davon ist noch ernsthaft zu beeinflussen, wenn jemand erwachsen wird. Das gilt nicht universell, aber im allgemeinen. Die sexuelle Präferenz eines Menschen, so unbekannt ihre Ursache ist, wird im allgemeinen in seiner Jugend offenbar. Und er wechselt sie praktisch nie. Jahrzehntelange Versuche homosexuelle Menschen "umzuerziehen" sind, trotzde gewaltigem Aufwand, massiven Drohungen und Gewalt, grandios gescheitert. Doe forensische Psychiatrie versucht ebenso seit Dekaden Pädophilie zu "heilen", ohne jeden nennenswerten Erfolg. Eine Suchtpersönlichkeit ist in dem Sinne nicht heilbar, der Betreffende kann der Sucht Zeit seines Lebens widerstehen, ist aber immer anfälliger dagegen als andere, die diesen Persönlichkeitszug nicht teilen. Eine Alpha-Persönlichkeit bleibt Zeit ihres Lebens eine Alpha-Persönlichkeit, genauso wie ein Beta nie ein Alpha wird. Psychopathen empfinden keine Empathie und es ist bis heute nie gelungen Empathie im Erwachsenenalter "nachzuerziehen". Es mag für den einen oder anderen eine harte Erkenntnis sein, aber unsere wesentliche Prägung ist mit dem Erwachsenwerden abgeschlossen.

Szenenwechsel: In den vergangenen Tagen wurde viel geschrieben über eine Sendung die auf dem Kinderkanal KiKa des deutschen Fernsehens lief. Eine der besten Zusammenfassungen hat Roger Letsch auf der Achse des Guten veröffentlicht. Damit ist zu dem Film selber nahezu alles gesagt. Ich möchte aber weniger auf den skandalösen Inhalt eingehen (was diverse andere Autoren wesentlich besser beschrieben haben, als ich es könnte), sondern mir Gedanken um eine Gruppe von Personen machen, die nur am Rande vorkommt. Die Eltern des Mädchens und die Programmverantwortlichen des Senders KiKa, die den Film ja nun mit Sicherheit gesehen haben, bevor er auf Sendung ging.

Der junge Mann aus dem Film, zunächst angeblich 17, dann 19 (how-old.net schätzt ihn auf 36), macht keinen Hehl aus seiner Natur. Er stammt aus einer islamisch-religiösen Familie, hält die Werte seiner Religion für die Grundlage seines Lebens und hat eine glasklare(!) Meinung zu der Frage wie das Verhältnis zwischen Mann und Frau auszusehen hat. Er ist, das muss man dem Film bei aller Kritik hoch anrechnen, ausgesprochen ehrlich. Seine Persönlichkeitsbildung ist abgeschlossen (was angesichts seines Altershintergrundes auch naheliegend ist), es ist höchst unwahrscheinlich, nahezu ausgeschlossen, dass er Zeit seines Lebens von dieser Prägung nennenswert abweichen wird.

Das Schlimme ist, bei ehrlicher Betrachtung wissen wir nahezu alle, worauf das Ganze hinauslaufen wird, ja hinauslaufen muss. Entweder wird das Mädchen sich dem Mann unterwerfen oder es wird am eigenen Leib erleben, was der Begriff Ehre in seinem Wertesystem meint und was "ihr Mann" damit meint, wenn er davon spricht, dass sie ihm gehört. Im besten Fall gelingt es ihr unerkannt unterzutauchen und dem Schrecken zu entgehen, der ihr bevor steht. Aber die Eltern geben den Frosch und wünschen sich, dass der Skorpion bitte nicht zustechen möge. Es wäre ja auch für ihn nicht sinnvoll, denn er würde im schlimmsten Fall ja auch im Gefängnis landen. Der Skorpion bleibt aber der Skorpion und die tribalistisch/religiöse Prägung des Mannes kann(!) nur dazu führen, dass er den Begriff seiner Ehre seiner Freiheit vorzieht. Genau das selbe ist in Kandel passiert und genau das selbe ereignet sich jedes Jahr in Aberdutzenden, wenn nicht über hundert Beispielen alleine in Deutschland (das nur zum Thema Einzelfälle). Und das sind nur die, die bekannt werden, und nicht nur im Krankenhaus oder in einer jahrelangen Gewaltbeziehung münden. Tribalistische Prägung ist mit der Jugend genauso abgeschlossen wie die Entwicklung zum Individuum, sie ändert sich nicht durch Überschreitung einer Landesgrenze.

Nun muss man den Eltern noch zugute halten, dass sie sich eventuell Sorgen darum machen, ihre Tochter ganz zu verlieren, wenn sie energisch einschreiten (15 jährige Mädchen sind nicht unbedingt besonders befehlsorientiert). Spätestens die Verantwortlichen bei Kika sind aber weit genug entfernt um zu sehen, was da vor sich geht. Aber auch sie geben den Frosch und sind sich ganz sicher, dass der gute Diaa (richtiger Name Mohammed, aber das wolle uns KiKa wohl ersparen) seinen Stachel mit der Zeit schon ablegen wird. Aber das wird er nicht. Es ist das selbe Denken wie das des Jugendamtes im Fall von Kandel, die halt davon ausgegangen sind, dass der arme Junge eben ein bischen über die Strenge schlägt und seine Drohungen ja nur das Gehabe eines "Jugendlichen" (der wohl auch so um die 25 sein dürfte) sein werden. Die Eltern hatten in diesem Fall wenigstens schon ein bischen begriffen, was da lief, aber auch nicht rechtzeitig verstanden in welch tödlicher Gefahr ihre Tochter sich befand.

Die Prämisse unserer Gesellschaft ist das logische Handeln des Einzelnen. "Mir wird schon niemand weh tun, weil der sonst auch bestraft wird." "Ehre" hat aber mit solcher Logik nichts gemein, Ehre ist ein tribalistisches Konzept, dass sich an der Gruppe orientiert. Zu meinen man könne mit  5 oder auch 10 Jahren in einem deutschen Gefängnis jemanden beeindrucken, der in Aleppo groß wurde ist lächerlich. Und trotzdem ist dieser Glaube fest verankert, ja man müsste fast sagen, man klammert sich daran, wie sich ein Ertrinkender nur an einen Rettungsring klammern kann.

"Wir sind alle Opfer unserer Erziehung" ist etwas was Soziologen, Kriminologen und Juristen immer gerne vorbringen, wenn es um die Beurteilung von Straftaten, bzw. Straftäter geht. Der Täter hatte eine schwere Jugend, ein Suchtproblem, einen prügelnden Vater, eine Alkoholikerin als Mutter, er wurde in der Schule gehänselt und erlebte sehr oft das eigene Versagen. Und unabhängig davon ob man das strafmindernd bewerten will, ist die Aussage natürlich richtig. Wer mit Gewalt erzogen wurde, neigt selber zur Problemlösung mit Gewalt, wer seine Eltern als süchtig erlebt, neigt selber zur Sucht. Das soll überall gelten. Nur nicht bei der Zuwanderung.
Der Islam prägt nicht. Der Ehrbegriff prägt nicht. Die erlebte Gewalt prägt nicht. Das Frauenbild prägt nicht. All die Goldstücke (TM St. Martin) kommen als vollkommen unbeschrieben Blätter zu uns und warten nur darauf im erwachsenen Alter auf Friedlichkeit, Menschenrechte und Demokratie geprägt zu werden.

Sie glauben ich übetreibe. Dann sehen Sie sich das Relativiererkommando mal an, dass sich schon in den ersten Stunden anschickte genau das zu verkünden. "Beziehungstat" ist nur das erste Stichwort. Und Beziehungstaten gab es ja schon immer. Wieviel Beziehungstaten kennen Sie, lieber Leser, wo ein "Jugendlicher" eine Jugendliche Ex in einem Supermarkt mit einem Messer geradezu niedermetzelt? Als Köln "passierte" und es sich nicht mehr unter dem Deckel halten lies, wurde schnell die Geschichte von den Vergewaltigungen auf dem Oktoberfest lanciert. Das sich eine Million Besucher nicht wirklich mit ein paar tausend auf der Domplatte vergleichen liessen, und selbst dabei das Zahlenverhältnis noch zwei Potenzen daneben liegt, ficht dann nicht mehr an. Es darf kein Skorpion sein. Der Skorpion ist nicht da. Menschen sind nicht böse.
Nun, das sind sie auch nicht. Aber sie haben trotzdem eine Natur. Und diese ist viel zu oft arachaisch, brutal, frauenverachtend, antisemitisch, gewalttätig und ganz und gar irrational dem Einzelnen gegenüber. Das macht sie nicht "böse". Aber gefährlich, vor allem für die, die sich am wenigstens wehren können. Wie 15-jährige Mädchen, die nicht verstehen, worauf sie sich einlassen und was die Folgen ihres Handelns sein können.


Llarian

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