8. September 2017

Das Kreuz mit dem Kreuz: Noch einmal die FDP wagen?

Die Wahlkabine ist der Darkroom der Demokratie. Hinter dem für Diskretion sorgenden Vorhang kann der Souverän – ohne Überwachung durch offiziös bestallte Sozialkontrolleure – seinen gewohnheitsmäßigen ideologischen Passionen nachgehen oder einfach mal eine Schweinerei ausprobieren, für die man ihm, wenn sie ruchbar würde, gehörig auf die Finger klopfen würde.

Wenn der Verfasser dieser Zeilen aus seinem Herzen keine Mördergrube macht, so muss er bekennen, dass er hinsichtlich der anstehenden Bundestagswahl große Lust verspürt, für den Protest zu stimmen. Dann wähl sie doch? Nein. Denn der endunterfertigte Autor liebäugelt in den kühneren seiner staatsbürgerlichen Phantasien damit, seinen Unmut dadurch auf das großformatige Papier zu bringen, indem er die Bayernpartei wählt.

Der Austritt des Lone Star State aus dem Bund als Ultima Ratio, um das System Merkel zu verlassen? Das hat zwar einen gewissen Charme, doch dem Verfasser dieser Zeilen ist natürlich bewusst, dass sein Kreuz an der besagten Stelle im Endeffekt nicht viel mehr wäre als ein weiß-blau angemalter, gen Berlin gereckter Mittelfinger, den die dortige politische Klasse noch nicht einmal ignorieren würde.

Also doch die AfD? Nein. Neben sämtliche rationalen Gründe, die bereits zur Genüge gegen eine derartige Entscheidung vorgebracht wurden, gesellt sich beim Autor dieses Beitrags noch eine viszerale Abneigung wider diese Partei: Als im katholisch-konservativen Milieu Aufgewachsener reagiert der Urheber dieses Artikels gleichsam reflexartig gegen all jene, die sich als „rechts“ (im unschuldigen Sinne dieses Wortes) bezeichnen, aber nicht den Stallgeruch seiner Herkunftskreise an sich haben, mit einem kaum zu bezähmenden Maß an Argwohn. (Anmerkung: Diese Distanz der Katholiken zu den übrigen Konservativen oder sich als konservativ Etikettierenden hat in Deutschland seit Bismarcks Zeiten eine – wie der Endunterfertigte findet – durchaus selige Tradition.)

Welches Oval wird der Verfasser dieser Zeilen also, wenn er sich zur Vernunft durchringen kann, mit seinem Kreuz verzieren? Bei der Erststimme wird er es dem Teufel gleichtun und den größten Haufen bereichern. Das heißt in seinem Fall konkret: dem CSU-Kandidaten zu einem noch besseren Resultat verhelfen.

Das Zweitvotum dieses Autors wird der FDP zuteilwerden. Insoweit geht der Signatar im Ergebnis mit dem von ihm respektierten Jürgen Kaube und dem von ihm noch viel mehr geschätzten Werwohlf konform. Nein, das ist keine Herz-, sondern eine reine Hirnentscheidung. Etwas Besseres als eine Regierung unter Beteiligung der Lindner-Truppe werden wir nämlich nicht bekommen. „Between grief and nothing, I will take grief“ (Wenn ich zwischen dem Kummer und dem Nichts wählen muss, nehme ich den Kummer), schreibt William Faulkner, und in politicis hat ihm da auch der ansonsten zum Nihilismus tendierende Verfasser dieser Zeilen Recht zu geben.

Hat er?

Noricus

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