25. Juli 2017

Kurioses kurz kommentiert: Reguläre Eingriffe in die Bestsellerliste

"Die SPIEGEL-Bestsellerliste stützt sich auf Verkaufszahlen, wird aber vielerorts als Empfehlungsliste verstanden. Eingriffe in die Bestsellerliste sind den Regularien zufolge möglich, allerdings selten."

So die stellvertretende SPIEGEL-Chefredakteurin Susanne Beyer auf SPON zu der Entfernung des Titels "Finis Germania" von der SPIEGEL-Beststellerliste.

Kommentar: "Difficile est saturam non scribere", meinte der römische Dichter Juvenal: "Es ist schwierig, keine Satire zu schreiben." Eine redaktionell bearbeitete Bestsellerliste ist schon ein reichlich widersprüchlich Ding.

Woher stammt eigentlich die Meinung, dass ein Verkaufsschlagerranking als Empfehlungsliste aufgefasst wird? Als der Verfasser dieser Zeilen noch den gedruckten SPIEGEL las, wunderte er sich sehr oft über die gute Platzierung so manchen Buches. Auf die Idee, dass das Hamburger Nachrichtenmagazin das von ihm abgedruckte Classement billigte, wäre er jedoch nicht gekommen. Denn eine nach dem objektiven Absatzkriterium erstellte Beststellerliste ist etwas anderes als ein (notwendig subjektiver) Applaus-Index.

Sind Bestsellerlisten nicht prototypische Symtome des prole drift, der "Tendenz zur kulturellen Ochlokratisierung" (Noricus in ZR vom 17.06.2017), auf die man mit dem intellektuellen Hochmut eines Horaz herabschauen könnte? "Odi profanum vulgus et arceo" - "Ich hasse den würdelosen Pöbel und halte ihn von mir fern", schrieb der Poet mit dem Beinamen Flaccus. Als dessen Abkömmling im Geiste vermöchte man sich über den allzu liederlichen Geschmack der "Vielzuvielen" (zur Abwechslung ein Zitat des Nichtrömers Nietzsche) allenfalls mit leicht dandyhaftem disgust zu erheben.

Wie viel Angst hat die Presse vor einem nicht hilfreichen Buch, wenn sie diesem mit der damnatio memoriae und nicht mit purer Arroganz begegnen zu müssen glaubt?

Noricus

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