23. Februar 2017

(Un)bedingt wehrfähig?

Ob es wirklich nur eine Marginalie ist mag jeder für sich selbst entscheiden, aber unser frischgebackener Außenminister glänzte auf der ­ Münchner Sicherheitskonferenz am letzten Samstag (also der Konferenz wo man den Amis mal Bescheid stossen wollte, wie das demnächst in der Nato laufen soll) mit der tiefschürfenden Erkenntnis, die Nato-Länder sollten nicht in Glückseeligkeit(?) über eine neue Aufrüstungsspirale verfallen. Ebenso verkündete er, dass man die laut Nato-Übereinkunft zu niedrigen Ausagen der Deutschen, nicht "überinterpretiert" werden sollten und er jedenfalls nicht wisse, wo man das Geld dafür hernehmen solle.

Da sind so viele Hammer drin, dass man nicht so recht weiss, wo man eigentlich anfangen soll. Machen wir es deswegen der Reihe nach: Der gute Siggy sorgt sich um eine Aufrüstungsspirale. Nun, eine solche Spirale hat ja nun in aller Regel zwei Seiten. Und da die Nato sich nicht selber bedroht (lassen wir den Boss vom Bosperus mal aussen vor), sind da eigentlich nur zwei Länder "auf der anderen Seite". Russland und China. Und hier wirds lustig, denn schaut man mal in die Zahlen rein, dann stellt man fest, dass diese "Spirale" von einer Seite durchaus ganz fleissig betrieben wird. So ist der russische Militärhaushalt in den letzten 10-15 Jahren mehr als 100% gewachsen, der chinesische sogar um mehr als 170%. Und die Konflikte um Krim und das südchinesische Meer zeigen recht eindeutig, dass die beiden genannten auch durchaus gewillt sind, eine Dividende aus diesen Ausgaben zu ziehen. Deutschlands Etat wuchs in der selben Zeit um knapp 4% (und liegt damit immer noch ein sattes Drittel unter dem Nato-Ziel). Und, dazu komme ich aber noch, die fließen nicht unbedingt in Waffensysteme. Wenn also eine Seite massiv aufrüstet, die andere aber nix tut, dann ist dieser Spiralenvergleich ein bisschen dämlich (aber gut, so kennen wir unseren Siggy). 
Dann führt er aus, man solle das Nichterfüllen der Ausgaben durch die Deutschen "nicht überinterpretieren". Was gibts denn überhaupt daran zu interpretieren? Wenn demnächst ein Nato-Land angegriffen würde, sollen dann die anderen die Beistandsverpflichtung auch nicht überinterpretieren? Die Nato ist ein Bündnis und man kann die Bündsnisverpflichtungen kaum vor einem Gericht einklagen (wer wollte es durchsetzen?). Aber wenn man sich schon nicht an eine Verpflichtung hält, warum erwartet man, dass sich andere dann an andere Verpflichtungen halten? Es wird in der deutschen Presse gerne davon schwadroniert, dass Trump die Nato in Frage stelle. Was tut denn Gabriel hier, wenn er meint, man solle seine Verpflichtungen nicht "überinterpretieren" ? 
Und die Nummer vom Geld ist auch wieder eine Lachnummer der Gabriel-Welt. Soll ich so mit meiner Bank reden und verkünden: Ja, eigentlich müsste ich die Zinsen zahlen, aber so richtig weiss ich auch nicht, wo das Geld herkommen soll. So lange es sich Deutschland leisten kann, jeder Jahr einen zweitstelligen Milliardenbetrag in den Energieunsinn zu pulvern, einen noch grösseren Betrag für nicht produktive Einwanderung von Unqualifizierten verschleudert, und einen inzwischen dreistelligen Betrag pro Jahr in ein Euroschuldensystem pumpt, so lange ist es schwer zu erklären, dass kein Geld für Verteidigung da ist. Das Land verschleudert inzwischen einen mehr als zehnprozentigen (!) Anteil am BIP für unsinnige Ausgaben, die rein auf Merkel und ihre verheerenden Ideen zurückgehen. Geld wäre genug da.
Aber ich bin noch nicht ganz am Ende, denn wie der Zufall sein Spiel hat, bin ich die Woche auch über ein Video gestolpert, dass recht gut ausdrückt, wie und an wen das Geld bei der Bundeswehr so ausgegeben wird. Es lohnt sich das Video in ganzer Länge anzusehen. Ich war offen geschockt und erschrocken nachdem ich das gesehen habe. Das (!) ist also im Jahr 2016 die Landesverteidigung der BRD. Ernsthaft? Ich kann nur hoffen, dass weder die Amis noch die Russen das Video je zu sehen bekommen. Die Amis weil sie sich totlachen werden, die Russen weil sie damit endgültig jede Sorge verlieren, dass sie irgendjemand hier aufhalten könnte, wenn sie es ernsthaft wollten. Mal ganz simpel gesagt: Diese Truppe verteidigt niemanden. Und schon gar kein Land mit einem BIP von über 2 Billionen Euro. Wir geben ohnehin nur noch Krümel für die Bundeswehr aus, und das was wir ausgeben, landet dann bei Unternehmensberatern und Kindergärten. Das ist nicht bedingt abwehrbereit, das ist schlicht gar nicht bereit.
Wenn die Amis wirklich mal auf die Idee kämen die Nato in Frage zu stellen, dann sind wir schlicht im Eimer. Und zwar total. Und das ist ja nicht erst seit gestern so. Wenn man sich mal die nackten Zahlen ansieht, dann wird effektiv das Land seit Jahrzehnten im Wesentlichen von den Amis verteidigt und ihrer Drohung die Deutschen im Bündnisfall zu verteidigen. Sicher, die machen das auch nicht aus guter Laune heraus, sondern versprechen sich etwas davon. Aber den, der einen schützt, dann permanent zu beissen, ist eine ganz dumme Strategie. Die Amis können durchaus ohne uns. Aber wir ohne die? Wenn man schon meint, dass die Amis ja nur blöde Cowboys sind, die sich doch bitte aus Europa raushalten sollen, dann müssten wir ganz, ganz dringend mal auf die Idee kommen darüber nachzudenken, wie wir uns in Zukunft zu verteidigen gedenken. Und wir sollten darüber nachdenken, bevor einem Donald Trump klar wird, dass hier für die Deutschen wesentlich mehr auf dem Spiel steht als ein paar verkaufte Autos in den USA.
Llarian

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