24. November 2015

Adio Europa: "Warten auf die Barbaren"



[Manchmal empfiehlt es sich, innezuhalten und den einen oder anderen Text, vielleicht ein Gedicht, aus dem Bestand der Klassischen Moderne zwischen 1870 und 1940, deren Hervorbringungen zwischen Baudelaire und Gottfried Benn, W. B. Yeats und T. S. Eliot nicht nur die Formsprache der modernen Lyrik, sondern auch ihre Bildwelten geprägt haben, sine ira et studio, ohne Kommentar und Einbettung in den zeitgenössischen Hintergrund, wieder auf sich wirken zu lassen, um zu sehen, in welche andere Beleuchtung ihn die Umstände der Gegenwart tauchen. U.E.]






21. November 2015

„Wie wollen wir leben?“

„Unsere Welt wird noch so fein werden, daß es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben, wie heutzutage Gespenster“, meinte Georg Christoph Lichtenberg 1774 (Leitzmann-Ausgabe D 326).

20. November 2015

Die Stunde der Bürgerrechtsfeinde


­"Those who would give up essential Liberty to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety."
 
                                                                             --- Benjamin Franklin, 1755

Zugegeben, das obige Zitat dürfte inzwischen eins der durchgenudeltsten (und damit meist aus dem Kontext gerissenesten) Zitate der letzten Jahrzehnte sein. Was allerdings wenig an seiner Aussage ändert.
Es war tatsächlich nur eine Frage der Zeit bis nach den Morden von Paris die Schlapphüte, Totalüberwacher, Kommunikationsspeicherer und Polizeistaatler aus ihrem Bau kriechen würden und Morgenluft wittern. Allerdings hat nicht einmal dieser Autor damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Man muss das Eisen wohl schmieden so lange es heiß ist, und will man Bürgerrechte eindampfen, so muss dies im Angesicht von Panik und Angst geschehen, damit nicht all zu viele Leute darüber nachdenken, was man tatsächlich erreichen will.
Die FAZ macht hier den Anfang und stellt die schöne wie demaskierende Frage: „Darf es so was in Zukunft noch geben ?“ 

Sind wir abwehrbereit?

Am 10. Oktober 1962 veröffentlichte der Spiegel den denkwürdigen Artikel "Bedingt abwehrbereit", in dem er die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr im Falle eines Angriffs durch den Warschauer Pakt in Zweifel zog. Die Folgen sind bekannt, es gab zwar keinen sowjetischen Angriff, aber eine der geschichtsträchtigsten Affären und lebhaftesten Debatten der noch jungen Bundesrepublik. Interessanterweise spielt der Inhalt des Artikels in der Rückschau keine Rolle mehr.

Liest man ihn heute durch (was ich nur empfehlen kann), so fällt vor allem eines auf: Der aus heutiger Sicht geradezu auf militaristische Weise entschlossene Tonfall des ehemaligen Frontsoldaten und Pressesprechers des "Amtes Blank", Conrad Ahlers, sich im Verbund mit der NATO einem eventuellen Überfall auf jede nur denkbare Weise entgegenzustellen - Atomwaffeneinsatz inklusive. 

Die Zeiten haben sich geändert - heute steht mehr die unzureichende Kinderbetreuung und das Fehlen attraktiver Arbeitszeitmodelle bei den deutschen Streitkräften im Fokus der Berichterstattung des abgerüsteten Sturmgeschützes der Demokratie, denn, was Ahlers damals offenbar nicht wusste: "Krieg führen kann jeder"

Im Lichte des Terroranschlags von Paris wurde viel über Angst und Entschlossenheit gesprochen. Merkel, Gabriel, Maas und de Maizière nahmen die Debatte zum Anlass, um das zu tun, was laut Harald Schmidt die Deutschen am besten können. Mit großem Getöse kündigten sie an, zu viert zum "Freundschaftsspiel" (aus der Schwalbenperspektive betrachtet sollte man mit diesem Begriff nicht leichtfertig umgehen, immerhin sollte es gegen Holland gehen) anzureisen, um "ein Zeichen gegen den islamistischen Terror [zu] setzen"!

14. November 2015

Sans paroles...




Meister Petz


© Meister Petz. Für Kommentare bitte hier klicken.

11. November 2015

Generation Facebook ? Ein Gedankensplitter zu Pioniergeist und Zufriedenheit.


Verbinden Sie etwas mit dem 23. Januar 1960, lieber Leser? Vermutlich eher nicht, zumindest nicht ad hoc. Wie steht es mit dem 29. Mai 1953? Oder dem 20. Mai 1927 ?  12. Mai 1961 ? Wenigstens den 21. Juli 1969 ?

Zur Erinnerung an Helmut Schmidt

Den folgenden Beitrag schrieb Zettel zum 90. Geburtstag von Helmut Schmidt am 23. Dezember 2008. Wir wiederholen ihn zur Erinnerung an den gestern verstorbenen Bundeskanzler.

Kallias

2. November 2015

Über Kollektiv, Individuum und aufgehendes Saatgut. Ein Gastbeitrag von nachdenken_schmerzt_nicht

Ich möchte meine Ausführungen mit einer Äußerung unseres derzeitigen Justizministers Heiko Maas beginnen, die sich am 19. Oktober diesen Jahres auf seinem Twitter-Profil fand und die sicherlich stellvertretend für eine in Politik und Medien weit verbreite Ansicht zitiert werden kann. Zitat: „Wer Galgen und Hitlerbärten hinterher läuft, für den gelten keine Ausreden mehr. Pegida sät Hass, der dann zur Gewalt wird. Ähnlich sieht es auch die Grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt, die Pegida eine Mitschuld an dem Anschlag auf die Kölner Oberbürgermeister Kandidatin Henriette Reker gibt.

Diese Formulierungen sind beide nicht ganz so offensichtlich wie eine Schlagzeile im Tagesspiegel, welche Pegida sogar als Mittäter sieht, aber sie meinen im Grunde das gleiche: Es gibt keinen Unterschied zwischen Gedanken und Tat. 

Diese Gleichsetzung mutet eigentümlich an, insbesondere in einem Land in welchem das Volkslied „Die Gedanken sind frei“ einige politische Bedeutung erlangte. Eine interessante Frage scheint mir daher zu sein, warum diese Gleichsetzung so leichtfertig gemacht wird und warum sie, so zumindest mein Eindruck anhand der Medienlektüre, auf doch einigen Zuspruch stößt.

1. November 2015

Angela Merkel: Problem oder Symptom des Problems? - Ein Gasnbeitrag von nachdenken_schmerzt_nicht

Ich habe vor ein paar Tagen den Satz gelesen, dass Angela Merkel nicht die Ursache für die aktuelle politische Krise sei, sondern das herausragende Symptom eines sehr viel tiefer liegenden Problems innerhalb unserer Gesellschaft, ohne dass dies genauer benannt worden wäre. Wenn diese Analyse zutrifft, was mir intuitiv plausibel zu sein scheint, wie läßt sich dieses tiefer liegende Problem aber fassen? Dazu gingen mir einige Gedanken durch den Kopf, an denen ich die Leser in ZR gerne teilhaben lassen möchte.
Zunächst einmal ist die Erkenntnis, Angela Merkel könnte nur Symptom und nicht etwa das Problem sein, in vielerlei Hinsicht unangenehm. - Aus offensichtlichen Gründen und weniger offensichtlichen. Zu den offensichtlichen gehört, dass es bei Richtigkeit dieser Analyse auch mit einer Abwahl Merkels keine Rationalisierung deutscher Politik geben wird. Zu den weniger offensichtlichen gehört, dass Merkel das Symptom eines beschränkten deutschen Politikverständnisses ist – wobei ich die Formulierung des „beschränkten Politikverständnisses“ im Folgenden genauer spezifizieren und darüber einen Erklärungsversuch für die aktuelle Einwanderungspolitik wagen möchte.