12. Juli 2015

Eine Bemerkung zu einer googlefreien Filterblase


­Vor ein paar Tagen ist ein Interview mit Frauke Petry in der Zeit erschienen. Von einer Menge inhaltlicher Fragezeichen abgesehen, fand dieser Autor eine Antwort als besonders hervorstechend, so hervorstechend, dass sich eine kurze Reflektion darüber anbietet. So antwortete sie auf eine Frage nach Mehrheitsfähigkeiten:
Wir haben mehr Stimmenpotenzial. Unser Ziel muss die eigene Mehrheit sein. 

(Zitat muss aus rechtlichen Gründen eingekürzt sein, um den ganzen Absatz nachzulesen, bitte hier klicken)
Der erste Gedanke, der diesem Autor durch den Kopf ging, war: Hat die noch alle Latten am Zaun ? Die Aussage ist mit Sicherheit, was ihren Realitätsbezug angeht, irgendwo zwischen der Idee dass sich Griechenland zur größten Exportnation der Welt aufschwingt und dem Gedanken das der SV Meppen in fünf Jahren die deutsche Meisterschale holt, anzusiedeln (wobei man beim SV Meppen....).
Wie dem auch immer sei, unter normalen Umständen kann man Frau Petry nicht unterstellen, dass sie den Verstand verloren hat. Unabhängig davon wie man sie in einem moralischen Kontext sehen möchte, so braucht es einen gewissen Verstand um einen Doktor der Chemie zu erarbeiten und die Planung und Systematik mit der Lucke unterminiert wurde, spricht ebenso für einen recht wachen Verstand.

Nun kann man versuchen die Bemerkung als ordentlichen Nachtritt an Lucke verstehen zu wollen. Die -taktisch dumme wie abstossende- Bemerkung von der Gallionsfigur ging ja durchaus in die selbe Richtung, fand allerdings auch in einem eher emotionalen Moment statt und kann daher einfach mit einem schlecht beherschten Character erklärt werden. Nun fand die neuere Äusserung in einem offiziellen Interview statt und ist da mit Emotion nur schlecht zu erklären.
Viel wahrscheinlich dagegen ist, dass sie den Mumpitz wirklich glaubt. Wie kann es aber sein, dass jemand, der ansonsten so systematisch und klar vorgeht, einen solchen Unsinn tatsächlich glaubt ? 
Liegt inzwischen in der Führung der AfD eine solch massive Feedbackschleife vor, dass man den Kontakt zur Realität inzwischen vollkommen verloren hat ? Den selben Effekt kann man auch bei Pegida und Konsorten beobachten ("Wir sind das Volk"). Ebenso auch am anderen Rande des Spektrum, beispielsweise bei den G7/G8 "Protesten", bei Blockupy oder bei den Stuttgart 21 Demos. Auch die Linksextremisten nehmen für sich in Anspruch für die "Mehrheit" zu sprechen. Allerdings ist deren Mehrheit noch breiter, weiss die Linke bei Blockupy doch, dass sie für "sieben Milliarden" spricht.
Es scheint sich um einen Effekt zu handeln, der ganz ähnlich der Filterblase aus Parisers gleichnamigem Buch beschrieben werden kann, besser allerdings passt der Begriff des Bestätigungsfehlers, da hier ja Google die Finger kaum im Spiel haben dürfte. Wie bereits beschrieben sind solche Effekte bei dem normalen "Fußvolk" extremistischer Natur oftmals gegeben. Neu ist dagegen, dass ein solcher Effekt bei einem Parteiführer beobachtet werden kann, der tatsächlich eine Partei von nicht mehr ganz 20.000 Mitgliedern hinter sich weiss. Ist dies ein weiteres Indiz dazu, dass sich die AfD inzwischen aus der Mitte bewegt ? Zumindest zeigt dieses Verhalten etwas auf, dass man sonst nur am Rand beobachten kann.

Llarian


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