30. Juni 2011

Dokumentation: Die Persönliche Erklärung des Abgeordneten Frank Schäffler (FDP) zur "Energiewende"

In der heutigen 117. Sitzung des Bundestags, in welcher der "Atomausstieg" beschlossen wurde, hat der Abgeordnete Frank Schäffler (FDP) die folgende Persönliche Erklärung abgegeben:


PERSÖNLICHE ERKLÄRUNG ZUR "ENERGIEWENDE"

Die Änderung des Atomgesetzes, über die hier abgestimmt wird, soll den Atomausstieg bewirken. Sie ist das Herzstück der so genannten Energiewende, die uns seit dem bedauerlichen Unglück in Fukushima verordnet worden ist. Dieses Gesetzgebungsvorhaben ist aus mehreren Gründen kritikwürdig.

Zitat des Tages: Deutschland im Jahr 2011 - ein durch einen gemeinsamen Willen zur historischen Aufgabe beseeltes Volk

Röttgen zeichnet das Bild von einem durch einen gemeinsamen Willen zur historischen Aufgabe beseelten Volk. Dafür müsse man nun bereit sein, kleinliche Einwände beiseite zu lassen.

"Welt-Online" über den Redebeitrag von Umweltminister Röttgen in der heutigen Debatte zum "Ausstieg aus der Atomenergie".


Kommentar: Er heißt nicht Wilhelm, er heißt nicht Erich. Er heißt Norbert.

Stratfors Analysen: Deutschland - Verbündeter Rußlands oder Vormacht Europas? Die geteilten Staaten von Europa (mit deutscher Zusammenfassung)

Die folgende Analyse von Marko Papic, die am 28. Juni bei Stratfor erschien, zeichnet ein provokatives Bild von Gegenwart und Zukunft Europas. Ich dokumentiere den Artikel, ohne mir seinen Inhalt zu eigen zu machen. Auch bei der folgenden Zusammenfassung verzichte ich auf Kommentare. Meine Meinung zur Analyse von Papic skizziere ich hier.

Zusammenfassung: Das eigentliche Problem Europas ist nicht die jetzige Schuldenkrise; es ist Europas ungeklärte Zukunft.

Europa leidet an Übervölkerung - nicht mit Menschen, sondern mit Staaten. Bis 1990 war es ein Schachbrett, auf dem sich die Ost-West-Auseinandersetzung abspielte. Seither hat es nicht verstanden, die Frage seiner Integration wirklich anzugehen. Seine Geschichte und seine Geographie begünstigen ein Fortbestehen der Fragmentierung, trotz der Bürokratie in Brüssel.

29. Juni 2011

Zitat des Tages: "Verstärkt Sozialarbeiter in die Familien schicken". Was tun, wenn Bedürftige ihren Bedarf nicht einsehen wollen?

Nach den deutlichen Anlaufschwierigkeiten im April hatten die Kommunen die Eltern angeschrieben, um über die Leistungen zu informieren. Leyen kündigte an, dass künftig auch die Jobcenter verstärkt bei Hartz-IV-Empfängern nachfragen sollen, ob sie das Bildungspaket für ihre Kinder beantragt haben. Außerdem schlug die CDU-Politikerin vor, verstärkt Sozialarbeiter in die Familien zu schicken.

Aus einem Bericht des "Tagesspiegel" über eine Stellungnahme der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Umsetzung des "Bildungspakets". Anlaß war das gestrige Treffen der Ministerin mit Vertretern der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zu diesem Thema.


Kommentar: Kann man sich eine bessere Illustration unseres Sozialstaats vorstellen? Der normale Zustand zu allen Zeiten, in allen Gegenden der Welt war und ist es, daß Hilfsbedürftige sich bemühen, Hilfe zu erhalten. Im Deutschland des Jahres 2011 bemüht sich hingegen der Staat, Hilfsbedürftige dazu zu bringen, Hilfe anzunehmen.

28. Juni 2011

Subventionsillusionen

Unter dem Titel "Die unglaubliche monetäre Subvention der Finanzwirtschaft" beklagt ein studierter Volkswirt und aktives Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, daß Staaten den Bankensektor durch angeblich überhöhte Zinsen auf ihre Staatsschuld seiner Meinung nach unzulässig subventionieren. Auch so mancher Blogger vermag auf die Frage, "warum Staaten sich eigentlich über die Märkte finanzieren" "keine zufriedenstellende Antwort, die diese Praxis rechtfertigen würde" zu geben. Dem kann abgeholfen werden.

Marginalie: Die Falschmeldung des Tages, diesmal von "Welt-Online"

Warum soll es auch immer "Spiegel-Online" sein, wo die Zeitungsenten watscheln.

In "Welt-Online" kann man seit 8.05 Uhr die Schlagzeile lesen "US-Präsidentschaftswahl - Republikanerin vergleicht sich mit Serienkiller". Offenbar sind sie völlig ausgerastet, diese Konservativen in den USA. Denkt man jedenfalls als Leser; soll man ja wohl denken.

Zitat des Tages: Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten über das Recht des Staats, Minderjährigen den Zugang zu Killerspielen zu verbieten

Psychological studies purporting to show a connection between exposure to violent video games and harmful effects on children do not prove that such exposure causes minors to act aggressively. Any demonstrated effects are both small and indistinguishable from effects produced by other media. (...)

California also cannot show that the Act's restrictions meet the alleged substantial need of parents who wish to restrict their children’s access to violent videos. The video-game industry's voluntary rating system already accomplishes that to a large extent. Moreover, as a means of assisting parents the Act is greatly overinclusive, since not all of the children who are prohibited from purchasing violent video games have parents who disapprove of their doing so.


(Psychologische Untersuchungen, die angeblich einen Zusammenhang zwischen dem Kontakt mit Gewalt-Videospielen und schädlichen Wirkungen auf Kinder zeigen, beweisen nicht, daß ein solcher Kontakt die Minderjährigen zu gewalttätigem Verhalten veranlaßt. Alle dargelegten Wirkungen sind geringfügig und nicht von den Wirkungen anderer Medien unterscheidbar. (...)

Der Staat Kalifornien kann des weiteren nicht nachweisen, daß die von dem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen den angeblichen Bedürfnissen von Eltern entsprechen, welche den Zugang ihrer Kinder zu Gewaltvideos beschränken möchten. Das freiwillige System der Einstufung durch die Hersteller leistet das bereits weitgehend. Des weiteren schießt das Gesetz als eine Maßnahme zur Unterstützung der Eltern weit über das Ziel hinaus, denn nicht alle Kinder, denen es den Kauf von Gewalt-Videospielen verbietet, haben Eltern, die dieses Verhalten mißbilligen.)
Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten (Supreme Court; unserem Bundesverfassungsgericht entsprechend) gestern in einem Urteil, mit dem ein Gesetz des Staats Kalifornien für verfassungswidrig erklärt wurde, das den Zugang von Kindern zu Gewalt-Videospielen einschränkte. Den Text des Urteils können Sie hier herunterladen. Einen zusammenfassenden Bericht findet man zum Beispiel im Internet-Magazin Slate oder - ausführlicher - in der Meldung von Associated Press. .

Kommentar: Es handelt sich um ein Gesetz des Staats Kalifornien aus dem Jahr 2005, das den Kauf oder Verleih bestimmter Gewalt-Videospiele (zum Beispiel Mortal Combat) an Minderjährige verbot.

27. Juni 2011

Marginalie: Plagiate und die deutschen Hochschulen. Anmerkungen zu Jan Fleischhauers "Gerechtigkeit für Silvana Koch-Mehrin!"

Skandale haben es sich an sich, Skandälchen zu zeugen. Hat erst einmal ein Thema richtig die Gemüter aufgewühlt, dann sind sie noch eine Zeitlang empfänglich für alles, was in seinen Umkreis gehört. Was zuvor eine Randnotiz wert gewesen wäre, wird jetzt zum "Fall". Der "BSE-Skandal" Mitte der neunziger Jahre beispielsweise hatte eine ganze Kette von "Fleischskandalen" zur Folge, die sozusagen auf seinem Humus gediehen. Noch jahrelang.

Es ist also nicht verwunderlich, daß der Guttenberg-Skandal, der für einige Wochen unsere Schlagzeilen beherrscht hatte, nun weitere Dissertations-Plagiats-Skandale nach sich zieht. Wie beispielsweise den "Fall" Koch-Mehrin.

Zettels Meckerecke: Deutschland im Solarwahn. Nebst einem Foto der ISS

Die kollektive Besoffenheit, in der sich Deutschland derzeit befindet, beinhaltet nicht nur eine wahnhafte Angst vor einer atomaren Katastrophe. Die zweite Abteilung des Wahns ist ein Vertrauen in die Sonne, wie man es bisher nur in Kulturen kannte, in denen sie als Gottheit hohe Verehrung genoß; der altägyptischen zum Beispiel oder derjenigen der Azteken.

26. Juni 2011

Zitat des Tages: "Sorgen um den Standort Deutschland". Die Folgen des "Ausstiegs aus der Atomenergie" werden deutlicher

Die politische "Energiewende" löst auch in der deutschen Wirtschaft Sorgen um den Standort aus. Das geht aus einer Befragung von mehr als 1000 Firmen hervor, die das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) durchgeführt hat. (...) In der Umfrage gaben 51 Prozent der Unternehmen an, dass das neue Energiekonzept durch steigende Energiepreise und eine schwankende Versorgungssicherheit ihr Investitionsverhalten negativ beeinflussen wird. Demgegenüber dürfte die Energiewende lediglich 20 Prozent zu steigenden Investitionen führen.

Aus einer Meldung in "Welt-Online", die den Inhalt eines Artikels in der heutigen "Welt am Sonntag" zusammenfaßt.


Kommentar: Das Ergebnis der Umfrage ist ein Alarmzeichen. Wäre es nur Ausdruck einer politischen Gegnerschaft gegen den "Ausstieg", dann könnte man darüber hinweggehen. Es ist aber der nüchterne Blick in unsere Zukunft.

Warum ich auch gern einmal Frauenfußball sehe. Heute zum Beispiel


Warum ist der Fußball so schön? Warum ist er zu einem, warum ist er zu dem Weltsport unter den Mannschaftssportarten geworden? Zur Weltmeisterschaft in Südafrika im letzten Jahr (und zuvor schon einmal zum Sommermärchen des Jahres 2006) habe ich dazu einige Gedanken geäußert.

Unter anderem - behauptete ich - ist das so, weil aus dem Mannschaftsspiel für Augenblicke ein Zweikampf wird, der Kampf "Mann gegen Mann", das "Abjagen des Balles" oder eben seine erfolgreiche Verteidigung. Dazu gab es eine Anmerkung zum Frauenfußball:

25. Juni 2011

Zitat des Tages: "Wir wurden für verrückt erklärt". Hans-Christian Ströbele sagt, wie es ist. Und weiter geht er, sein "Kampf"

Wir wurden schon vor 35 Jahren für unsere Positionen für verrückt erklärt - heute sind sie mehrheitsfähig.

Der Abgeordnete der Partei "Die Grünen" Hans-Christian Ströbele in einem Interview mit "Spiegel-Online"


Kommentar: Ströbeles Bemerkung bezieht sich auf den "Ausstieg" aus der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Aber das, was er mit Recht konstatiert, gilt ja nicht nur für dieses Thema.

Stratfors Analysen: "Raum für militärische Erfolge der Taliban". Probleme und Risiken des Abzugs aus Afghanistan (mit deutscher Zusammenfassung)

Zusammenfassung: Afghanistan ist eines der am schwersten zugänglichen Länder der Erde. Die Logistik-Kosten für die ISAF-Streitmacht (zusammen 150.000 Mann der USA und der Verbündeten) sind dadurch immens. Für jeden einzelnen US-Soldaten in Afghanistan betragen die Kosten rund eine Million Dollar im Jahr; jeder Liter Benzin, der über lange See- und/oder Landwege ins Land geschafft wird, schlägt mit ungefähr 100 Dollar zu Buche.

Zur Unterhaltung der ISAF-Streitmacht und zu ihrer logistischen Versorgung ist in Afghanistan eine umfassende Infrastruktur geschaffen worden - eine Infrastruktur, wie man sie eigentlich dann aufbaut, wenn man Truppen dauerhaft in einem Land stationieren will. Kürzlich erst wurden zwei neue Start- und Landebahnen fertiggestellt; eine in Camp Leatherneck in der Provinz Helmand und eine auf dem Flughafen Shindand in der Provinz Herat. In den Ersatzteil- und Versorgungslagern gibt es das, was im Jargon des Militärs "iron mountain" genannt wird, einen Berg aus Eisen - Waffen, Munition, Ersatzteile, Baumaschinen, Generatoren; auch Güter aller Art bis hin zu riesigen Vorräten an Trinkwasser.

Nun aber hat Präsident Obama den Rückzug angeordnet. Er wird für die Truppen der USA und ihrer Verbündeten aus 50 Ländern zu einer großen und gefährlichen Herausforderung werden.

24. Juni 2011

Kurioses, kurz kommentiert: Wovon ist hier die Rede? Nebst einem Nachtrag

Niemand will den deutschen Arbeitnehmern ihren über Jahre hart erarbeiteten Erfolg nehmen. Sie sollen auch vom Aufschwung profitieren. Doch inmitten der Euro-Krise (von der wir noch nicht sicher sein können, dass sie gut ausgeht) Geschenke zu verteilen, ist zu früh. Sagt es doch: Wir haben's reichlich, wir geben's nur nicht jedem.

Karsten Polke-Majewski in "Zeit-Online", dessen stellvertretender Chefredakteur er ist.


Kommentar: Wovon, denken Sie, ist hier die Rede? Spricht sich der Autor gegen Lohnerhöhungen für den deutschen Arbeitnehmer aus, die er als "Geschenke" ablehnt? Denkt er dabei an griechische Arbeitnehmer, die im Gegenteil - jedenfalls sofern im Staatsdienst - mit Lohnkürzungen rechnen müssen?

Präsident Obamas Afghanistan-Rede und der Niedergang der USA. Nation building

"America, it is time to focus on nation building here at home" (Amerika, es ist an der Zeit, uns auf das nation building hier zu Hause zu konzentrieren).

Das ist der Kernsatz der Rede, die Präsident Obama vorgestern zum Afghanistan-Krieg hielt; ihr offizieller Titel war "Remarks by the President on the Way Forward in Afghanistan" (Ausführungen des Präsidenten zum Weg nach vorn in Afghanistan). Sie können diese Rede auf der WebSite des Weißen Hauses nachlesen.

Es war der erstaunliche Kernsatz einer historischen Rede.

23. Juni 2011

Kleines Klima-Kaleidoskop (21): Globale Erwärmung - ja. Aber nicht menschen- sondern sonnengemacht. Neue Belege für die Theorie von Svensmark

Daß die Theorie von der durch den Menschen verursachten globalen Erwärmung sich so massiv durchsetzen konnte, wie das in den vergangenen Jahren geschehen ist, geht auf verschiedene Faktoren zurück. Ich habe sie im April 2010 in einem dreiteiligen Artikel untersucht (Fünf Gründe für die Klima-Hysterie (Teil 1); ZR vom 6. 4. 2010; Teil 2; ZR vom 10. 4. 2010; Teil 3; ZR vom 14. 4. 2010).

Dazu gehören gesellschafts- und weltpolitische sowie ideologische Faktoren, die ich in diesen Artikeln beschrieben habe und auf die ich jetzt nicht eingehe; es gehören dazu aber auch zwei innerwissenschaftliche Aspekte:

22. Juni 2011

"Zwischenfall in Uran-Anreicherungsanlage in Gronau". Eine Meldung aus dem Land der kollektiven Besoffenheit und ihr Hintergrund


In der Uran-Anreicherungsanlage in Gronau (Kreis Borken) ist am Montag (20.06.11) ein Behälter mit abgereichertem Uran aus etwa 30 Zentimetern Höhe von einem Gabelstapler gefallen. Zwar wurde keine Radioaktivität freigesetzt und es gab keine Verletzten, wie die Landesregierung mitteilte. Dennoch handele es sich um ein "meldepflichtiges" Ereignis. Die NRW-Atomaufsicht habe mit Untersuchungen begonnen, hieß es. Die Betreiberfirma müsse nun "detailliert" zu dem Vorfall und den Konsequenzen Stellung nehmen.

Dies meldete gestern der WDR, der die Meldung von der Presseagentur dapd übernommen hat. Dort wird der Zwischenfall ausführlich geschildert.

Was hat sich zugetragen? Dies:

21. Juni 2011

Zitat des Tages: Die Aktivitäten der Aktivisten. Über die fragwürdige Karriere eines Begriffs. Nebst einem Nachtrag zu seiner Herkunft

Nach der traditionellen "Montagsdemonstration" hatten Teilnehmer die Zäune zum geplanten Grundwasser-management für den Bau des Tiefbahnhofs niedergerissen. Einige Aktivisten besetzten die Wassertanks, andere zündeten Knallbomben in der Nähe der Polizeikette. Nach Angaben der Polizei erlitten acht Beamte ein Knalltrauma. Die Polizei sprach von einer schweren Aggression, feindseliger Stimmung und großer Emotionalität des Protestes.

Aus einer dpa-Meldung über die gestrigen Ausschreitungen in Stuttgart, zitiert nach sueddeutsche.de.


Kommentar: Fällt Ihnen an dieser Meldung etwas auf? Mir ist die Bezeichnung für die Täter aufgefallen: "Aktivisten". Ein seltsamer Begriff. Ich wundere mich darüber, wie unbefangen und wie unreflektiert er verwendet wird.

20. Juni 2011

Das Wort zum Montag


"Ich bin lieber Gutmensch als Bösmensch, und dann auch lieber Weltverbesserin als -verschlechterin".

Margot Käßmann



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Das Bild wurde vom Autor noebse in die Public Domain gestellt. Der Satz wurde gestern von Margot Käßmann bei Anne Will in den Raum gestellt.

Zitat des Tages: "EU prangert Merkels Wirtschafts-Performance an". Nebst einem Kommentar aus den USA

Die Steuern hoch, die Frauen benachteiligt, der Arbeitsmarkt verkrustet: Die EU knöpft sich Deutschlands Wirtschaftspolitik vor. In einer Bilanz des Euro-Plus-Pakts kommt die Politik der Bundesregierung nach SZ-Informationen schlecht weg ...

sueddeutsche.de in einem Artikel von gestern Abend mit der Überschrift "EU prangert Merkels Wirtschafts-Performance an".


Der Kommentar kommt diesmal von jenseits des Atlantik.

19. Juni 2011

Schuldzuweisung

Es ist immer wieder spannend, wie deutsche "Qualitätsmedien" Sachverhalte auf den Kopf stellen, um ihre Propaganda-Botschaft unters Volk zu bringen.

Da gibt es also Bauern in Afrika, die ihre Produkte nicht mehr nach Europa verkaufen können (nehmen wir einmal an, daß wenigstens diese Basis-Fakten so stimmen wie im Artikel dargestellt).
Ihr Absatz ist eingebrochen, weil das zur Malaria-Bekämpfung in ihrer Region eingesetzte DDT nicht mit den "Bio"-Regeln europäischer Handelsketten konform geht.

Und da ist für den Spiegel klar: Die Chemie treibt die Menschen in die Armut.

Eine erstaunliche Korrelation: Staatsbankrotte und Korruption

Versucht man abzuschätzen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, daß ein Land seine Schulden einmal nicht zurückzahlen wird, so werden üblicherweise rein ökonomische Daten angeführt: Die Gesamtschulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), das Verhältnis zwischen Staatsdefizit und BIP, schließlich auch Faktoren wie Wirtschaftswachstum oder Arbeitslosigkeit. Nach all diesen Kriterien ist etwa Griechenland offensichtlich ein Pleitekandidat: Der Schuldenstand beträgt aktuell 142,8 % des BIP, das Defizit 10,5 %, die Arbeitslosigkeit wird in diesem und dem nächsten Jahr vermutlich über 15 % betragen, und schließlich sinkt seit mehreren Jahren das BIP deutlich, 2011 wohl noch einmal um 3,5 %.

Könnte es aber nicht sein, daß die Verschuldung eines Staates (und die Gefahr eines Staatsbankrotts) mehr Ähnlichkeit mit der Verschuldung einer Privatperson (und der Gefahr einer privaten Insolvenz) hat, als man zunächst vermuten würde? Bei Privatpersonen gehen wir ja nicht davon aus, daß sich Ver- oder Überschuldung nur durch wirtschaftliche Rahmenbedingungen erklären lassen. Manche Menschen sind bitterarm, kämen aber nicht im Traum darauf, überhaupt Schulden zu machen, und manche schaffen es, trotz bester Startbedigungen wie einer üppigen Erbschaft in wenigen Jahren einen gigantischen Schuldenberg aufzuhäufen. Das private Schuldenmachen und der Umgang mit vorhandenen Schulden ist eben nicht nur eine Frage des vorhandenen oder nicht vorhandenen Geldes, sondern auch eine des Charakters und der Mentalität.

18. Juni 2011

Zitat des Tages: "Es dürfen gewaltmäßige Maßnahmen ergriffen werden". Was das Völkerrecht Israel gegen eine erneute Gaza-"Hilfsflotte" erlaubt

ZEIT ONLINE: Womit müssen die Teilnehmer der Hilfsflotte rechnen?

Heintschel von Heinegg: Schiffe, die tatsächlich die Blockade brechen, müssen in Kauf nehmen, dass dann auch gewaltmäßige Maßnahmen gegen sie ergriffen werden. Zudem muss die Blockademacht gar nicht warten, bis jemand tatsächlich die Blockadelinie überschreitet. Es reicht schon, wenn eine eindeutige Absicht erkennbar ist. Dann können Maßnahmen auch schon weit vor der Blockadelinie ergriffen werden.

ZEIT ONLINE: Wie können oder sollten solche Maßnahmen aussehen?

Heintschel von Heinegg: In normalen Fällen geht das relativ problemlos. (...) Wenn aber den Maßnahmen der Blockademacht Widerstand entgegengesetzt wird, dann darf dieser Widerstand natürlich auch überkommen werden. Das heißt, jeder Versuch sich abzusetzen oder auszuweichen darf mit verhältnismäßigen Mitteln überkommen werden.


Aus einem Interview, daß Jade-Yasmin Tänzler für "Zeit-Online" mit dem Völkerrechtler Wolff Heintschel von Heinegg über die Rechtslage für den Fall führte, daß demnächst wieder, wie angekündigt, eine "Hilfsflotte" die Gaza-Blockade zu durchbrechen versucht.


Kommentar: Falls Sie sich fragen, wie man denn wohl Widerstand "überkommt", dann übersetzen Sie das englische overcome richtig; also mit "überwinden". Aber das nur nebenbei.

Marginalie: Zwanzig Jahre "Hauptstadtbeschluß". Westerwelle, Wanderzirkus

Von Guido Westerwelle hört man derzeit nicht sehr viel. Fast könnte man den Eindruck haben, die Kanzlerin sei dem Vorbild Konrad Adenauers gefolgt, der mehr als vier Jahre lang sein eigener Außenminister gewesen war, bevor im Juni 1955 Heinrich von Brentano zum ersten Vollzeit-Außenminister der jungen Bundesrepublik Deutschland ernannt wurde.

Jetzt aber hat sich Westerwelle zu Wort gemeldet. Zu welchem Thema wohl? Griechenland? Nahostkonflikt? BMD? Nein, Bonn.

17. Juni 2011

Der 15. Juni 2011 - ein "ereignisreicher Tag für Rußlands Strategie". BMD, die Nato und der russische Imperialismus

Vor zwei Wochen habe ich auf einen außenpolitischen Aspekt des deutschen "Ausstiegs aus der Kernenergie" aufmerksam gemacht: Er wird Deutschlands Abhängigkeit von Rußland erhöhen, auf dessen Erdgaslieferungen wir künftig mehr als bisher angewiesen sein werden. Das hat Konsequenzen für das geostrategische Gleichgewicht in Osteuropa (Russisches Erdgas statt deutscher Kernenergie. Wie der "Ausstieg" die geopolitische Lage verändert; ZR vom 2. 6. 2011).

Ich habe mich damals auf einen Artikel von Stratfor gestützt. Gestern ist dort ein weiterer Artikel zu diesem Themenkomplex erschienen (nur Abonnenten zugänglich). Er beleuchtet den militärischen Aspekt.

16. Juni 2011

Zitat des Tages: ".... kann der Staat die Energieversorgung gleich selbst übernehmen". Kommissar Oettingers Pläne zur Umerziehung der EU-Bürger

Diese Pläne schießen übers Ziel hinaus und schaffen ein überbürokratisiertes Überwachungssystem. (...) Wenn wir das so weitertreiben, kann der Staat die Energieversorgung gleich selbst übernehmen. Das hat mit den Prinzipien des Binnenmarkts nichts mehr zu tun.

Herbert Reul (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie im EU-Parlament, gegenüber "Welt-Online" über den Entwurf einer Richtlinie zur Energieeffizienz, den EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hat ausarbeiten lassen und den er am Mittwoch nächster Woche vorlegen wird.


Kommentar: Herbert Reul ist gewiß kein Euroskeptiker. Vernichtender kann aber schwerlich ein Euroskeptiker über das urteilen, was der Kommissar Oettinger da jetzt in seiner Büchse der Pandora hat und nächste Woche hervorpurzeln lassen will.

15. Juni 2011

Zettels Meckerecke: Der "Ausstieg" bedroht unsere Freiheit. Auch die Freiheit der Lehre

In jedem freiheitlichen Staat gibt es Gruppen und Grüppchen, die von ihrer eigenen Wahrheit so überzeugt sind, daß ihnen die Bereitschaft zur Toleranz abhanden gekommen ist. Extremisten also, Zeloten, Fanatiker.

Bis vor drei Monaten waren die radikalen, die aus einer tiefempfundenen Überzeugung heraus handelnden Gegner der friedlichen Nutzung der Atomenergie eine solche intolerante Minderheit. Manche blockierten beispielsweise Castor-Transporte. Die Gesetze interessierten sie nicht; es ging ihnen ja um das Überleben der Menschheit oder dergleichen.

14. Juni 2011

Zitat des Tages: "Alle Studenten sollten Anarchisten werden". Noam Chomsky über seine politische Haltung

ZEIT Campus: Was war das Schlüsselerlebnis, das Sie zum Anarchisten machte?

Chomsky: Es gab keins. Als ich zwölf Jahre alt war, habe ich angefangen, in New Yorker Antiquariate zu gehen. Viele von ihnen wurden von Anarchisten betrieben, die aus Spanien stammten. Deshalb erschien es mir damals ganz natürlich, Anarchist zu sein.

ZEIT Campus: Sollen alle Studenten Anarchisten werden?

Chomsky: Ja. Studenten sollen Autoritäten herausfordern und sich damit in eine lange anarchistische Tradition einreihen.


Noam Chomsky in einem Interview mit "Zeit Campus", das seit drei Stunden auf "Zeit-Online" zu lesen ist.


Kommentar: Chomsky war und ist über buchstäblich Generationen ein Idol der Linken, vor allem der intellektuellen Linken.

Mal wieder ein kleines Quiz: Wie wird sich die friedliche Nutzung der Kernkraft weltweit bis 2020 entwickeln?

Das britisch-amerikanische Nachrichtenmagazin The Economist bietet einen Informationsservice für Entscheidungsträger (EIU) an, in dem ökonomische Entwicklungen und Trends analysiert werden. Dort ist jetzt ein Bericht über die künftige Entwicklung der friedlichen Nutzung der Atomenergie in den wichtigsten Staaten erschienen, in denen es gegenwärtig noch Kernkraftwerke gibt. Zugrundegelegt sind die jeweils aktuellsten nationalen Planungsdaten.

Quizfragen:

13. Juni 2011

Zitat des Tages: Josef Joffe erklärt seinen "Freunden da draußen", warum die Deutschen spinnen. Der Esel auf dem Eis

Wer wenig Sorgen hat, hat umso mehr Angst – das ist ein Naturgesetz. Oder so: Die Summe aller Ängste ist konstant. Da Deutschland ein gesegnetes Land ist, bleiben kaum noch Gründe für die Panik übrig, und umso größer wird das Grausen vor dem Atomaren – plus, je nach Saison, Ehec, Vogelgrippe, Feinstaub… Das, liebe Freunde da draußen, ist die Erklärung: German angst comes from German glueck.

Josef Joffe in der von ihm herausgegebenen "Zeit" (24/2011 vom 9.6.2011) über das Motiv für den deutschen "Ausstieg".


Kommentar: "Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er auf's Eis tanzen" sagt der Volksmund. Joffe sagt das in etwas anderen Worten über die deutsche Befindlichkeit dieser Tage.

12. Juni 2011

Frohe Pfingsten! Und zum Fest ein kleines Quiz


Allen Lesern von ZR ein frohes, ein vergnügliches und - falls Sie sich das wünschen - ein besinnliches Pfingstfest!

11. Juni 2011

Zettels Meckerecke: Wie der Deutschlandfunk desinformiert, wie dpa desinformiert. Die Falschmeldung des Tages

In seiner Nachrichtensendung am heutigen Samstag um 12 Uhr meldete der Deutschlandfunk:
Drei Monate nach dem Erdbeben, dem Tsunami und der Atomkatastrophe hat Japan der Opfer gedacht. Premierminister Kan legte bei einem Besuch in der nördlichen Provinz Iwate eine Schweigeminute ein. In der Hauptstadt Tokio und an anderen Orten erinnerten tausende Menschen an den Reaktorunfall von Fukushima und forderten einen Ausstieg aus der Kernkraft.
Fällt Ihnen an dieser Meldung etwas auf? Möglicherweise nicht, denn als Hörer und Seher der deutschen Öffentlich-Rechtlichen sind Sie vermutlich abgehärtet.

Zitat des Tages: "Das Umweltbundesamt schlägt zusätzliche Maßnahmen vor". Was der "Ausstieg" für den Bürger bedeutet. Blick in einen Horrorkatalog

Die deutschen CO2-Emissionen drohen durch den Atomausstieg und die zunehmende Nutzung von Kohle zu steigen. (...) Das Umweltbundesamt schlägt eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen vor, auch im Verkehrssektor.

Erster und letzter Satz einer Vorabmeldung zum gedruckten "Spiegel" der kommenden Woche (Heft 24/2011 vom 11. 6. 2011).


Kommentar: Was es mit diesen "zusätzlichen Maßnahmen" auf sich hat, kann man in dem vorabgemeldeten Artikel des "Spiegel" auf Seite 46 genauer lesen:

10. Juni 2011

Stratfors Analysen: "Die Palästinenser verfolgen eine Strategie der Provokation". G. Friedman über die Lage Israels (mit deutscher Zusammenfassung)

Zusammenfassung: Der Aufsatz schildert die aktuelle strategische Lage im Nahostkonflikt zunächst aus palästinensischer Sicht und fragt dann, welche Konsequenzen sich für Israel ergeben.

Drei Phasen. Zur Zeit des Kalten Kriegs hatte die Führung der PLO auf eine Doppelstrategie von politischem Druck und Terrorismus gesetzt, was sie weltweit Sympathien kostete, sie von der UdSSR abhängig machte, und was am Ende erfolglos blieb. Die zweite Phase war durch das Aufkommen der Hamas und die erste Intifada gekennzeichnet. In der dritten Phase erwuchs daraus der Bürgerkrieg zwischen Fatah und Hamas, der Verhandlungen mit Israel faktisch unmöglich machte, weil niemand für die Palästinenser verhandeln konnte.

Zitat des Tages: Mal wieder ein Bildzitat

Sie finden es hier im Blog von Daniel Pipes.

Marginalie: Warum ist Europa so schlecht? Eine Antwort aus den USA. Pfeifen im Walde? - Eurosklerose!

In dem amerikanischen Internet-Magazin Slate gibt es die Rubrik The Explainer, in der Fragen von Lesern beantwortet werden. Und zwar nicht auf dem Niveau von "Fragen Sie Tante Elfriede"; sondern es wird eine meist gut recherchierte journalistische Antwort gegeben.

Jetzt beantwortete Brian Palmer die Frage, warum eigentlich aus Europa so wenig Innovationen kommen; trotz dessen Wirtschaftskraft.

9. Juni 2011

Marginalie: Die Multiple Grüne Persönlichkeit (MGP). Eine nicht ganz unernst gemeinte Diagnose

Manche würden es vielleicht "schizophren" nennen. Aber die Schizophrenie ist trotz ihres Namens keine Spaltung der Persönlichkeit; wenn auch dieses Mißverständnis offenbar unausrottbar ist. Sagen wir also "Multiple Persönlichkeit". Hier: Grüne Multiple Persönlichkeit. Und weil ich diesen Begriff jetzt gleich oft verwenden werde, kürze ich ihn ab: MGP.

Zitat des Tages: "Gefahr durch Bio". German angst und die Mißachtung realer Risiken

Es ist makabere Ironie, dass ausgerechnet die böse Chemie in Form von Antibiotika und anderen Arzneimitteln und die Gentechnik in Gestalt biotechnisch hergestellter Medikamente nun die Menschen rettet, die möglicherweise "Bio" in Gefahr gebracht hat – falls sich die Indizien bestätigen.

Eigentlich beschäftigt sich die Öffentlichkeit eher mit den vermeintlichen Risiken der industriellen Landwirtschaft. Wie mit Pestizidrückständen, auch wenn diese so gering sind, dass keine Gefahr von ihnen ausgeht. Oder mit "Genmais", der harmlos ist, aber wie Sondermüll behandelt wird. Die "german angst" diktiert die Gesetze und verschließt vor realen Risiken die Augen. Die Ehec-Epidemie zeigt, dass es die Natur ist, von der die eigentliche Gefahr in der Nahrung ausgeht, allem Bio-Kult und Öko-Kitsch zum Trotz.


Hartmut Wewetzer, Chef des Ressorts Wissenschaft, im "Tagesspiegel" über die Ehec-Epidemie und die Indizien dafür, daß bei ihrem Ausbruch ein Bio-Betrieb in Niedersachsen eine Rolle spielte.

8. Juni 2011

Kleines Klima-Kaleidoskop (20): Ist die globale Temperatur im letzten Jahrzehnt gestiegen? Hier können Sie sich die offiziellen Daten der NOAA ansehen

Den Potsdamer Meereskundler Stefan Rahmstorf wird man wohl einen Klimaeiferer nennen dürfen. Über seine wissenschaftliche Leistung kann und will ich als Laie nicht urteilen. Was aber sein Wirken in der Öffentlichkeit angeht, so läßt es doch ein wenig die skeptische Nüchternheit vermissen, die einen Wissenschaftler eigentlich auszeichnen sollte.

Ein Beispiel dafür habe ich vor einigen Jahren gegeben (Diskussionen über das Klima und das Klima von Diskussionen: Anmerkungen zu einer Kontroverse; ZR vom 4. 9. 2007).

7. Juni 2011

Literarische Randnotizen (2): Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus. Günter Grass (1980) kommentiert Thilo Sarrazin (2010) (Teil 2)

Gegen Ende der achtziger Jahre hörte ich einen Vortrag des Amsterdamer Demographen und Direktors des Netherlands Interuniversity Demographic Institute, Dirk van de Kaa, über die Bevölkerungsentwicklung in Europa. Seine Grafiken machten sinnfällig, daß die Geburtenrate in Deutschland weit unter derjenigen der anderen europäischen Länder lag. In der Diskussion fragte jemand, welche Erklärung die Demographie dafür hätte. Van de Kaa antwortete: "Nobody knows" - niemand wisse das.

Zitat des Tages: Der Ausstieg - ein "Risiko für kommende Generationen". Sprachschatz der Rücksichtslosen. Einer ruft in der Wüste.

Geht es auf diese Weise weiter, werden der Ausbau der Stromnetze, die Förderung der erneuerbaren Energien und die Folgen für Recht, Eigentum und Freiheit, die jetzt den Bundestag im Blitzverfahren beschäftigen, nicht zur Chance kommender Generationen, sondern zum Risiko. Die Hypothek auf die Zukunft würde noch größer, wenn es gelänge, die Energiewende "unumkehrbar" zu machen. Abgesehen davon, dass es sich wieder um eine Vokabel aus dem Sprachschatz des Rücksichtslosen handelt, kann es nur bedeuten, künftigen Generationen vorzuschreiben, welche Optionen sie haben, um ihre Energie zu gewinnen.

Jasper von Altenbockum heute in der FAZ über den "Ausstieg aus der Atomenergie".

6. Juni 2011

Zitat des Tages. Zugleich Zettels Meckerecke: Die Atomkraft und das Reich Gottes. Theologie als politische Agitation

Überall, wo Menschen hinschauen, sich ihren Verletzungen stellen und geheilt werden, leuchtet etwas vom Reich Gottes auf. Überall, wo Menschen sich zu ihren Verfehlungen bekennen und Irrwege nicht fortsetzen, so wie es bei der Atomkraft lange der Fall war.

Die Pfarrerin Ulrike Trautwein, die demnächst als Generalsuperintendentin für den Sprengel Berlin der Evangelischen Kirche Berlin - Brandenburg - schlesische Oberlausitz tätig sein wird, in ihrer Predigt beim Schlußgottesdienst des 33. Evangelischen Kirchentags gestern in Dresden; laut dem offiziellen Text der Predigt (Dokument: SGD_001_5250 des Kirchentags).

Marginalie: Die Niederlage des portugiesischen Sozialisten José Sócrates und der Euro-Sozialismus

In Portugal hat die bisherige Regierung gestern eine vernichtende Wahlniederlage erlitten. Warum? Das liegt doch auf der Hand, werden Sie vielleicht sagen - weil es Portugal wirtschaftlich schlecht geht. Das schreiben die Wähler nun einmal der jeweiligen Regierung zu.

Gewiß. Aber es ist kein Zufall, daß dies eine sozialistische Regierung ist; demnächst gewesen sein wird. Auch im Krisenland Spanien regieren die Sozialisten; dort seit 2004, in Portugal seit 2005.

5. Juni 2011

Die Bitcoin-Blase

Nicht erst seit der Euro-Krise steht das staatlich organisierte Zentralbankensystem in der Kritik. Es ist für die Stabilität einer Währung hochproblematisch, wenn nach politischen Vorgaben große Mengen neues Geld erzeugt und z. B. für die Begleichung von Staatsschulden verwendet werden. Das Beispiel der Hyperinflation in der Weimarer Republik ist gerade in Deutschland immer noch präsent. Und auch bei der US-Immobilienkrise wird ein großer Teil der Verantwortung bei der lockeren Geldpolitik gesehen.

Dazu kommt ein Unbehagen an zu viel staatlicher Kontrolle, festgemacht an Beispielen wie der geplanten Internetzensur von der Leyens oder der Sperrung von Konten, um Wikileaks nach der Veröffentlichung von US-Regierungs-Interna finanziell auszutrocknen.

Vor diesem Hintergrund stießen die ersten Informationen über die neue "Internet-Währung" Bitcoin auf großes Interesse. Insbesondere da "Spiegel-Online" in gewohnt unseriöser Berichterstattung ordentlich übertrieben hatte:
Ein gefährliches Projekt, das Regierungen stürzen und die Weltwirtschaft destabilisieren könnte.
Mit einem Open-Source-Projekt Regierungen zu stürzen - das traf den Nerv vieler Internet-Fans.
Und noch schöner: Mit einer bemerkenswert hysterischen Reaktion ließ sich ein bis dato unbekannter Verband zitieren. Und warf der neuen Währung unter anderem vor, genau das zu verhindern, was den Zentralbank-Kritikern ohnehin zutiefst suspekt ist:
... weil durch die automatische Steuerung der Geldmenge durch Algorithmen keine Konjunkturpolitik funktioniert. Bei kriselnden Währungen können Staaten sonst die Notenpresse anwerfen und frisches Geld in den Kreislauf pumpen.

Literarische Randnotizen (2): Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus. Günter Grass (1980) kommentiert Thilo Sarrazin (2010) (Teil 1)

Im Englischunterricht habe ich als Schüler den Begriff "rotten borough" gelernt. In England nannte man so Orte, die einmal von zahlreichen Menschen bewohnt gewesen waren, dann aber von vielen ihrer Einwohner verlassen wurden. Ihre Vertretung im Parlament behielten diese heruntergekommenen Orte aber, so daß mitunter - wie bei Plympton Erle in Devon - in 182 Häusern nur noch 40 Wähler lebten, die aber zwei Abgeordnete ins Unterhaus schicken durften.

Das war im 19. Jahrhundert. Es könnte im Deutschland des 21. Jahrhunderts, was die Bevölkerungsentwicklung angeht, ähnlich werden.

4. Juni 2011

Noch ein Zitat des Tages: "Wir sind nur ein Teil der Schöpfung"

"Die atomare Wirtschaft – von der Urangewinnung bis zur so genannten Endlagerung – steht symbolhaft dafür, dass die Menschheit bedingungslos danach strebt, die Schöpfung zu unterwerfen. Es wird jetzt Zeit, dass sich die Menschheit daran erinnert: Wir sind nur ein Teil der Schöpfung und können nur mit ihr, nicht gegen sie leben."
Katrin Göring-Eckardt, Präses der Synode der EKD und Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentags (zitiert nach jesus.de)

Zitat des Tages: "Überdurchschnittlich viele Kinder". Da stimmt doch was nicht!

Überdurchschnittlich viele Kinder haben übrigens Einwanderer aus Nordafrika – natürlich kümmert sich der Herr Marokkaner nicht vornehmlich um die lieben Kleinen, aber "haben" tut er sie schon gern, als Visitenkarte seines ökonomischen Erfolgs. Kinder sind Statussymbole geworden: Man zeigt, was man sich leisten kann.

*** in ***.

3. Juni 2011

Marginalie: Steigt Deutschland wirklich aus der Nutzung der Atomenergie aus? Keineswegs. Es wird nur ein Outsourcing stattfinden

Zu den Absurditäten der deutschen Entscheidung, sich freiwillig selbst die günstigste Technik zur Stromerzeugung wegzunehmen, gehört die Inkonsequenz dieses "Ausstiegs". Deutschland wird nämlich auch künftig keineswegs auf die Nutzung der Atomenergie verzichten. Es findet nur ein Outsourcing statt.

In Zukunft wird der Atomstrom, den wir auch weiter verbrauchen werden, lediglich weniger innerhalb Deutschlands erzeugt und stattdessen in wachsendem Umfang importiert werden. Darauf hat jetzt bei Stratfor (in einem nur Abonnenten zugänglichen Beitrag) Peter Zeihan aufmerksam gemacht. Ich fasse den Artikel zusammen:

2. Juni 2011

Bericht vom grünen Kirchentag / Ein Gastbeitrag von Stefanolix

Als Bewohner Dresdens bin ich in diesen Tagen gleichzeitig Gastgeber und Gast des Kirchentags. In der gesamten Innenstadt finden fast rund um die Uhr Veranstaltungen statt. Die Stimmung der Teilnehmer ist gelöst, friedlich, entschleunigt und offen. Auf vielen Straßen, Plätzen und Brücken ist Musik zu hören. Ich habe in Dresden noch nie einen so ruhigen Himmelfahrtstag erlebt.

Auf der Agenda des Dresdner Kirchentags stehen auch politische Themen, und es sind viele Politiker vertreten. Das ist auf vergangenen Kirchentagen auch so gewesen. Doch diesen Kirchentag dominiert die Farbe Grün.

Marginalie: Russisches Erdgas statt deutscher Kernenergie. Wie der "Ausstieg" die geopolitische Lage verändert. Deutsche Ethik

Unter dem Titel "Russian gas and Germany's nuclear gamble" (Russisches Erdgas und das deutsche nukleare Lotteriespiel) hat Stratfor gestern einen bemerkenswerten Artikel publiziert (nur Abonnenten zugänglich).

Einen Tag nach der Entscheidung der Regierungskoalition über den "Ausstieg" sei Wirtschaftsminister Rösler nach Moskau geflogen, schreibt Stratfor - weil Deutschland künftig dringend auf Erdgas aus Rußland angewiesen sein werde; jedenfalls in diesem Jahrzehnt, bis möglicherweise "alternative" Energien den Bedarf decken könnten. Die neue Pipeline unter der Ostsee ("Nord Stream") werde dabei eine entscheidende Rolle spielen.

1. Juni 2011

Zitat des Tages: Alice Schwarzer über das Kachelmann-Urteil. Und Cora Stephan über Alice Schwarzer

Vor allem bei Sexualverbrechen gibt es naturgemäß fast nie Zeugen, bei Gewalt innerhalb von Beziehungen schon gar nicht. Sind die Spuren also nicht eindeutig – und auch das ist in hohem Maße eine Interpretations- also Ermessensfrage -, kommt es auf die Glaubwürdigkeit an. (...)

Denn so ein "Glaubwürdigkeitsgutachten" hat überhaupt nicht den Anspruch, etwas über den Wahrheitsgehalt der Beschuldigung auszusagen, sondern nur über die grundsätzliche Glaubwürdigkeit der Person. Doch auch Lügnerinnen können vergewaltigt werden. Kurzum: Glaubwürdigkeitsgutachten sind völlig überflüssig, eine Qual für die Befragten und richten sich im Zweifelsfall schon beim geringsten Widerspruch gegen dieselben.


Alice Schwarzer in ihrem Blog gestern über den Kachelmann-Prozeß.